Band „Authentica“: Wo luxemburgische Musik keltische Inspiration findet

Einen vielversprechenden Start hat die Luxemburger Band Authentica mit ihrem Debütalbum „Out in the Light“ hingelegt.

Mit ihrer Musik schlägt Authentica eine kulturelle Brücke zwischen luxemburgischer Volksmusik und internationalen Einflüssen. Davon überzeugen kann man sich am 30. April im Kinneksbond in Mamer. (© Eric Devillet)

Die Gruppe rund um die italo-luxemburgische Künstlerin Martina Menichetti bringt Musik mit keltischen Einflüssen ins Großherzogtum. Ihre musikalische Annäherung an keltische Traditionen spiegelt ein Stück Landesgeschichte wider: Bekanntlich haben bis vor 2000 Jahren keltische Stämme auch das Gebiet des heutigen Luxemburgs besiedelt. Das ausgegrabene Oppidum am Titelberg in der Gemeinde Petingen besaß offenbar überregionale Bedeutung. Warum also nicht eine Verbindung zur Gegenwart herstellen, wie es Authentica jetzt auf spannende Weise tut?

Menichetti wurde in Italien geboren und wuchs in Esch-Alzette auf. Der erste Kontakt zum Folk kam über den italienischen Mittelalter-Folksänger Angelo Branduardi, der 1978 einen großen Hit mit „La pulce d’acqua“ landete. Seine Schallplatten wurden in ihrem Elternhaus oft aufgelegt. Mit keltischer Musik kam sie auch schon in jungen Jahren über das Zeltik-Festival in Kontakt. Als Journalistin berichtete ihre Mutter oft über das Festival, Menichetti begleitete sie dorthin. In ihrer Kindheit lernte sie zunächst klassische Musik zu spielen, am Escher Konservatorium nahm sie Querflöten- und Klavierunterricht. Später ging sie für das Bachelorstudium nach Maastricht, um dann in Wien ihren Master zu machen.

Musiktraditionen lebendig halten

Menichetti begeistert sich aber nicht nur für Musik, sondern auch für die darstellende Kunst. Sie ging an die Wiener Staatsoper und Wiener Volksoper, um Einblicke in die Theaterproduktion zu erhalten. Später inszenierte sie eine Oper in Graz. In München studierte sie anschließend Musikmanagement und Marketing, diese Ausbildung rundet ihr breites Qualifikationsspektrum ab. Nach Luxemburg kehrte sie letztlich zurück, weil sie sich entschlossen hatte, ihren Schwerpunkt auf die Musik zu legen. Sie fand eine Anstellung bei der Luxemburger Philharmonie, wo sie auf vielfältige Weise mit Kindern und Erwachsenen pädagogisch arbeitet.

Ein wichtiger Teil ihres Lebens ist jedoch vor allem der eigene künstlerische Ausdruck mit ihrer Gruppe Authentica, die einen deutlichen Fokus auf keltische Musik legt. Ein Schlüsselerlebnis für Martina Menichetti war, als sie mit 14 Jahren beim Zeltik-Festival dem berühmten galicischen Dudelsackmeister Carlos Núñez auf der Flöte vorspielen durfte und dieser ihr Gelegenheit gab, ihn bei zwei Stücken mit ihrer Flöte auf der Bühne zu begleiten. Auf diesem Wege lernte sie auch den bedeutenden bretonischen Künstler Dan Ar Braz kennen. Zudem war Martina Menichetti eine Zeit lang Mitglied der alteingesessenen Luxemburger Formation Dullemajik, die ihr Faible für Folk-Musik förderte. Damit war schon früh der Boden bereitet für ihre musikalische Karriere als Bandleaderin von Authentica.

Das Ensemble existiert sowohl im Trio-Format als auch als komplette Musikgruppe: Martina Menichetti mit Gesang, Piano und verschiedenen Flöten, Cyril Yabroudi an der Gitarre, Luca Sales an den Keyboards, Mher Mkrtchyan am Akkordeon und Amit Dhuri, der ein Set ganz unterschiedlicher Perkussionsinstrumente bedient. Die Anfänge liegen um das Jahr 2019, die Coronapandemie führte kurz darauf zu einer Zwangspause. Für das Repertoire verantwortlich ist Menichetti selbst, sie komponiert Stücke oder arrangiert bereits Vorhandenes neu. „Es kann eine Melodie sein, die ich gefunden habe, die ich dann variiere, um auch vielleicht noch eine Gesangsstrophe hinzuzufügen“, sagt die Musikerin, „oder ich komponiere etwas ganz Neues, bei dem ich mich von den Geschichten und Legenden aus Luxemburg inspirieren lasse, wie bei meiner Komposition ,Miller’s Valley Nightingale‘ auf meinem Debütalbum.“ Menichetti findet es wichtig, alte Luxemburger Musiktraditionen vor dem Vergessen zu bewahren.

Ein Beispiel dafür ist das auf dem Debütalbum enthaltene Stück „Chiberli“, ein Tanzstück, das sie in der im Jahre 2005 erschienenen opulenten Sammlung „Ronderëm de Lëtzeburger Volleksdanz“ gefunden hat. Ganz passend spielt sie hier unter anderem die Melodie auf einem Péckvillchen, der typisch luxemburgischen tönernen Vogelflöte. Ihr Exemplar war übrigens ein Glücksfund auf dem Luxemburger Ostermarkt Eemaischen, an einem Stand wurden nämlich nicht die üblichen musikalisch schlichten Exemplare verkauft, sondern exakt gestimmte – sogar chromatische – Flöten angeboten. Diese können tatsächlich als vollwertige Musikinstrumente für das virtuose Spiel von Martina Menichetti eingesetzt werden.

Eine stimmige Liedsammlung

(© Eric_Devillet)

Das Album von Authentica enthält neun Stücke. Eins ist instrumental, die übrigen acht präsentieren Texte in englischer, luxemburgischer oder französischer Sprache. Auf Luxemburgisch hört man das alte Volkslied „De Schmadd“, das wie auch „Wéi meng Mamm nach huet gesponnen“ aus dem 19. Jahrhundert stammt. Letzteres ist Menichettis Interpretation eines Liedes, das auf einem Gedicht des Luxemburger Nationaldichters Michel Lentz basiert und von dessen Sohn Edmond Lentz vertont wurde. Bei den meisten Stücken, vor allem im Flötenspiel, ist der keltische Einfluss unüberhörbar. Überdies sind italienische Elemente in die Kompositionen und Arrangements mit eingeflossen.

Der erstaunlich vielseitige Perkussionist Amit Dhuri setzt eine ganze Reihe unterschiedlicher Perkussionsinstrumente ein, unter anderem auch die afrikanische Djembe, die in Irland gebräuchliche Bodhrán-Handtrommel, die orientalische Darbuka oder die argentinische Bombo Legüero, die den einzelnen Stücken ganz spezifische, fein austarierte Klangfarben hinzufügen und auch Anklänge an lateinamerikanische Rhythmen erkennen lassen. Aufgenommen wurde das Album von Jeroen Geerinck im renommierten belgischen Studio Trad, das sich auf halber Strecke zwischen Brüssel und Gent befindet. Das Studio hat sich einen Namen mit der Produktion belgischer Folk-Musik gemacht.

Trotz der Unterschiedlichkeit der einzelnen Stücke ist ein Album entstanden, das ein harmonisches Ganzes bildet. Wer die Band schon live erlebt hat, weiß, wie ausgereift und professionell sie auf der Bühne agiert. Das Album spiegelt exakt die Stimmung, welche die Gruppe auch live ausstrahlt, ganz ohne die kalte und künstliche Studio-Atmosphäre, die leider die Produktionen vieler anderer Bands bestimmt. Das Album, das auch ein schönes 16-seitiges Booklet mit den Texten und Kommentaren enthält, ist im Eigenverlag erschienen und auf Menichettis Website (www.martinamenichetti.com) erhältlich. An Ideen für ein Nachfolgealbum arbeitet die Musikerin bereits.

Woher kommt eigentlich der Name Authentica? „Ich wollte einen Namen, der in vielen Sprachen verständlich ist. In der Archäologie etwa muss man Funde aus der Vergangenheit authentifizieren – also belegen, dass sie echt sind. Bei der Volksmusik ist es genauso.“ Auch hier gehe es viel um Echtheit. Außerdem sei es ihr Anspruch, dass das, was sie mache, aus ihr selbst heraus entstehe – und damit authentisch sei.

Musik von Luxemburger Künstler*in- nen, erst recht die mit klaren Bezügen zur Luxemburger Tradition, sind bisher im Ausland weitgehend unbeachtet geblieben. Menichetti arbeitet gezielt daran, sich mit dem internationalen Musikbusiness zu vernetzen, um auch im Ausland auftreten zu können und ihre Aufnahmen dort verfügbar zu machen. Berechtigterweise: Das, was Authentica sowohl live als auch im Studio schafft, ist letztlich eine musikalisch erstklassige und konzeptionell sehr originelle Arbeit. Im Zentrum stehen der schöne Gesang und das hervorragende Flötenspiel der Bandleaderin – das man sollte man sich nicht entgehen lassen. Authentica kann man dementsprechend am 30. April um 19:30 Uhr im Kinneksbond in Mamer erleben.


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