„Bevor sie deutsch fühlen, sollten sie es lernen!“ Mit diesem wütenden Anwurf hatte der 1936 verstorbene Sprachkritiker Karl Kraus die Teutonen einst bedacht. Während frühvergreiste Sprachakrobaten wie der „Zwiebelfisch“ Bastian Sick dies nicht etwa als Aufforderung betrachten, ihren Landsleuten die Deutschtümelei publizistisch um die Ohren zu schlagen, sondern diese im Gegenteil mit inhaltsleeren Besserwissereien malträtieren, die zu allem Überfluss als unterhaltsam goutiert werden, kann man nun im Internet ein Gegenmittel finden. Denn die Österreichische Akademie der Wissenschaften hat sämtliche 922 Nummern der von Kraus herausgegebenen Zeitschrift „Die Fackel“ ins Netz gestellt. Auf rund 22.500 Seiten kann man kostenlos nachlesen, wie sich bei Karl Kraus die Dialektik von Form und Inhalt zu einer meisterlichen Polemik entfaltet, die aus der Sprache eine scharfe Waffe macht. Das musste nicht nur Karl Kraus‘ Zeitgenosse Imre Békessy erfahren, dessen Boulevardblatt Kraus mit seinen Artikeln buchstäblich aus Wien hinausjagte, nachdem er Opfer einer Schmierenkampagne Békessys geworden war. Auch die Freunde des Bonmots werden ihre Freude haben: Die Online-Lektüre, die sowohl im modernen Satz als auch im Faksimile möglich ist, wurde um die Möglichkeit der Volltext-Schlagwortsuche erweitert.
http://corpus1.aac.ac.at/fackel/
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