MALEREI: Überdreht

von | 08.10.2010

Roland Schauls ist in Luxemburg kein Unbekannter. Seine berühmteste Bildcollage bestehend aus 504 Porträts von Malern wie Dürer, über Rembrandt, bis hin zu Velazquez und Delacroix ziert den Innenhof des Centre Culturel de Rencontre Abbaye de Neumünster. In den Räumen der Galerie Clairefontaine hat er in den vergangenen Jahren mehrfach ausgestellt. Mit neuen Werken, einer Zusammenstellung aus rund 70 Arbeiten unter dem Titel „Pet Shop“, ist er dort wieder zu Gast.

In grellen Farben springen einem wiederkehrende Motive, Stilmittel und Figuren aus seinen Kohle-, Acryl- und Pastellgemälden ins Auge. Rotbackige Jungen mit rot verwischten Lippen, eine Katze im Arm, zerbrechliche Vögel, leer-lasziv dreinblickende Frauen, große Schuhe, scheinbar unbeteiligt nebeneinander sitzende Paare, Harlekins, spiegelverkehrte Kartenspielfiguren, die sich als optische Täuschungen herausstellen, oft ironisierte Umformungen und Umdeutungen kunstgeschichtlicher Motive, Künstlerkollegen vergangener Zeit wie Heilige überhöht oder als moderne Varianten von Musen.

Perspektivische Brüche und Verschiebungen des Fluchtpunktes kennzeichnen Schauls Bilder. Auch Gattungen und konventionelle Bildthemen vermischen sich in seiner Malerei: Landschaftsbilder, Stillleben, Interieurs und Figurenmalerei werden wild kombiniert. Zitate des Expressionismus meint man zu erkennen, die bedrohlichen Porträts Bacons kommen einem in den Sinn. Schauls selbst benennt die primitive und figurative Malerei des 13. Jahrhunderts als ein Ideal, aus deren Figuren und Szenen er seine Inspiration beziehe, Lorenzetti sei ein großes Vorbild. Antrieb seiner Arbeit sei „das Ausloten der Linien und Formen“, so der Luxemburger Künstler.

Seine räumlichen Konstruktionen wirken auf den ersten Blick harmonisch, stecken jedoch voller Unstimmigkeiten. Die collagenhafte Staffelung, die immer wieder durchbrochene Perspektive fordert die Reflexion des Betrachters heraus. Bisweilen bleibt Schauls skizzenhaft flüchtig, begnügt sich mit Andeutungen, spiegelt Paare im Stil von Spielkarten, verdreht und überdreht bewusst die gängige Wahrnehmung. In fast kreischenden Farben stellt er Kontraste gegenüber, poppiges Pink, strahlendes Rot und künstlich grasiges Grün leuchtet aus seinen Bildern. Seine Figuren bleiben oft rätselhaft verzerrt, etwa durch bewusste Überkonturierungen der Augen und Lippen. Unschuld, Einsamkeit und Vulgäres kommen zum Vorschein. Das Spiel mit der Wahrnehmung setzt sich in Schauls Bildern darin fort, dass er berühmte Persönlichkeiten entfremdet und verzerrt.

Die Auswahl seiner Motive wirkt reduziert, seinen Figurenkonstellationen begegnet man wieder und wieder. Das intensiv leuchtende Kolorit und die perspektivischen Brüche haben ihren Reiz, doch der Eindruck einer gewissen Monotonie stellt sich ein. Einige Bilder bleiben mit ihrer atmosphärischen Dichte und klugen Komposition jedoch im Kopf.

Roland Schauls „Pet Shop“ noch bis zum 20. November in der Galerie Clairefontaine?Espace 1?und 2.

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