Die Versicherungsgesellschaft „Axa Luxembourg“ bietet ab sofort als Teil ihrer Hausratversicherung eine garantierte Notfallunterbringung für Betroffene von häuslicher Gewalt an. Engagement und Imagepflege, die gleichermaßen notwendig wie problematisch sind.

Wenn das Zuhause nicht mehr sicher ist, braucht es schnell eine Alternative. (Foto: Pablo Merchan Montes/Unsplash)
Wohin sich wenden, wenn das eigene Zuhause kein sicherer Ort mehr ist? Seit vergangenen Mittwoch integriert die Versicherung „Axa Luxembourg“ eine Notunterbringungsgarantie in ihre laufenden und zukünftigen Hausratversicherungsverträge an. Ein Anruf genügt und ein krisengeschultes Team organisiert innerhalb von vier Stunden für die betroffene Person den Transport zu einer Vertrauensperson oder wahlweise in ein Hotel, bei Bedarf auch inklusive Kinder und Haustiere. Sieben Tage übernimmt Axa die Rechnung, zwei Mal im Jahr ist das Angebot einlösbar.
Die Kampagne, die in Luxemburg mit dem Slogan „Eng Fra ze sinn, sollt ni e Risiko sinn“ für das Thema häusliche Gewalt sensibilisiert, stammt ursprünglich von der französischen Zweigstelle und wurde für den luxemburgischen Markt angepasst. Die in Frankreich inkludierte rechtliche oder psychologische Beratung wurde gestrichen, denn diese Hilfsangebote bestehen hierzulande bereits bei staatlich finanzierten Stellen. Das Nationale Zentrum für Opfer von Gewalt (CNVV), das im Mai dieses Jahres seine Türen öffnete, bietet beides an, ebenso wie einen niedrigschwelligen Zugang zu medizinischer und polizeilicher Hilfe. Die Anpassung ist sowohl ein positives Zeichen im Vergleich zu der Situation zum Nachbarland, aber auch ein Finger in der Wunde staatlichen Versagens. Obwohl Luxemburg bereits 2018 die Istanbul-Konvention, ein verbindliches internationales Übereinkommen zur Bekämpfung von Gewalt gegenüber Frauen und Mädchen, ratifiziert hat, hapert es immer noch an der Umsetzung. Unter anderem dort, wo nun die Versicherungsgesellschaft einspringt: bei der Notfallunterbringung.
Seit Jahren gibt es steigende Opferzahlen. Erschwinglichen Wohnraum gibt es hingegen kaum. Auch nicht für Opfer von häuslicher Gewalt.

„AXA Luxembourg“ bietet Opfern häuslicher Gewalt eine garantierte Notfallunterbringung. Eine Initiative zwischen Engagement und Imagepflege, die unbequeme Fragen an die Politik stellt. (© nadine-e/unsplash)
„Es gibt einen Mangel an Unterkünften, selbst bei Notunterkünften von Frauenhäusern gibt es Wartelisten“, sagt Marie-Laure Rolland, Vize-Präsidentin des Opferhilfevereins „La voix des survivant(e)s“ (LVDS) gegenüber der woxx. Als der Verein Anfang des Jahres mitbekam, dass Axa in Frankreich auch häusliche Gewalt mit in ihre Policen aufnahm, wandte er sich sogleich an deren Luxemburger Büro. Hier war man bereits mit einschlägigen Organisationen im Gespräch, um die Lücken im System ausfindig zu machen. Dank LVDS fiel bei der Inanspruchnahme der Versicherungsleistung die Pflicht zur polizeilichen Anzeige weg, wie sie in Frankreich noch besteht. „Wir hoffen, dass es nicht nur bei der Axa bleibt, sondern dass auch die anderen Versicherer dem Beispiel folgen“, sagt Rolland. Sie wünscht sich, dass eine gesamtgesellschaftliche Bewegung entsteht.
Seit Jahren gibt es steigende Opferzahlen. Erschwinglichen Wohnraum gibt es hingegen kaum. Auch nicht für Opfer von häuslicher Gewalt. So positiv das Engagement von Axa auch aufgenommen wird: Wenn der Privatsektor staatliche Aufgaben übernimmt, sollten die Alarmglocken schrillen. Gewaltprävention und Gesundheitsversorgung sind staatliche Aufgaben, die frei von wirtschaftlichen Interessen bleiben sollten. Was passiert, wenn eine nicht versicherte Person bei Axa anruft? „Wir verweisen die Person an das CNVV“, schreibt die Versicherung. „Wenn es der Grad der Dringlichkeit erfordert, werden unsere Teams selbstverständlich die Polizei verständigen.“
Das Ministerium für Gleichstellung und Diversität (Mega), unter dessen Schirmherrschaft das CNVV entstanden ist, gibt auf Nachfrage der woxx an, 65 Prozent seines Budgets für „Ausgaben im Zusammenhang mit Gewaltbekämpfung“ auszugeben. Für 2026 sind für das CNVV eine personelle Verstärkung und endlich auch eine Erreichbarkeit rund um die Uhr geplant. Notfallunterkünfte könnten nicht gestellt werden. Das Mega wird auch 2026 mit 0,11 % der Gesamtausgaben das Schlusslicht des Staatshaushalts bilden. Das ist weniger als die Hälfte des Budgets des vorletzten Ministeriums für Sport. Die Prioritäten sind klar.

