Luxemburg und die NS-Propaganda 1936: Friede, Freude, Volksgemeinschaft

Vor 85 Jahren betrieb Nazi-Deutschland beim „Weltkongreß für Freizeit und Erholung“ in Hamburg Propaganda für seine angeblichen Friedensabsichten. Zu den internationalen Gästen gehörten auch dreißig Luxemburger Delegierte und ein Minister. Ihre Teilnahme führte zu einer Debatte über den Umgang Luxemburgs mit Nazi-Deutschland und über die Verherrlichung des Volksgedankens.

Fahnen, Volkstrachten und Deutscher Gruß: Der „Weltkongress für Freizeit und Erholung“ in Hamburg 1936 war ein Hoch auf völkisches Denken. (Quelle aller Illustrationen: Wikipedia)

„Seitdem die Maschine ihren Einzug in das bis dahin meist handwerkliche Erwerbsleben gehalten hat, seitdem die Motorisierung einen immer größeren Raum des technischen Tuns der großen Arbeitermassen an sich gerissen hat, ist die dadurch entstandene ausgedehntere Freizeit zu einem Problem geworden.“ In der katholischen Tageszeitung „Luxemburger Wort“ vom 20. Juli 1936 zeichnete man ein düsteres Bild über den Schaden, den die neugewonnene Freizeit anrichten könne. Man fürchtete, dass vor allem die Arbeiterschaft die durch moderne Produktionsmethoden gewonnene Zeit für moralisch zweifelhaften Müßiggang und Konsum nutzen könnte. Anregungen, um dem durch gesellschaftlich nutzbringende Aktivitäten entgegenzutreten, gebe ein „Weltkongreß für Freizeit und Erholung“, der in den nächsten Tagen in Deutschland stattfinde und an dem auch eine Luxemburger Delegation teilnehmen werde. (1)

Die Frage, wie die neue Freizeit zu gestalten sei, beschäftigte aber nicht nur konservative Kreise. Bereits 1932 hatte anlässlich der Olympiade in Los Angeles auf US-amerikanische Initiative eine internationale Veranstaltung zum Thema stattgefunden, besonders sportliche Aktivitäten für alle rückten dabei in den Vordergrund. Jedoch war der Kongress in Hamburg der erste, den ein totalitärer Staat organisierte. Die Veranstaltung, an der über 1,5 Millionen Personen teilnahmen, darunter rund 1.500 Länder-Delegierte, wurde von der nationalsozialistischen Gemeinschaft „Kraft durch Freude“ organisiert, einer Unterorganisation der sogenannten „Deutschen Arbeitsfront“ (DAF). (2) In nationalsozialistischer Sicht sollte auch der Freizeitbereich der deutschen Gesellschaft in der Volksgemeinschaft aufgehen, eine individualisierte Form der Freizeitgestaltung war verpönt. Entsprechend wurden auf dem Kongress neben Vorträgen und Darbietungen von Tanz-, Musik- und Sportgruppen sowie einem „deutschen Volksfest“ auch Auftritte von Wehrmacht und Schutzpolizei geboten.

Das Deutsche Reich hatte sich angeboten, Reise- und Aufenthaltskosten für die dreißig Luxemburger Delegierten zu übernehmen, die während zwei Wochen Hamburg und andere deutsche Städte besuchten, und die großherzogliche Regierung hatte dankend zugesagt. In der Obermosel-Zeitung hieß es, die Delegation unter Leitung des Präsidenten der Jugendherbergen Pierre Joseph Muller werde Vertreter aller an Freizeitkultur interessierten Verbände umfassen. Muller habe bei einer Vorbesprechung die Bedeutung des Kongresses „für den Frieden und die Wohlfahrt der Völker“ hervorgehoben. Unter anderem werde Dirigent Henri Pensis bei einem Rundfunkorchester mitwirken und Professor Joseph Heß werde einen Vortrag über Arbeit und Volkskultur halten. Ferner hieß es, Arbed-Direktor Alphonse Nickels, der luxemburgischer Geschäftsträger in Berlin war, sei Mitglied im Hamburger Ehrenausschuss. (3) An den anschließenden olympischen Spielen in Berlin nahmen auch 49 Luxemburger Sportler*innen teil.

Anders als die olympischen Sommerspiele 1936 in Berlin ist der vorausgegangene Hamburger Freizeitkongress von der historischen Forschung bislang kaum untersucht worden. Immerhin hat der deutsche Historiker Hans Joachim Teichler schon 2007 den Zusammenhang der beiden Veranstaltungen aufgezeigt. (4) Beim Freizeitkongress habe es weit mehr Verbindungen zwischen den IOC-Funktionären und dem NS-Regime gegeben als bei der Olympiade selbst. Er äußert sich auch zum Hauptmotiv, das die beiden Veranstaltungen einte: „Im Vordergrund standen in Hamburg wie in Berlin die Friedensbeteuerungen der Ausrichter.“ Die mit dem Kongress verbundene nationalsozialistische Propaganda wurde, so Teichler, von den Vertreter*innen der Freizeitorganisationen demokratischer Länder nicht in Frage gestellt. Genauso wenig war dies bei der Olympiade seitens der Delegierten der Sportvereine der Fall: „NS-Deutschland war damit 1936 akzeptierter Gastgeber sowohl in der Welt des bürgerlichen Sports als auch in der internationalen bürgerlichen Freizeitbewegung.“ Nur die den freien und linken Gewerkschaften angegliederten Kultur- und Sportvereine waren bei dem Kongress nicht vertreten. Boykottaufrufe, die vor allem aus der Linken kamen, verhallten aber bald.

Der „Weltkongreß für Freizeit und Erholung“ in Hamburg 1936 wurde vom nationalsozialistischen Freizeitwerk „Kraft durch Freude“ organisiert. Im Vordergrund der Massenveranstaltung mit internationalem Publikum standen, wie die Spezialbriefmarke mit einer Taube illustriert, die deutschen Friedensbeteuerungen.

„Schwarzrotes Farbenspiel der Hakenkreuzfahne“

Auch in Luxemburg gab es Bedenken lediglich von linker Seite. Während das katholische „Luxemburger Wort“ kritiklos die Reden von Reichsminister Rudolph Heß und DAF-Leiter Robert Ley – zwei der ranghöchsten Nationalsozialisten also – bei der Eröffnung des Kongresses resümierte, hieß es in der Zeitung „Luxembourg“, die Luxemburger Landsleute seien erfreut über den Empfang, der ihnen in Hamburg bereitet werde. Im rechtslastigen „Luxemburger Volksblatt“ begeisterte sich Eugen Ewert später über das „schwarzrote Farbenspiel der Hakenkreuzfahne und die hüpfenden fünf Ringe der Olympiade“ an allen Bahnhöfen in Deutschland und freute sich darüber, dass eine Militärkapelle „unsere Uelzecht und das Deutschlandlied“ spielte. (5) Er berichtete auch, dass Minister Pierre Dupong „als Vertreter der Regierung einige Tage in Hamburg weilte“. (6) Lediglich im sozialdemokratischen „Tageblatt“ waren kritische Töne zu vernehmen: „Wieso in Deutschland, im Dritten Reich, ein solcher Kongreß Gutes wirken könne, ist uns unbegreiflich. In Deutschland, wo es überhaupt keine Freizeit und keine Freiheit gibt!“ Und weiter: „In deutschen Schulbüchern steht geschrieben und in deutschen Zeitungen wird wiederholt, in Luxemburg lebten 250.000 Deutsche! Sollen die dreißig luxemburgischen Kongressisten beweisen müssen, daß wir ein deutscher ‚Stamm‘ sind? Sollen sie ‚wie alle andern deutschen Volksgenossen‘ den Arm zum Hitlergruß ausstrecken müssen?“ (7)

Der Abgeordnete Pierre Krier von der Arbeiter-Partei (AP) stellte die Regierung im Parlament zur Rede und kritisierte sie vehement. Premierminister Joseph Bech von der Rechtspartei (RP) würgte die Debatte jedoch ab, indem er Kriers Aussagen als „schädlich für unser Land“ zurückwies. (8) Im „Tageblatt“ drehte man den Spieß um: Die propagandistische Vereinnahmung des Ausflugs der Luxemburger Delegation in der Deutschen Presse gebe „der ganzen Sache einen Schein, mit dem man nicht einverstanden sein kann.“ (9)

Im rechtslastigen „Luxemburger Volksblatt“ begeisterte sich der Journalist Eugen Ewert, der am Kongress teilgenommen hatte, über das „schwarzrote Farbenspiel der Hakenkreuzfahne und die hüpfenden fünf Ringe der Olympiade“ an allen Bahnhöfen in Deutschland. Hier ein Blick in den Hamburger Bahnhof.

„Eine Reise durch die deutsche Seele“

Ein Grund, weshalb die nationalsozialistische Vereinnahmung international greifen konnte, ist der, dass zu diesem Zeitpunkt noch manche Staaten in Europa Deutschlands Friedenspropaganda ernstnahmen – auch wenn Deutschland im Frühjahr 1936 bereits das Rheinland besetzt hatte. Es gibt aber noch einen weiteren Erklärungsfaktor: Die Betonung der Völkerverständigung zielte zwar vordergründig auf die angeblichen nationalsozialistischen Friedensabsichten ab, aber ihr lag auch die Idee vom „Volk“ als einer kulturell, historisch oder gar durch Abstammung geprägten Gemeinschaft zugrunde. Der Begriff der Volksgemeinschaft, der auf weltanschaulichen, oft genug auch nationalistisch oder rassistisch geprägten Gemeinschaftsgefühlen basierte, wurde benutzt, um manche Menschen ein-, andere aber auszuschließen. So meinte Reichsleiter Robert Ley in seiner Begrüßungsansprache als Präsident des Weltkongresses: „Nur wenn jedes Volk stolz ist auf seine Eigenart, auf seine Leistung und seine Rasse, nur dann hat jedes Volk auch Achtung vor den übrigen Nationen der Welt“. Diese Aussage scheint die Anwesenden aus den anderen Ländern keinesfalls schockiert zu haben, auch die luxemburgischen nicht. (10)

Der Fall des Weltkongresses ist symptomatisch dafür, dass solche Vorstellungen längst nicht allein im nationalsozialistischen Deutschland grassierten. Diese waren auch schon vor Hitlers Machtantritt in Luxemburg präsent, und zwar nicht nur in katholischen Kreisen, sondern bis weit in linke Kreise hinein. Spätestens seit Nicolas Ries, der 1911 von der „Psychologie des Luxemburger Volkes“ geschrieben hatte, war man sich einig, dass es ein Luxemburger „Volk“ gebe, das zwar nicht auf eine einzige Rasse zurückgehe, sondern von unterschiedlichen rassischen wie auch historischen und kulturellen Faktoren geprägt sei. Solche Faktoren wurden aber als kollektive, volksspezifische Eigenschaften dargestellt. (11) Insbesondere katholische Kreise wollten die Idee einer Volksgemeinschaft auf christlicher Basis stärken.

Dass auch im Großherzogtum manche den Begriff der Volksgemeinschaft unkritisch übernahmen, zeigt eine publizistische Auseinandersetzung, die in der Folge des Kongresses geführt wurde. Nikolaus Hein, Luxemburger Sekundarschullehrer, Literat von Rang und Goethe-Verehrer, hatte ebenfalls als Delegierter den „Weltkongress für Freizeit und Erholung“ in Hamburg besucht. (12) In seiner „Erinnerung an eine deutsche Reise“, die im November desselben Jahres in einem Zweiteiler im „Luxemburger Wort“ erschien, äußerte er nicht nur seine Begeisterung über den Kongress, sondern auch über das neue Deutschland. (13) Hein begann mit einem Lob auf die „Atmosphäre der Freundschaft, des guten Willens und der Völkerverständigung“, die ihn in Hamburg und Berlin begleitet habe. Er zeichnete dann ein lyrisches Bild der dortigen Landschaften, die „eine Reise durch die deutsche Seele“ seien. Neben Natur- und Kulturerlebnissen pries er auch die Architektur und die Reichsautobahnen als Ausdruck der „Gemeinschaftsidee“ des neuen Deutschlands.

Beim Weltkongress gab es auch einen „Deutschen Tag“, an dem es besonders „volkstümlich“ zuging.

Im zweiten Beitrag zeigte sich, dass Hein auch die dem Konzept der Volksgemeinschaft inhärenten Ausgrenzungstendenzen mittrug, die sich in Deutschland in aller Härte zeigten. Es ging um die deutsche Literatur, die seit Hitlers Machtantritt von der zwangsweisen Emigration vieler Literaturschaffender, insbesondere jüdischer, geprägt war. Hein schrieb: „Neulich fragte mich jemand, ob es denn überhaupt noch Schriftsteller von Rang in Deutschland gebe. Du lieber Gott! Auf je einen schreibenden Emigranten kommen ein Dutzend gleichwertige Schriftsteller, die in Deutschland geblieben sind. (Bei Thomas Mann mag dies Zahlenverhältnis nicht stimmen.) Sicher ist aber auch, daß nirgendwo die Dichtung staatlicherseits mehr gefördert wird, nirgendwo eifrigere Bemühungen ins Werk gesetzt werden, um sie auch ins Volk zu tragen.“ Es sei „überhaupt merkwürdig, wie viel frohe Gesichter es in dieser ‚Hölle des Faschismus‘ gibt“. (14)

Hein wollte zwar nicht verdächtigt werden, „ein Schrittmacher des Nationalsozialismus oder eines ähnlichen Systems zu sein“, ein Volk sei aber „nicht eine bloße Interessengemeinschaft, nicht ein Sandhaufen, sondern ein lebender Organismus. Rationalistische Zeiten vergessen das leicht. Das Erleben der Volksgemeinschaft […] gehört zu den wichtigsten Funktionen jeder volksbildenden und volkerhaltenden Arbeit. Das neue Deutschland sucht mit Festen und Feiern unausgesetzt den neuen Geist der Gemeinschaft ins Volk zu tragen. […] [Es] sei bedauernd gesagt, daß wenn man drüben vielleicht der Feste zu viel feiert, unser völkisches Leben an einer Oede und Nüchternheit leidet, die dem Gefühl menschlicher Verbundenheit nicht förderlich ist.“ (15)

Die Darstellung Heins sorgte für heftige Reaktionen, sowohl in der linken Wochenzeitung „Die neue Zeit“ als auch im „Tageblatt“. In der „Neuen Zeit“ meinte ein unbekannter Autor, Hein habe auf seiner Reise zwar fröhliche Menschen gesehen, „aber keine verfolgten katholischen Priester, keine zerschlagenen [sic] Juden, keine Gefängnisse und Konzentrationslager. Er ist überzeugt, daß Deutschland und Nationalsozialismus eins und dasselbe ist. Und weil er ersteres liebt, nimmt er letzteren mit in den Kauf.“ (16) Reinhold Peffer alias Émile Marx meinte im selben Blatt, auch die Linken könnten sich für deutsche Literatur und Kultur begeistern. Doch gerade, wenn man Deutschland liebe, müsse man die Nazis hassen. (17)

Nikolaus Hein, Luxemburger Sekundarschullehrer und Literat von Rang, nahm als Delegierter den „Weltkongress für Freizeit und Erholung“ in Hamburg teil. Er begeisterte sich für die „Atmosphäre der Freundschaft, des guten Willens und der Völkerverständigung“, die er dort vorgefunden habe.

„Gefälligkeiten an das 3. Reich“

Im „Tageblatt“ meldete sich „Erasmus“ alias Frantz Clément zu Wort. Clément war als linksliberaler Publizist und Literaturkenner entgeistert über Hein, dessen Arbeiten zu Goethe er an sich schätzte. Dass sich jedoch „in bequemer, weichlicher Gefühlsduselei dem luxemburgischen Deutschlandreisenden die Augen und Ohren verschlossen haben für die grauenhaften Dinge, denen diese edle Landschaft und Architektur als Staffage dienen, das ist ein schlimmes Symp-tom für sein Ethos. Dachau ist ein landschaftliches Juwel, aber Dachau ist auch das schrecklichste Konzen-trationslager des neuen Deutschland.“ Und was die Autobahnen angehe, von denen Hein schwärme: „Haben Sie nicht daran gedacht, daß die deutschen Autobahnen nicht viel mehr sind als strategische Anlagen, daß auf dem ‚in sanften Wellungen vorwärtstreibenden Band der Straße‘ vielleicht sehr bald die Tankgeschwader heranrücken sollen, die auch Ihre liebliche Moselheimat Ehnen zermalmen werden?“ (18)

Besonders entsetzte Clément, der als in Deutschland publizierender Autor selbst unter dem neuen deutschen Regime zu leiden hatte, Heins Einstellung zu den von diesem so abschätzig dargestellten Schriftsteller*innen, die Deutschland hatten verlassen müssen. Sie seien in Frankreich oder England weit anerkannter als die gleichgeschalteten deutschen: „Kommen Sie mir nur nicht mit den üblichen Nazimätzchen angeritten: vom internationalen Verleger-Judentum, von Neid und Chauvinismus etc. p. p. […] „Lesen Sie jetzt auch ein bißchen Doeblin und Feuchtwanger, Josef Roth und Stefan Zweig, Werfel und Heinrich Mann, dann gehen Sie vielleicht in sich. Emigranten? Jawohl, aber vergessen Sie nicht, daß auch Viktor Hugo und Heinrich Heine Emigranten waren.“ (19)

Der linksliberale Publizist und Literaturkenner Frantz Clément entsetzte sich über Nikolaus Heins abschätzige Einstellung zu den aus Deutschland zwangsweise emigrierten Schriftsteller*innen und seinen „so naiven, beinahe kindischen Freundlichkeiten und Gefälligkeiten an das 3. Reich“.

Während Hein zu diesen Reaktionen schwieg, bekam er einige Wochen später Lob in der deutschen Presse, nämlich vom nationalsozialistischen „Westdeutschen Beobachter“. Dies bot die Gelegenheit für eine dritte Stellungnahme Cléments. Der Artikel im Nazi-Blatt sei „eine geschickte Ausmünzung der wirkungsvollsten Zitate aus Prof. Heins Reiseberichten“. Man werde, so Clément „in den völkisch-annexionistischen Plänen noch anmaßender werden als bisher. Und das haben wir Leuten wie Prof. Hein, die sich selbst ‚bessere Luxemburger‘ nennen, zu verdanken.“ (20)

Die Luxemburger Deutschland-Reise 1936 muss also in den Kontext der nationalsozialistischen Propagandaaktivitäten gestellt werden. Die Versuche des NS-Regimes, sich medial positiv in Luxemburg darzustellen, wurden allerdings vor dem Hintergrund der zunehmenden Gefahr einer Annexion Luxemburgs durch Deutschland immer unglaubwürdiger. Manche Intellektuelle konnten sich dennoch nur schwer von einer zuvor oft verehrten deutschen Kultur lösen, gerade weil sie empfänglich für völkische Vorstellungen waren.

In Cléments Auseinandersetzung mit Hein spielt aber auch die Frage der zur Emigration gezwungenen Schriftsteller*innen eine zentrale Rolle. Indem er Heins Aussage zur literarischen Irrelevanz der Betroffenen kritisierte, verdeutlichte Clément nicht nur Heins literarischen Standpunkt, sondern legte dessen Mangel an Empathie für seine vom Nazi-Regime zur Emigration gezwungenen Berufskolleg*innen bloß. Eine Emigration, die häufig das abrupte Ende ihrer Berufskarriere bedeutete und sie nicht nur künstlerisch, sondern auch materiell und menschlich an den Rand des Abgrunds führte.

(1) Um die Freizeitgestaltung, in: Luxemburger Wort, 20.7.1936, S. 1.
(2) Andries Sternheim, Weltkongress für Freizeit und Erholung, Hamburg-Berlin, 23. bis 30. Juli 1936, in: Zeitschrift für Sozialforschung, 6 (1937) 3, S. 703-704.
(3) Luxemburg auf dem Weltkongreß für Freizeit und Erholung in Hamburg-Berlin, in: Obermosel-Zeitung, 20.7.1936, S. 2-3.
(4) Hans Joachim Teichler, Die faschistische Epoche des IOC, in: Historical Social Research 32 (2007) 1, DOI 10.12759/HSR.32.2007.1.24-42, S. 24–42.
(5) Eugen Ewert, Luxemburg auf dem Weltkongreß für Freizeit und Erholung, in: Luxemburger Volksblatt, 6.8.1936, S. 4.
(6) Eugen Ewert, Luxemburg auf dem Weltkongreß für Freizeit und Erholung II, in: Luxemburger Volksblatt, 7.8.1936, S. 3.
(7) Zum „Weltkongreß für Freizeit und Erholung in Hamburg“, in: Tageblatt, 22.7.1936, S. 4.
(8) Kammerverhandlungen, in: Tageblatt, 29.7.1936, S. 9.
(9) Kammer-Revue, in: Tageblatt, 29.7.1936, S. 4.
(10) Weltkongress für Freizeit u. Erholung, in: Luxemburger Wort, 25.7.1936, S. 1.
(11) Nicolas Ries, Le peuple luxembourgeois. Essai de psychologie, Diekirch 1911.
(12) Zu Heins literarischem Schaffen, siehe Joseph Groben (Hrsg.), Als flösse die Mosel mitten durch sein Herz. Nikolaus Hein. Ausgewählte Werke, Luxembourg 2016, S. 512-591. Hier wird allerdings Heins Haltung gegenüber Hitler-Deutschland in den 1930er-Jahren völlig ausgespart. Anders dagegen Robert Thill, der der Auseinandersetzung Frantz Cléments mit dem „Deutschlandreisenden“ großen Raum einräumt: Robert Thill, Frantz Clément – Intellektueller, Schriftsteller, Journalist: sein Leben, sein Werk, seine Zeit, Esch-sur-Alzette 2016, S. 265-268. Die Debatte wurde ebenfalls thematisiert in: Renée Wagener, Die jüdische Minderheit in Luxemburg und das Gleichheitsprinzip. Staatsbürgerliche Emanzipation vs. Staatliche und gesellschaftliche Praxis vom 19. Bis zum Beginn des 21. Jahrhunderts, Promotionsarbeit, FernUniversität, Hagen 2017, https://ub-deposit.fernuni-hagen.de/receive/mir_mods_00001049, S. 562.
(13) Nikolaus Hein, Erinnerung an eine deutsche Reise, in: Luxemburger Wort, (7.11.1936), S. 4.
(14) Nikolaus Hein, Erinnerung an eine deutsche Reise, in: Luxemburger Wort, 9.11.1936, S. 3-4.
(15) Nikolaus Hein, Erinnerung an eine deutsche Reise, in: Luxemburger Wort, 9.11.1936, S. 3.
(16) Göbbels freut sich, in, Die neue Zeit, 1.12.1936, S. 1–2.
(17) Reinhold Peffer, Pfefferkörnchen, in: Die neue Zeit, 1.12.1936, S. 1–2
.
(18) Erasmus, Ein eigentümlicher Deutschlandreisender, in: Tageblatt, 17.11.1936, S. 5.
(19) Erasmus: Ein eigentümlicher Deutschlandreisender II, in: Tageblatt, 19.11.1936. S. 5.
(20) Nazianerkennung für Professor Hein, in: Tageblatt, 11.1.1937, S. 5.

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