MARC FORSTER: Ein Quäntchen Bond

Mit Casino Royale war bereits festgelegt worden, dass James Bond nie wieder so sein würde wie früher. Doch Marc Forsters Quantum of Solace verliert sich und den Zuschauer bei dem Versuch eine Marke gleichzeitig zu dekonstruieren und zu innovieren.

Bescheuert im Feuer: Der neue James Bond vermag nicht zu überzeugen.

Der Film knüpft gleich an die Geschehnisse des Vorgängers Casino Royale an: In einer wilden Verfolgungsjagd durch Norditalien bringt Bond den Bösewicht Mr. White (Jesper Christensen) zum Verhör nach Siena. White war der vermeintliche Strippenzieher hinter der Erpressung und dem Mord an Bonds Geliebten Vesper Lynd. Es stellt sich heraus dass Mr. White der geheimen Organisation Quantum angehört, die weltweit ihre krummen Machenschaften hat und sogar das MI6 infiltriert. Der Bodyguard von M, Bonds Chefin (Judy Dench), entpuppt sich als Verräter und Mr. White kann entkommen. Nach einer weiteren spektakulären Hetze – mit dem traditionellen Pferderennen Palio als Background – wünscht sich der Zuschauer dringend eine Verschnaufpause.

Die ersten 20 Minuten des Films verbringt er nämlich mit dem vergeblichen Versuch das aktuelle Geschehen zu verfolgen, die Handlung des vorherigen Bonds zu rekonstruieren, und dabei auch noch zu atmen. Es geht jedoch temporeich und wirr weiter und man wird von Haiti über Österreich nach Bolivien auf der Jagd nach Quantum-Chef Dominic Greene (Mathieu Amalric) mitgeschleppt, Jetlags und Handlungswidrigkeiten zum Trotz. So far, so Bond.

Neu und scheinbar schmerzhaft für eingefleischte Fans ist nicht nur das völlige Fehlen von Q und seinen Gadgets sondern die ungewohnte Brutalität und Körperlichkeit Bonds. Bereits in Casino Royale verstörte dies so manchen. Doch die glamouröse Welt der Casinos entsprach noch dem gewohnten Bondprogramm und man pries Daniel Craig für seine Distanzierung von Pierce Brosnans Interpretierung der Rolle. Tatsächlich wird in Quantum of Solace noch mehr Wert auf athletische Körpereinsätze und fürs mitfühlende Auge schmerzhafte Nahkämpfe gelegt. Bond rast und hetzt von Kampf zu Kampf und scheint dabei mehr Leben und Sprungkraft zu haben als eine Katze. Wenigstens gibt es „Bondgirls“?oder? Zwei Damen stehen dem fast durchgängig ungerührt auftretenden Agenten zur Seite. Der britischen Agentin Strawberry Fields (sic!), sehr hölzern gespielt von Gemma Arterton, wird ein wenig inspirierter und relativ kurzer Auftritt als Pflichtbetthäschen gewährt. Kein Bond ohne Sex, noblesse oblige. Mit der sinnlichen Camille (Olga Kurylenko) jedoch verbindet den Agenten ausnahmsweise nichts Sexuelles, denn beide sind vom Wunsch nach kaltblütiger Rache für ihre Lieben getrieben. Dieser Handlungsstrang um Bonds angebliche Motivationen verläuft allerdings sehr flach und kann nicht wirklich überzeugen; kein Wunder bei der minimalistischen Darbietung Craigs.

Unabhängig von der ganzen Diskussion, wie authentisch James Bond noch ist, kann festgestellt werden, dass Quantum of Solace schlicht und ergreifend enttäuscht. Die Actionszenen wirken willkürlich platziert; die Charaktere schal und unglaubwürdig. Das sehr durchsichtige Spiel mit den Vorstellungen von Gut und Böse, das dem Zuschauer suggerieren will, dass nicht immer klar ist, wer die Schurken sind, erweist sich als sehr unbeeindruckend und nicht nachhaltig. Dieser Film ist weder Fisch noch Fleisch und von solcher Kurzlebigkeit dass man schon beim Abspann nicht mal mehr sagen kann, was genau passiert ist.

James Bond 007 – Quantum of Solace,
im Utopolis (Luxemburg),
Le Paris (Bettemburg) und
Prabbeli (Wiltz).


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