Festung Europa: Was nicht sein darf…

Während weltweit die Zahl der Konflikte unablässig steigt, versucht Europa mit aller Kraft, sich immer weiter abzuschirmen. Auch Tausende Tote werden dafür in Kauf genommen.

(Foto: Wikipedia)

Die Welt brennt: 409 Konflikte zählt man zurzeit weltweit, 223 von ihnen werden mit Waffengewalt ausgetragen. 19 gelten aufgrund ihres Ausmaßes als kriegerische und 16 als kriegsähnliche Konflikte. Die Zahlen steigen kontinuierlich, bereits 2011 gab es weltweit so viele Kriege wie seit 1945 nicht mehr. Der Mittlere Osten kommt nicht zur Ruhe – im Gegenteil: die Region gleicht mittlerweile einem einzigen, großen Kriegsgebiet.

Von Libyen über Syrien bis nach Jemen bekämpfen sich unterschiedliche Fraktionen, religiöse Gruppen und Milizen. Großmächte führen Stellvertreterkriege, ringen um Einflussgebiete, versuchen, ihre jeweiligen geostrategischen Interessen in der Region durchzusetzen. Koalitionen und Allianzen bilden sich, brechen auseinander, fügen sich neu zusammen.

Statt die „Flüchtlings- ströme“ einzudämmen, sorgt das Abkommen für immer mehr Tote im Mittelmeer.

Ein Ende scheint nicht in Sicht. Gerade erst hat die Türkei eine Offensive in Syrien gestartet. Vordergründig ist der IS das Ziel, in Wahrheit jedoch, so vermuten viele, soll die Entstehung eines zusammenhängenden kurdischen Autonomiegebiets an der türkischen Grenze verhindert werden. Damit verändert sich die Gemengelage wieder einmal. Welche Position werden die USA einnehmen? Kommt es etwa zu einer Annäherung zwischen der Türkei und dem Assad-Regime?

Sich im syrischen Wirrwarr zurechtzufinden, wird zunehmend schwieriger. Und der Konflikt scheint kein Ende nehmen zu wollen. Zwar befindet sich der IS mittlerweile überall auf dem Rückzug, doch beherrscht er noch große Gebiete in Syrien und Irak. Und auch wenn die Miliz irgendwann militärisch besiegt werden sollte, wird der Konflikt wohl weitergehen, möglicherweise auch woanders wieder ausbrechen.

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65 Millionen Menschen sind weltweit auf der Flucht, fünf Millionen mehr als noch vor einem Jahr. Zwei Drittel davon sind Binnenflüchtlinge. Die meisten derer, die ihr Heimatland verlassen – etwa 4,9 Millionen -, stammen aus Syrien, aber auch lang andauernde Konflikte wie die in Afghanistan oder Somalia zwingen immer noch Hunderttausende ins Exil.

In Europa kommt von ihnen nur ein Bruchteil an. Entsprechend gering ist, recht besehen, die entstehende Belastung, vergleicht man die Lage mit der in den Nachbarländern von Kriegsschauplätzen. Im Libanon zum Beispiel befinden sich anderthalb Millionen Flüchtlinge – bei einer Bevölkerung von vier Millionen. Doch Europa verschließt weiterhin die Augen, schirmt sich ab. Weil nicht sein kann, was nicht sein darf.

Zwischen Januar und Juni 2016 haben, Zählungen der Internationalen Organisation für Migration (IOM) zufolge, 2.901 Menschen den Tod im Mittelmeer gefunden – 37 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Im selben Zeitraum gelang ungefähr 100.000 Personen die Flucht über das Mittelmeer nach Italien. Zum Vergleich: im gesamten Jahr 2015 erreichten 153.000 Flüchtlinge auf demselben Weg Europa. Parallel dazu gingen die Überfahrten im östlichen Mittelmeer seit dem EU-Türkei-Abkommen um 98 Prozent zurück.

Die Schlepper wählten immer gefährlichere Routen für die Überfahrt, so die IOM, im selben Maß vergrößerten sich die Risiken für die Flüchtlinge. Es wird klar: statt die „Flüchtlingsströme“ einzudämmen, sorgt das Abkommen für immer mehr Tote im Mittelmeer. Während die Welt brennt, nimmt die EU Tausende Tote in Kauf, um weiterhin die Augen verschließen zu können.


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