PUNK: Provokation versus Predigt

Nach jahrzehntelang gesanglichem Schaffen und Auftritten ist Nina Hagen immer noch auf der Bildfläche und auf der Bühne. Die kuriose Künstlerin hat nun ihre Bestimmung in der Bibel gefunden und möchte dies dem Publikum nicht vorenthalten.

Nun hat sie auch noch Jesus gefunden … ob er wohl begeistert darüber ist?

Schrille Schreckschraube oder extrovertierte Exzentrikerin? Nina Hagens vielschichtige Facetten sind schwer zu deuten. Trotz allem, ihr Erscheinungsbild bleibt unverändert und unverkennbar: Dunkel umrandete Augen und rabenschwarz gefärbte Haare zu zwei Zöpfen geflochten und mit künstlichem Blumenwerk garniert, ganz zu schweigen von der gewöhnungsbedürftigen Garderobe, die jedem ins Auge sticht. Obwohl sie wie eine vergessene Puppe der 1980er Jahre wirkt und sich immer noch wie ein pubertierender Teenager aufführt, steckt sie stets viel eigensinnige, wenn auch unsinnige Kreativität in ihrer Musik – zwischen Punk, Rock und Pop – und in ihren Auftritten. Die Persönlichkeit Nina Hagen hat eine lange Karriere hinter sich, die immer weiter aufblüht anstatt zu verblühen.

Nina Hagen – mit bürgerlichem Namen Catharina Hagen – erblickte 1955 in Ostberlin das Licht der Welt und absolvierte nach einer Ablehnung seitens der Schauspielschule eine Ausbildung zur Sängerin. Mit ihrer ersten Band „Automobil“ trällerte sie den Kulthit „Du hast den Farbfilm vergessen“, der auch heute noch am häufigsten mit ihr assoziiert wird. 1976 emigriert sie aus der damaligen DDR nach Großbritannien, dem Mutterland des Punk, doch bald zieht es sie wieder zurück nach Deutschland. Diesmal in den Westen, wo sie Ende der 70er mit ihren beiden Alben „Nina Hagen Band“ und „Unbehagen“ die Charts stürmt. In den folgenden von „Sex, Drugs & Rock’n’Roll“ geprägten Jahrzehnten veröffentlicht sie weitere Alben und erreicht einen Bekanntheitsgrad über Deutschland hinaus. Die heutige junge Generation kennt die Wahl-Kalifornerin vor allem durch ihre Rolle der bösen Königin in einem Märchenfilm und als Jury-Mitglied einer Casting-Show für gesangliche Nachwuchstalente.

Doch Nina Hagen wäre nicht Nina Hagen, wenn sie nicht immer gut für eine Überraschung wäre. Und diesmal lautet die Überraschung „Personal Jesus“, ihr neues Album, das seit Mitte Juli in den Regalen der Plattenläden steht. Hier beschreitet die „Mother of Punk“ neue Wege zu Gott und würfelt Rocksongs, Gospels und Traditionals zusammen. Denn nach Jahren der Suche nach einem göttlichen Wesen im Hinduismus und Buddhismus, fand sie ihre Bestimmung schließlich in Jesus und ließ sich im August letzten Jahres taufen. Neuer Glaube bedeutet aber auch neues Image und das ist in der Umgestaltung ihrer Homepage mit Bibelsprüchen sichtbar.

Eine Ausnahmekünstlerin, die nicht nur als musikalisches Ausnahmetalent hervorsticht, sondern auch durch ihre Unverwechselbarkeit und Unnachahmlichkeit, macht nach über 15 Jahren wieder Station in Trier. „Du hast den Farbfilm vergessen“ wird sie wohl auch singen, diesmal aber lautet die Devise „Speicherkarte nicht vergessen“ um Nina Hagens Bibelstunde für kommende Generationen festzuhalten.

Nina Hagen und Band am 28. August Open Air in den Trierer Kaiserthermen und Specialact Kay Ray & The Spacecakes


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