Türkische und luxemburgische Künstler stellen im Konschthaus beim Engel aus ? Werke mit einer eher dekorativen Herangehensweise.
Wer kennt sie nicht, die Postkarten, auf denen Personen je nach Blickwinkel angezogen oder nackt dastehen, Heilige mit den Augen zwinkern oder das Blumenarrangement auf der mintgrünen Spitzendecke zum Greifen echt erscheint. Die Rede ist von so genannten Lentikularen Drucken oder Bildträgern, die mittels Linsenrasterscheiben Effekte wie 3D-Raumbilder oder Wackelbilder erzeugen können – und die liebend gern zur Illustration von opulent-kitschigen Szenerien verwendet werden. Dieser Technik bediente sich auch der aus der Türkei stammende Künstler Mehmet Ferhan Tunçer in seinen großformatigen, dreidimensionalen Bildern, auf denen Ansichtsmotive wie etwa ein mit Muscheln übersäter Buckelwal zwischen einem Schwarm Möwen auftaucht oder barock verschnörkelte Türmchen mit Golddächern abgebildet sind.
Ferhan Tunçer gehört zu einem der sechs türkischen und fünf luxemburgischen Künstler, die zurzeit im Konschthaus beim Engel zu sehen sind. Wobei es einen gemeinsamen Nenner zwischen den Künstlern weder vom Sujet noch von der Technik her zu geben scheint, die von Ölgemälden, Skulpturen bis hin zu Fotos reicht. Außer, dass ein paar Werke sehr nach Hobbykunst aussehen: Einige könnten genauso gut als Kunstdrucke in der Bilderabteilung eines Baumarktes angeboten werden oder die Wände einer Zahnarztpraxis zieren. Etwa die Bilder in Spachteltechnik von Anne-Marie Grimler, die abstrakte Landschaften darstellen oder zerzauste Raben vor roten Farbfeldern. Genauso „aufregend“ sind die abstrakten Ölbilder vom luxemburgischen Künstler Remo Raffaelli, der verschiedene Varianten einer abstrakten roten Form auf beigem Hintergrund durchspielt. In naivem Stil sind die Ölgemälde der türkischen Künstlerin Günseli Toker, die mittels grober Pinselstriche Sänger und Gitarristen einer Jazzband gemalt hat.
Ein bisschen lebhafter sind die Fotos der türkischen Künstlerin Sevgi Yildizli. Die Fotografin, ausgebildet an der Nationalakademie der bildenden Künste in Istanbul, hat farbintensive Porträts von Roma- und Sintifrauen auf einem Wochenmarkt aufgenommen. Etwa eine Zigarette rauchende alte Frau mit einem Rosenbündel in der Hand oder eine Verkäuferin mit Kopftuch, die hinter einem Blumenberg sitzt. Dagegen entsprechen ihre geknipsten Sonnenuntergänge – durchaus gelungene Aufnahmen – wiederum mehr einer banalen Postkartenidylle. Insgesamt scheinen viele der ausgestellten Künstler eher einen rein dekorativen Anspruch zu haben. So auch die Fotoarrangements des Türken Hakan Kürklü, der Fotos thematisch auf einem Bildträger vereint hat, wie etwa verschiedene Türen von Istanbul oder unterschiedliche Gebäudeausschnitte eines türkischen Hamams.
Etwas aufgekratzter sind dagegen die Darstellungen von Murat Kürüz. Mit feinem Ölpinselstrich und zuckerbunten Farben hat er die türkische Gesellschaft in Form von Katzenwesen dargestellt. Das Ganze wirkt wie naive Illustrationen aus einem Kinderbuch. Bunt sind letztlich auch die Skulpturen von Tugrul Selçuk: Aus bemaltem Holz und teilweise Stacheldraht bestehend, stellen sie keimendes Saatgut dar und zwar nicht irgendeins – sondern „GMO seeds“.
Wie auch immer. Trotz der Vielseitigkeit an Exponaten und Kunstschaffenden ist die Ausstellung nicht wirklich ein Renner.
Zu sehen im Konschthaus beim Engel noch bis zum 21. September
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