SKULPTUREN: Tierisch konkret

Jürgen Lingl-Rebetez ist wohl einer der wenigen Künstler, deren skulpturales Werk nicht abstrakt ist. Seine Tierplastiken, die er momentan in der Galerie Schortgen ausstellt, zeugen von großer handwerklicher Kunstfertigkeit – von mehr aber auch nicht.

Motorsägengockel, frisch geschnitten …

Man weiß es ja nicht so genau, aber die Möglichkeit ist groß, dass die erste von Menschenhand geschaffene Skulptur ein Tier dargestellt hat. Jedenfalls sind die Höhlenmalereien von Lascaux ganz überwiegend dem Tierreich gewidmet, nicht der Wiedergabe der menschlichen Gestalt. Und auch über die Jahrtausende waren Tiere immer wieder ein zentrales Objekt künstlerischer Arbeit. Seien es Tiergötter und Fabelwesen der antiken Kulturen, Jagddarstellungen auf Ölmalereien und Wandteppichen oder Statuen in Parks und vor Regierungsgebäuden: Das Tierreich fasziniert und hat auch in unserer heutigen – post-modernen – Wahrnehmung einen festen Platz. Wie zum Beispiel in der Gruppenausstellung „sk-interfaces“, die in der Saison 2009-20010 im Casino – forum d’art contemporain zu sehen war und sich mit Werken von Künstlern wie „Art Orienté Objet“ oder Kira O’Reilly den Beziehungen von Tier und Mensch – über das Phänomen Haut – auf neue Weise zu nähern versuchte.

Aber nichts läge Jürgen Lingl-Rebetez ferner, als sich mit solchen Experimenten abzugeben. Nach eigenen Angaben steht er der „schockierenden und sinnfreien abstrakten Kunst“ sehr feindselig gegenüber. Der 1971 in Bayern geborene Künstler brach früh sein Kunststudium in der Landeshauptstadt des Freistaats ab, um sich, unter dem Meister Hans-Joachim Seitfudem, voll und ganz der Holzskulptur zu widmen. Seitdem ist die Motorsäge sein liebstes Arbeitsinstrument – das er offenbar wie kaum ein zweiter meistert, wenn man die Feinheit der Arbeiten betrachtet, die er mit diesem groben Werkzeug hervorbringt. Die Tierköpfe, oder auch ganzen Körper bei kleineren Exemplaren, die Lingl-Rebetez produziert, sind stimmige Gesamtbilder die – einmal ausgemalt – einen ziemlich lebendigen Realismus ausstrahlen.

Bleibt die lästige Frage, die leider jede Ausstellungsrezension beantworten muss: Was will der Künstler uns mit seinem Werk eigentlich sagen? Dass Tiere gut sind? Dass er schöne Tiere mit der Motorsäge schnitzen kann? Oder dass man keine Inhalte mehr braucht? Letzteres wäre für jemanden, der abstrakte Kunst nicht ausstehen kann, doch sehr befremdlich. Bleibt also nur noch die Aussage, dass Jürgen Lingl-Rebetez sicherlich sein Handwerk versteht und seine Nische im Kunstmarkt gefunden hat. Aber wirklich ausdrucksstarke Kunst, die sich mit den brennenden Fragen unserer Epoche auseinandersetzt, die ein Statement abgibt oder Missstände anprangert ist das alles nicht. Schade, aber eben deshalb passen seine Skulpturen wahrscheinlich auch sehr gut in diese sinnfreie Vorweihnachtszeit.

In der Galerie Schortgen, bis zum 31. Dezember.


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