The Carps‘, das sind Rino Mallardi und die Gebrüder Belardi, rocken schön retro los und lassen die alten Helden der 70er Jahre wieder aufleben.
Rino Mallardi sowie Pol und Chris Belardi alias The Carps‘ lassen alle derzeitigen musikalischen Trends unbeeindruckt an sich abprasseln. Wo viele Musikgruppen dem zurzeit typisch britischen Sound krampfhaft hinterher eifern, da orientiert sich die Tetinger Band lieber an vergangenen Helden wie Pink Floyd und Led Zeppelin, oder an konstanten Indie-Größen wie Motorpsycho, dem musikalischen Chamäleon aus Norwegen.
The Carps‘ wurden schon 2004 von dem heute 17-jährigen Pol Belardi und zwei befreundeten Musikern gegründet. Allerdings ließ der Eifer der beiden Freunde recht schnell nach und Pols älterer Bruder Chris, sonst Keyboarder bei Chief Marts, stieß mehr oder weniger notgedrungen zur Band hinzu. Rino Mallardi, ein langjähriger Kumpel von Chris und Mitglied der luxemburgischen Formation Stories To Tell, wurde als neuer Drummer rekrutiert und erwies sich als der Richtige. In ihrer neuen Formation haben die drei bereits einige Konzerte gegeben, zum Beispiel im Trierer Exhaus.
Auf die Frage, was denn The Carps‘, der Name, bedeutet, hat Pol gleich mehrere mögliche Antworten parat. Der begeisterte Hobbyfischer fand schon lange Wohlgefallen an dem Namen „The Carps“, die Karpfen. Leider gab es in Toronto schon eine Band, die so heißt, deshalb auch die modifizierte Schreibweise der Tetinger Gruppe: theCARPS‘. Carps könnte aber auch für eine Abkürzung stehen wie „classical arrangements reach popular statements“. Durch den Apostroph könnte der Name auch übersetzt „die der Karpfen“ bedeuten. Das klingt alles sehr tiefgründig, aber eigentlich ging es Pol nur darum, einen relativ polyvalenten Bandnamen zu finden, den jeder auf seine eigene Art und Weise interpretieren kann.
Auf der für junge Bands schon fast obligatorischen Myspace-Internetseite von The Carps‘ bezeichnen sie ihre Musik als Psychedelic/Indie/Rock. Viel präziser kann man ihren Stil nicht wirklich beschreiben, oszillieren die drei doch ohne Vorgaben und Rücksicht zwischen Classic Rock, Stoner, Psychedelic und sogar hin und wieder Jazz, wie es ihnen gerade passt. Womit wir auch schon beim musikalischen Konzept der Band sind: es gibt nämlich keins. Was die drei Musiker verbindet, sind gemeinsame Vorbilder und der Spaß an der Sache.
Auch wenn es darum geht, wer welches Instrument spielt, gibt es keine festen Strukturen. Zwar sieht man Chris meistens an der Gitarre, Pol sorgt für die tiefen Frequenzen und Rino bearbeitet das Drumkit. Aber gerne und oft wird auch mal gewechselt, oder zusätzliche Instrumente kommen ins Spiel. Chris und Pol hauen ab und zu in die Tasten oder Rino zupft den Bass und Chris nimmt den Platz hinter den Kesseln ein. Dabei kommt allen natürlich die gute und umfangreiche musikalische Ausbildung zugute. Chris und Pol haben schon früh Klavierunterricht genossen, zudem ist Chris eigentlich ausgebildeter Percussionist, während Pol vor allem am Jazzbass sein Können beweist. Meist ist es auch Pol, von dem die jazzigen Impulse in der Musik von The Carps‘ ausgehen. Der Bewunderer von Jazzveteranen wie Herbie Hancock und Miles Davis scheut sich nicht davor, auch mal ungewohnte Klänge in den sonst relativ straighten Rock der Band einfließen zu lassen. Viele von ihren Fähigkeiten haben sich die drei autodidaktisch angeeignet, Rino zum Beispiel hat nie wirklich Schlagzeugunterricht bekommen. Durch gemeinsame Jam Sessions ist jeder an seinem Instrument gewachsen.
Das Jammen, wesentliches Element der Jazzmusik, ist übrigens auch ein wichtiger Bestandteil der Musik von The Carps‘, denn die jeweiligen Mittelteile der Songs werden gerne mal etwas ausgebaut und ausgedehnt. Dann wird insbesondere live auf Konzerten ordentlich zusammen gegroovt und soliert. So entstehen übrigens auch die Lieder. Wie bei vielen anderen Bands wird zuerst im Proberaum stundenlang auf bestimmten Themen rumgejammt, bis daraus ein Song wird. Auch die Songtexte, die ausschließlich von Pol verfasst werden, entstehen spontan. Er bezieht seine Einflüsse hauptsächlich aus der Natur und schreibt am liebsten über das „you impersonnel“, wie er es nennt, also ein unbestimmtes Gegenüber, das im Prinzip jeder sein könnte. Die meisten Texte entstehen übrigens in langweiligen Momenten in der Schule, aber manchmal schwirrt Pol auch schon eine Zeile mit Melodie im Kopf, wenn er die Musik hört. Jedenfalls hat er keine streng systematische Vorgehensweise, wenn es ums Texten geht. Im Proberaum stellt sich dann heraus, welcher Text zu welchem Songgerüst passt und umgekehrt.
Die Gestaltung des Proberaumes macht auch keinen Hehl daraus, welchen musikalischen Helden The Carps‘ frönen. Die Mauern sind mit Tourplakaten, Postern und Flyern tapeziert und die freien Stellen wurden mit den Namen ausgewählter Bands wie Kyuss verziert. Alle möglichen Musikinstrumente stehen rum: Gitarren, Bässe, Verstärker, Keyboards und Orgeln, Schlagzeug, Vibraphone, … und eine Fußorgel. Das sogenannte Synth Bass Pedal ist ein Instrument, das heute bei Bands nicht mehr so gängig ist, für The Carps‘ aber eine tolle Bereicherung darstellt. Es wird mit dem Fuß bedient und kann gleichzeitig mit anderen Instrumenten benutzt werden. Überhaupt vertrauen The Carps‘ eher auf die alte, also die analoge Technik, wenn es um Musikinstrumente geht. Sie versuchen, weitestgehend auf die modernen digitalen Neuerungen zu verzichten, was ihrem Klangbild einen warmen Retro-Sound verpasst. So zu hören auf der selbstbetitelten EP, die sie im März dieses Jahres in Eigenproduktion aufgenommen haben.
Die Aufnahmen kamen nur zustande, weil Freunde und Fans der Band so oft nach einer CD gefragt hatten. Der Tonträger umfasst fünf Songs, in denen die vielen Facetten der Band sehr schön zum Tragen kommen, lediglich die jazzigen Elemente sind bei diesen Liedern noch nicht so stark auszumachen. „Lullaby for the Lurker“ beispielsweise beginnt als zurückgelehnter, schleppender Slackersong à la Beck mit einprägsamer Bassline, um dann zwischendurch in wilden Siebzigerjahre-Rock mit schönem Harmoniegesang von Pol und Chris auszuarten. Das folgende „Clones“ startet mit einem groovenden Bass und entwickelt sich dann zu einem leicht angefunkten Rocker. „When I’m tired“ erinnert anfangs an den Stonerrock der frühen Queens Of The Stoneage und das über 7-minütige „It’s hard“ entfaltet sich langsam nach guter alter Floydscher und Zeppelinesker Manier. Die EP, die man für 3 Euro bei der Band erwerben kann, deckt also schon ein ganz schön breites Spektrum an Stilen ab, ohne dass es sich nach zusammenhanglosem Patchwork anfühlt.
Als nächstes werden The Carps‘ im Herbst ins Studio gehen, um ihr neues Album aufzunehmen. Live wird man sie unter anderem im Oktober auf dem Sonic Faces Festival erleben können.
www.myspace.com/ thecarpsband
Gigs: 20. Oktober, Sonic Faces Festival, Kulturfabrik Esch