Im Stream: Please Like Me

Die australische Dramedy-Serie „Please Like Me“ zeigt, wie der schwule Josh sich langsam im Erwachsenenleben zurechtfindet. Auch beinahe eine Dekade nach der ersten Episode ist die Serie mehr als sehenswert.

Josh (links) versucht sich als Kaffeeverkäufer. Sein erster Job ist, wie seine Beziehung mit Arnold (rechts), ein wichtiger Schritt ins Erwachsenenleben. (Foto: ABC/Pivot)

In Josh Thomas’ (gespielt von ihm selbst) Leben geht es drunter und drüber. Seine Ex-Freundin hat eben mit ihm Schluss gemacht, er hat realisiert, dass er schwul ist, seine Mutter hat einen Suizidversuch begangen und sein Vater stellt seine neue Freundin vor – alles am gleichen Tag. Josh muss sich fortan um seine Mutter kümmern, erkundet seine Sexualität und versucht dabei, seinen komplizierten Freund*innenkreis zu navigieren.

Im Laufe der Serie wechselt Josh die Liebhaber, erlebt den Tod von Verwandten, kümmert sich um seine neugeborene Stiefschwester und wird immer wieder mit den Depressionen seiner Mutter konfrontiert. Außerdem versucht sein Vater, dem Studenten Anfang 20 einen Nebenjob aufzubrummen. Josh und sein Mitbewohner Tom (Thomas Ward), der neben den Eltern als einzige Figur aller vier Staffeln zum Hauptcast gehört, werden also nach und nach erwachsen.

Obwohl „Please Like Me“ viele lustige und absurd-komische Momente enthält, ist es keine Sitcom. Im Mittelpunkt stehen die kleinen und großen Dramen aus Joshs Leben. Lachen muss man als Zuschauer*in trotzdem oft: Über die Situationskomik und den Fakt, dass Josh meist keinerlei Filter hat und genau das sagt, was ihm durch den Kopf geht – ohne darüber nachzudenken, wen er damit verletzt. Eine Eigenschaft, die in seinem Familien- und Bekanntenkreis weit verbreitet ist.

Und dennoch ist eine Serie, trotz dieser Eigenschaft ihres Hauptcharakters, erstaunlich zärtlich: Sie macht sich nicht über Themen wie Homofeindlichkeit, nicht-monogame Beziehungen, Abtreibungen oder psychische Krankheiten lustig, sondern nimmt sie ernst. Das zeigt sich besonders ab der zweiten Staffel, in der Joshs Mutter in einer Psychiatrie lebt. Ab diesem Moment sind ihre Mitpatient*innen Hannah (Hannah Gadsby, bekannt durch ihre Stand-up-Programme „Nanette“ und „Douglas“), und Arnold (Keegan Joyce) zwei der liebenswürdigsten Charaktere des Casts.

Eine der besten Folgen zeigt Josh und seine Mutter beim Wandern, nachdem eine ihrer Mitpatient*innen Suizid begangen hat. Abseits des üblichen Settings der australischen Großstadt entwickelt sich eine ganz andere Dynamik zwischen Mutter und Sohn und streicht die große Stärke der Serie heraus: Zwischenmenschliche Beziehungen abbilden, die echt wirken. Kein Charakter – ob schwul, hetero, psychisch krank oder gesund – ist klischeehaft oder stereotyp gezeichnet. Es werden Menschen gezeigt, mit all den Widersprüchen, die Menschen eben haben.

Neben den starken Charakter-zeichnungen ist auch die filmische Ausführung sehr gut. Dank der exzellenten Kameraführung wird die Absurdität des Gezeigten oft eingefangen. Auch das Intro, bei dem meist Josh zu sehen ist, wie er – untermalt von Clairy Brownes „I’ll Be Fine“ – das für die jeweilige Episode titelgebende Gericht kocht, ist jedes Mal ein Genuss.

Obwohl „Please Like Me“ mittlerweile einige Jahre alt ist – die erste Episode lief 2013 – wirkt die Serie immer noch aktuell und erfrischend. Auch 2021 kann man sich die Serie ansehen und das Gefühl haben, etwas sehr Neues zu sehen – wenn man von den verwendeten Handys einmal absieht.

Auf Netflix.
Sollten Sie selbst unter Suizidgedanken leiden, finden Sie auf prevention-suicide.lu Hilfestellungen.

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