Klimakrise: An der Anpassung arbeiten

Die Klimakrise trifft auch Luxemburg, das haben die letzten Jahre deutlich gezeigt. Während die Regierung einen Plan hat, wie sich das Land anpassen soll, mahnt die Salariatskammer (CSL) Änderungen im Arbeitsrecht an.

Durch die Klimakrise werden Überschwemmungen in Luxemburg häufiger werden. Mit einem neuen Plan will die Regierung das Land besser auf die Auswirkungen der Erderwärmung anpassen. (Foto: CC BY 2.0 Tristan Schmurr)

Am vergangenen Freitag stellte die Regierung einen vorläufigen Plan für die Anpassung an den Klimawandel vor, am letzten Dienstag legte die CSL einen Bericht über die Änderungen in der Arbeitswelt auf den Tisch. Obwohl es in beiden Texten um den gleichen Sachverhalt geht, kommen sie doch nicht auf den gleichen Nenner. Sozialkonflikte machen auch vor der Klimapolitik nicht halt.

„Für die Ausarbeitung der Strategie und des Aktionsplans zur Anpassung an die Auswirkungen des Klimawandels in Luxemburg ist ein ganzheitlicher Ansatz unerlässlich. Es handelt sich hierbei um eine Strategie der gesamten Regierung für die gesamte Gesellschaft“, so Umweltminister Serge Wilmes (CSV) laut Pressemitteilung. Etwa die Hälfte des Dokuments beschreibt den Ist-Zustand und macht Prognosen für die klimatische Entwicklung Luxemburgs. Es zeigt unmissverständlich, wie stark die Klimakrise hierzulande bisher zugeschlagen hat.

So lagen die zehn wärmsten gemessenen Jahre in Luxemburg in der Periode 2002 bis 2021, wobei jedes der vergangen drei Jahrzehnte wärmer war als das vorherige. Das hehre Ziel des Pariser Abkommens, das die globale Erderwärmung bei 1,5 Grad festhalten wollte, ist im Großherzogtum bereits verfehlt. Langzeitdaten zeigen eine deutliche Erwärmung: Die kälteste Mitteltemperatur, gemessen im Januar, lag zwischen 1961 und 1990 bei 0,8 Grad, in der Periode von 1991 bis 2020 waren es bereits 1,9 Grad. Ebenso das wärmste Mittel im Juli, das in diesem Zeitraum von 17,3 auf 18,5 Grad gestiegen ist.

Wie die Klimakrise Luxemburg trifft

Die Erderwärmung führt zu weniger Frosttagen, was schlecht für die Restrukturierung (landwirtschaftlicher) Böden ist. Weniger Schneefall verhindert eine ausreichende Erholung des Grundwasserspiegels. Statt langsamer Schneeschmelze kommt es immer mehr zu extremen Regenereignissen, bei denen das Wasser abfließt statt im Boden zu versickern. Außerdem ist die Vegetationsperiode länger, was das Grundwasser ebenfalls negativ beeinflusst. Dabei kommt knapp die Hälfte des Luxemburger Trinkwassers aus dem Grundwasser. Eine längere Wachstumszeit schädigt den Pflanzenbestand, denn die höheren Temperaturen erhöhen ihren Wasserbedarf, was zu Stress führt – kranke Bäume und schlechte Ernten sind die Folge.

Überschwemmungen sind jene Naturkatastrophen, die die Klima- krise am häufigsten nach Luxemburg bringen wird, doch es werden auch mehr Vegetations- und Waldbrände erwartet. Bereits heute ist laut Regierungsplan eine Erhöhung festzustellen: Seit 2018 gab es durchschnittlich 8,6 Waldbrände im Jahr, 2022 hat das CGDIS doppelt so viele verzeichnet. Die Regierung plant, in allen Luxemburger Wäldern spezielle Rettungspunkte einzurichten, um das Löschen und die Rettung zu erleichtern. Das ist eine der 131 „konkreten“ Maßnahmen, die in der zweiten Hälfte des Plans festgehalten sind. Diese verteilen sich auf 16 „Aktionsfelder“ wie Naturkatastrophen, Gesundheit, Wasser, Gesellschaft, Landesplanung, Wirtschaft, Wälder, Landwirtschaft oder Biodiversität.

Gegenüber dem „Luxemburger Wort“ gab Wilmes an, der Anpassungsplan der vorherigen Regierung sei zu unkonkret gewesen und habe keine Indikatoren beinhaltet, anhand derer Fortschritte gemessen werden können. Zwar sind im neuen, viel ausführlicheren Plan Indikatoren angegeben, diese bleiben jedoch zum Teil auch sehr vage. Beispielsweise ist der einzige Indikator bei der Maßnahme zu den Rettungspunkten im Wald „Ein Netzwerk von Rettungspunkten“. Das hat System: So gut wie jede Maßnahme hat ihre eigene Umsetzung als Indikator. Was fehlt ist eine Aufzählung der konkreten Schritte, ein Zeitplan und oft auch Zahlen. Viele Punkte bleiben schwammig. Schaut man in den alten Plan – was den Medienberichten zufolge wohl die wenigsten Journalist*innen gemacht haben – stellt sich außerdem heraus, dass Wilmes’ Aussage nicht stimmt: Auch der Plan der vorherigen Regierung hatte sehr wohl Indikatoren, die allerdings genauso vage waren wie jene in Wilmes’ neuem Plan. Interessanterweise stammen beide Pläne, den Metadaten der PDF-Dateien zufolge vom selben Autor. Auch einige der vorgeschlagenen Maßnahmen sind nicht sonderlich konkret: So sollen zum Beispiel die „Risiken für Datacenter“ analysiert werden. Eine Bestandsaufnahme ist jedoch nicht mit einer Anpassungsmaßnahme gleichzusetzen. Im Aktionsfeld „Wirtschaft und Finanzen“ sind einige solcher Risikoanalysen vorgesehen – warum der Staat die Risiken, die für Luxemburger Versicherungen bestehen, wenn es häufiger zu Überschwemmungen kommt, analysieren sollte, wird in dem Plan nicht klargemacht. Während die Profite der Finanzwirtschaft von der CSV-DP-Regierung als schützenswertes Gut angesehen werden, müssen Arbeiter*innen sich wohl um ihr eigenes Wohl sorgen.

Arbeiten bei 35 Grad im Büro

„Wir können nicht die Augen vor dem Klimawandel verschließen“, eröffnete Nora Back, Präsidentin der CSL am vergangenen Dienstag eine Pressekonferenz zur Frage, welchen Einfluss die Klimakrise auf die Arbeitswelt haben wird. Sie kritisierte auch allgemein die Klimapolitik der CSV-DP-Regierung: „Wir haben das Gefühl, dass es in die falsche Richtung geht. Umweltausgaben sollen langfristig gesenkt werden, Subventionen werden gestrichen und die falschen Preissignale zum falschen Moment gegeben. Natürlich kostet der Kampf gegen den Klimawandel, aber das Geld wäre da – man könnte es zum Beispiel durch Besteuerung auf Eigentum holen“, so die CSL-Präsidentin.

(Foto: Alireza Naseri/Unsplash)

Vorgestellt wurde ein Arbeitspapier der CSL, das verschiedene Einflüsse des sich verändernden Klimas auf Beschäftigte und mögliche Anpassungen zusammenfasst. Dieses sei nach vielen internen Diskussionen mit Delegierten aus verschiedensten Wirtschaftszweigen zustande gekommen, betonte der Vizepräsident der CSL, Jean-Claude Reding, während der Pressekonferenz. „Die Rückmeldungen der Delegierten zeigen, wie wichtig sektorielle und betriebliche Kollektivverträge sind. Darin können auch Bestimmungen festgelegt werden, wie bei Naturkatastrophen oder großer Hitze vorzugehen ist“, so Reding.

Legt man den Anpassungsplan der Regierung und das Papier der CSL nebeneinander, so kann man leicht feststellen: Bei der Beschreibung des Problems sind sich Regierung und Salariatskammer ziemlich einig. Im Regierungsplan werden sogar im Freien arbeitende Menschen als Gruppe, die während Hitzewellen ein besonders hohes Risiko tragen, anerkannt. Doch im Gegensatz zu den Forderungen der CSL hat die Regierung bisher nicht vor, das Arbeitsrecht an die Klimakrise anzupassen.

Durch die Klimakrise kommt es immer häufiger zu Hitzewellen, die länger dauern. Damit stellt sich vermehrt die Frage, unter welchen Bedingungen man noch arbeiten kann – und muss. Aktuell gibt es in Luxemburg keine Regelung, wie hoch die Innentemperatur von Arbeitsplätzen, etwa Büros, sein darf. Es gibt lediglich die Empfehlung der Inspection du travail et des mines (ITM), dass diese maximal 26 Grad Celsius betragen sollte – außer, die Außentemperatur ist höher. Im Klartext heißt das, dass es während einer Hitzewelle keine Grenzen nach oben gibt. „Für die CSL ist das ein Problem“, sagte David Büchel, der das Arbeitspapier der CSL verfasst hat, „wir wünschen uns klare Regelungen mit Werten, bei denen Aktionen erforderlich ist, und Werten, bei denen die Arbeit eingestellt werden muss.“

Büchel spricht von Werten, weil die CSL will, dass sich ein entsprechendes Gesetz oder Reglement nicht nur auf die Lufttemperatur, sondern auf den sogenannte „Wet-bulb globe temperature Index“ (WBGT-Index, auf Deutsch etwa „Feuchtkugel-Globaltemperatur-Index“) bezieht. Der WGBT-Index bezieht Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Sonneneinstrahlung und Windgeschwindigkeit mit ein und kann somit genauer den thermischen Stress für Menschen quantifizieren. Es geht dabei vor allem um die Frage, wie gut sich der Körper durch Schwitzen noch abkühlen kann.

Wer passt sich besser an?

Dabei sind Büros, die relativ einfach durch Ventilatoren und Klimaanlagen abgekühlt werden können, noch vergleichsweise angenehme Arbeitsplätze: Wer draußen arbeitet, ist nicht nur der Hitze, sondern auch der Sonneneinstrahlung ausgesetzt. „Im Sommer reichen oft schon zehn Minuten in der Sonne, um das gesundheitlich verträgliche Maximum an UV-Strahlung zu erreichen“, so Büchel. Auch in diesem Bereich gäbe es aktuell keine Regelungen für den Arbeitsschutz – die CSL fordert eine Regelung, die die Ausgabe von Schutzkleidung, Kopfbedeckungen und Sonnenschutzcreme obligatorisch macht. In anderen europäischen Ländern gibt es bereits Gesetze, die Arbeiter*innen vor zu hohen Temperaturen schützen sollen: In Spanien dürfen Dachdecker*innen ab 35 Grad nicht mehr arbeiten, in Griechenland werden in den Mittagsstunden keine Führungen für Tourist*innen angeboten.

Die CSL widmete sich, wie auch der Anpassungsplan der Regierung, dem Thema Krankheiten. Nicht nur, dass Hitzewellen die Gesundheit angreifen, die höheren Temperaturen sorgen auch dafür, dass sich verschiedene Insekten oder Zecken stärker verbreiten. Diese können Krankheiten wie Dengue-, Chikungunya- oder Zikafieber übertragen. Die CSL fordert, dass diese Infektionskrankheiten für Berufe, bei denen viel draußen gearbeitet wird, als Berufskrankheiten anerkannt und die nötigen Schutzmaßnahmen getroffen werden. Die Regierung schlägt auf der anderen Seite als Anpassungsmaßnahme lediglich eine Plattform vor, mit deren Hilfe diese Krankheiten überwacht werden können.

Insgesamt zeigen die zwei Dokumente, mit welch unterschiedlicher Geschwindigkeit auf die Klimakrise reagiert wird. Während die Regierung einen Plan entwirft, welche Analysen sie demnächst durchführen will und sich selbst für diese „konkreten“ Ideen lobt, gibt sich die CSL nahe an den Beschäftigten, die sie vertritt und zeigt tatsächliche Probleme auf, die sich bereits heute stellen. Die Regierung gab sich bei der Präsentation offen für Feedback (siehe Kasten). Meint sie es ernst damit, hat die CSL womöglich die Chance, dass ihre Ideen tatsächlich Einzug in den Anpassungsplan finden.

Mitbestimmung bei der Anpassung

Die Regierung will die Meinung der Bevölkerung zu dem Anpassungsplan hören. Dafür werden einerseits Workshops mit Expert*innen des privaten und öffentlichen Sektors abgehalten, die jeweils zu bestimmten Themen arbeiten sollen. Außerdem gibt es fünf Informations- und Austauschversammlungen, die für die breite Öffentlichkeit gedacht sind.
Diese finden statt:

Echternach – 4. April
Steinfort – 23. April
Esch-Alzette – 28. April
Hosingen – 5. Mai
Die genauen Orte und Uhrzeiten werden später bekanntgegeben, angekündigt sind aber bereits Simultanübersetzungen ins Französische und Englische.


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