ENTWICKLUNGSZUSAMMENARBEIT: Kohärenz auf dem Prüfstein

„Ons Welt, ons Dignitéit, ons Zukunft“ lautet das Motto des Europäischen Jahres der Entwicklung. Für Luxemburg soll dabei mehr als nur schöne Reden herauskommen.

Bei der Pressevorstellung am Montag standen den Anwesenden noch die Bilder der Attentate von Paris vor Augen. Und obwohl das thematische Jahr mit dem obigen Motto seit längerem in Planung war, dürften der Auftakt und die folgende Feier am Mittwoch im provisorischen „Athénée“-Gebäude ihm wohl eine neue, ungewollte Dimension verleihen. Wie der ehrenamtliche Botschafter des europäischen Jahres für Luxemburg, Ben Fayot, ehemaliger Abgeordneter und LSAP-Fraktionschef, betonte, gibt es keinen Grund, sich auf den Lorbeeren der 1,06 Prozent Entwicklungshilfe, die Luxemburg im Jahre 2014 geleistet hat, auszuruhen. Vielmehr komme es darauf an, die Kohärenz der Gesamtpolitik zu sichern, die Luxemburg sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene betreibt.

In diesem Zusammenhang dürften die regionalen wirtschaftlichen Partnerschaftsabkommen, welche die EU den Ländern in den sogenannten AKP-Staaten aufdrängen, zu heftigen Debatten führen. Genau wie die das Problem der Kapitalflucht aus den Entwicklungsländern in Richtung der Finanzzentren.

Europäische Jahre gibt es seit 1983. Bislang waren sie innenpolitischen Themen wie Umwelt, Jugend, Famile usw. gewidmet. Die Ausgabe für 2015 wird sich erstmals einer internationalen Fragestellung widmen, wie Entwicklungsminister Romain Schneider betonte. Tatsächlich dürfte 2015 zu einem Schicksalsjahr der Entwicklungszusammenarbeit insgesamt werden: Ende des Jahres sollen im Rahmen der UNO in der Folge der sogenannten Millenniumsziele (MDG), die Anfang dieses Jahrtausends proklamiert worden waren, neue „nachhaltige“ Entwicklungsziele festgelegt werden. Zudem wird auch im Rahmen des Kyoto-Prozesses eine neue Etappe eingeleitet werden, bei der es darum geht, ein Paket zu schnüren, an dem auch die sogenannten Schwellenländer beteiligt sind. Dazu wird im Dezember in Paris eine große Konferenz stattfinden.

Doch der globale Kontext könnte kaum ungünstiger sein, als er es derzeit ist. Die Wirtschaftskrise, die seit 2008 das politische Klima weltweit prägt, aber auch die vielen Konflikte und kriegerischen Auseinandersetzungen, die sich in letzter Zeit noch verschärft haben, waren den internationalen Verhandlungen im Vorfeld dieser beiden großen internationalen Veranstaltungen nicht gerade zuträglich.

Minusrekord 2014

Schlimmer noch: Wie es die Dachorganisation der europäischen Entwicklungsorganisationen, Concord, in ihrem Bericht „Aid Beyond 2015“ errechnet hat, lag die gesamte europäische Entwicklungshilfe – inflationsbereinigt – mit 48,4 Milliarden Euro unter dem „Rekordjahr“ 2010, in dem 55,9 Milliarden an Hilfsgeldern aus der EU in Drittländer flossen.

Neben Luxemburg hatten nur drei weitere Länder die Schwelle der eigentlich zugesagten 0,7% des Brutto-Nationaleinkommens überschritten. Dass schwächere Länder ihrer Verpflichtung nicht nachkommen können, sollte eigentlich durch eine höhere Beteiligung der stärkeren und besser gestellten kompensiert werden. Doch gerade Deutschland weist in der zurückliegenden Periode ebenfalls einen Negativtrend aus. Von dieser Warte aus gesehen sind Luxemburgs 1,06 Prozent sicherlich respektabel, entsprechen aber eigentlich dem erwähnten aber unausgesprochenen innereuropäischen Konsens.

Vor diesem Hintergrund könnte dem Jahr der Entwicklungszusammenarbeit eine Rolle zuwachsen, an die anfangs vielleicht gar nicht gedacht war. Im Rahmen einer Effizienzdebatte, die verbal darauf abzielt, die vorhandenen Mittel besser einzusetzen, hinter der sich aber all zu oft reine Sparpolitik verbirgt, wollen verschiedene Industrienationen gewisse Spielregeln, die bei der Berechnung der Entwicklungshilfe angewendet werden, soweit abändern, dass die Vorgabe von 0,7 Prozent erreicht wird, ohne dass eine faktische Erhöhung der Ausgaben stattfindet. Gerade die für den Klimaschutz aufgewendeten Mittel, könnten so, statt sie zusätzlich bedürftigen Ländern zukommen zu lassen, anstelle der traditionellen Hilfe eingesetzt werden.


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