Serien-Empfehlung: Inside Job

Die neue Netflix-Animationsserie „Inside Job“ vermischt Verschwörungsmythen mit Büro-Comedy. Manchmal geht dieses Rezept auf, oft ist das Resultat jedoch eher fad.


Verschwörungsmythen sind ihr Beruf: Reagan Ridley (Lizzy Caplan) arbeitet bei der fiktiven Firma Cognicto Inc., die unbemerkt von der Öffentlichkeit die Weltgeschichte lenkt. (Foto: Netflix Animation)

Reagan Ridley arbeitet für die Weltverschwörung. Genauer: Für die Firma Cognito Inc., die im Geheimen die Geschicke der Welt lenkt und dafür sorgt, dass die Öffentlichkeit nicht die Wahrheit über Reptiloide, Aliens, die Mondlandung oder die wahre Form der Erde erfährt. Zu Beginn der Serie wird die brillante, aber schüchterne Wissenschaftlerin zur Teamleiterin befördert. Zu ihrem Leidwesen muss Ridley sich die Position aber mit dem oberflächlichen Schönling Brett Hand teilen.

Das Team, das sich um die Koordinierung sämtlicher Verschwörungen kümmert, besteht neben den beiden aus dem Delfin-Mensch-Hybriden Glenn Dolphman, dem intelligenten Pilzwesen Magic Myc, dem Biologen und Drogenexperten Andre Lee (Bobby Lee) und der PR-Spezialistin Gigi Thompson. Gemeinsam schlagen sie sich mit geklonten Prominenten, Reptiloiden, einer geheimen Mondkolonie und Flat-Earther*innen herum. Manche Episoden setzen den Fokus jedoch nicht auf Verschwörungen, sondern auf das Privat- und Berufsleben der Cognito-Angestellten: Vor allem Ridleys dysfunktionale Beziehung zu ihrem Vater und ihr nicht-existentes Liebesleben werden oft thematisiert.

Die Verschwörung, 
über die man nicht spricht

Die Macher*innen der Serie, Shion Takeuchi und Alex Hirsch haben seit der Disney-Kinderserie „Gravity Falls“ eigentlich schon viel Erfahrung damit, urbane Mythen rund um Monster, Geister und ähnliche Kreaturen in eine humorvolle Serie zu verpacken. Bei „Inside Job“ ist ihnen das jedoch nur zum Teil gelungen. Die Prämisse ist zwar vielversprechend, aber die Arbeit, die Cognito Inc. macht, wird oft nur am Rande behandelt. Eine der besten der bisher zehn Episoden dreht sich kaum um Verschwörungen, sondern bietet mit Superspion Rafe Masters eine Persiflage auf James Bond. Auch hier steht seine Beziehung zu Ridley – und zu seiner Nemesis, dem Superbösewicht Skullfinger – im Mittelpunkt. Das Verschwörungssetting wird zur Kulisse, um popkulturelle Anspielungen machen zu können. Eine vertane Chance, denn gerade durch einen humoristischen Umgang mit Verschwörungsmythen könnte ihre Anziehungskraft erklärt und eventuell auch gebrochen werden.

Es fällt auch auf, welche Verschwörungsmythen nicht erwähnt werden oder keine große Rolle spielen: Die Terroranschläge vom 11. September 2001 sind auch zwei Dekaden später immer noch kein Thema, mit dem eine US-amerikanische Produktion scherzen kann. Das ist erstaunlich, da der Titel der Serie eigentlich auf die Phrase „9/11 was an inside job“ anspielt. Auch die Qanon-Bewegung, die glaubt, die Eliten aus Washington und Hollywood entführten Kinder, um deren Blut zu trinken, spielt keine Rolle. Das antisemitische Element, das den meisten Verschwörungsmythen zugrunde liegt, wird ebenfalls überhaupt nicht angesprochen – das zeigt, dass ein derart komplexes Thema zwar durchaus humoristisch behandelt werden kann, sich viele Nuancen jedoch nicht für oberflächliche Gags eignen.

Rick and Morty in optimistisch

Der Vergleich mit der Sci-Fi-Animationsserie „Rick and Morty“ bietet sich an. Vieles ist in „Inside Job“ ähnlich absurd, viele Gags sind Anspielungen, die man leicht übersieht, und die Hauptfigur Ridley ist dem „verrückten Erfinder“ Rick gar nicht mal so unähnlich. Allerdings ist „Inside Job“ wesentlich weniger düster und optimistischer. Das verwundert, weil die Gewissheit, dass eine kleine Elite die ganze Welt beherrscht, ja das gegenteilige Gefühl hervorrufen sollte.

Mit Ridley ist eine Wissenschaftlerin die Hauptfigur der Serie, allerdings wird sie oft wegen ihrer angeblich schlechten Sozialkompetenzen durch den Kakao gezogen. Bis auf Gigi Thompson ist das Team von Cognito Inc. männlich. Das mag die Realität von Vorstandsetagen recht gut abbilden, aber bei einer Serie, in der ein intelligenter Pilz mitspielt, hätte man den Cast sicherlich auch diverser gestalten können. So vermisst man auch eine Figur, die explizit der LGBTIQA-Community zuzuschreiben ist. Es gibt teilweise „queer vibes“, so zum Beispiel zwischen Masters und Skullfinger oder bei einer Orgie der Reptiloiden.

Insgesamt ist „Inside Job“ leichtverdauliche Kost, die sich zur Abwechslung oder zwischendurch ganz gut schauen lässt. Eine Serie, die man gesehen haben „muss“, ist sie aber keinesfalls. Wer sich im Sci-Fi-Genre zu Hause fühlt oder sich gerne mit Verschwörungsmythen beschäftigt, findet hier für einige Stunden leichte Unterhaltung.

Auf Netflix.

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