MUSIK-AUSSTELLUNG: Geisterbahn der Pop-Kultur

„Generation Pop!“ in der Ausstellungshalle des Weltkulturerbes „Völklinger Hütte“ zeigt Kultobjekte bekannter Pop-Größen – von Elvis Presley über Elton John bis hin zu Madonna und Michael Jackson. Doch beim Gang durch die Ausstellung erlebt man eine verwirrende Bilderflut, von der nichts hängen bleibt.

Elvis Presley in Las Vegas. (Foto: © picture alliance)

Das Ausrufen von „Generationen“ scheint immer mehr in Mode zu kommen. Musikalische Trends und die Jugendkultur eines bestimmten Zeitabschnitts machen die Menschen, die in diesem Abschnitt heranwachsen, offenbar automatisch zur entsprechenden Generation. Der Zeitabschnitt, den sich die Kuratoren der Ausstellung in der Völklinger Hütte bei ihrem Versuch vorgenommen haben, sind die 50er, 60er, 70er und 80er, und die Generation, die sie ihm zuschreiben, nennen sie fetzig „Generation Pop!“. Denn „Pop ist der kulturelle Motor des 20. Jahrhunderts“, heißt es in der Pressemappe. und „Im Grunde sind wir alle Rock’n Roller“, so Meinrad Maria Grewenig, Generaldirektor des Weltkulturerbes Völklinger Hütte. Doch leider folgt die Ausstellung dem auch bei anderen Museen herrschenden bedauerlichen Trend und setzt auf bunte Unterhaltung statt auf Erklärungen und pädagogische Konzepte – Historytainment ist seit Guido Knopps ZDF-Historienschinken nun mal angesagt.

Vor der eindrucksvollen Kulisse eines der größten Verbrennungsmotoren der Welt in der Gebläsehalle des Weltkulturerbes Völklinger Hütte können die BesucherInnen so sieben Themenräume zur Pop-Kultur, von den 50er Jahren über die 60er und 70er Jahre bis hin zu den 80ern Gegenwart abschreiten und anhand von allerlei bunten Accessoires und Postern „das Lebensgefühl der Generation Pop als Entwicklungsstufen der Pop-Kultur erleben“. Über Kultobjekte, wie Jukebox, Lambretta, VW-Käfer oder einen VW-Bulli, der Hippie-Bus schlechthin, soll der Sound früherer Generationen als Sound der „Generation Pop“ vermittelt werden. Doch obwohl die Gesichter von über 100 bekannten Pop-Ikonen auf Fotos und Plakaten gezeigt werden, vermisst man oft den dazu passenden Sound, sind Hörstationen, an denen man die entsprechenden Hits nachhören könnte, rar. Trotzdem kommt die Ausstellung aufdringlich hip daher. Die Stellwände sind in grellem Orange, Gelb und Pink gehalten und in entsprechender Disco-Manier beleuchtet.

Hinter Glaswänden sind jede Menge Sehnsuchtsobjekte, Alltagsgegenstände und Accessoires aus der Mottenkiste der Stars exponiert. Da ist das mit Spiegelglas besetzte Bühnenklavier Elton Johns, auf dem er 1973 bei einem Konzert in Köln gespielt haben soll, da sind die signierten Bühnenhandschuhe von Madonna, ein recht abgehalfteter Anzug von Michael Jackson und Lyrics von Kurt Cobain.

Durchschreitet man die große Halle und geht den Flur der 1960er Jahre entlang, trifft man natürlich auf die „Großen Drei“ jener Jahre: Beatles, Rolling Stones und Bob Dylan. Selbst ein paar legendäre elektrische Gitarren sind ausgegraben worden und werden hinter Glas exponiert. „Die Anti-Baby-Pille gibt den Startschuss zur sexuellen Revolution“ heißt es auf einer der wenigen Text-Tafeln. Das war dann wohl doch ein Jahrzehnt später, wobei man es mit historischen Daten in Völklingen anscheinend nicht so genau nimmt. Plakate mit den Fahndungsfotos der „RAF-Terroristen“ treffen auf Aufnahmen von Hiroshima. Wann was genau wo war, müssen sich die BesucherInnen selbst zusammenreimen. Statt politische Zusammenhänge erklärt zu bekommen, wird man durch die grelle Bilderflut und viele neckische Accessoires verwirrt. „Neben der Pop-Show bilden sich der Underground des Punk und die Anti-AKW-Bewegung“ heißt es in einer Erläuterung am Rande lapidar.

Politische Protestbewegungen entstehen also aus dem Nichts, wie der Rock’n Roll oder der Punk, deren politische Ursprünge an keiner Stelle Erwähnung finden. Stattdessen soll sich an alten Foto-Apparaten und an der Serie – Plattenspieler – Walkman – CD-Player – i-Pod „der Wandel der Zeit“ ablesen lassen. Aber kann der technische Fortschritt gesellschaftliche Veränderungen sichtbar machen? Zumindest ist dies ein Erklärungsmuster in der Ausstellung. Um den Sound der Generation Pop zu erfahren, kann sich außerdem, wer will, einen kurzen Video-Film ansehen, in dem politische Ereignisse aneinandergereiht und mit einem entsprechendem Hit untermalt sind. Am Ende stürzen die Twin-Towers ein, und die Musik wird kurz traurig, um dann wieder fröhlich zu werden, so dass jeder in die Zukunft wippen kann. Wer Lust hat, kann sich so bereits im Vorhinein auf die „große Gefühlscollage aus Stars und Emotionen aus sechs Jahrzehnten“ einstimmen, die ihn beim Gang über den Pop-Flohmarkt erwartet.

In der Völklinger Hütte, noch bis zum 1.12.


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