GEMÄLDE: Auf hohen Wellen

Keinen Schiffsbruch erleidet die Villa Vauban mit ihrer neuen Gemälde-Ausstellung „Segeln was das Zeug hält“. Im Gegenteil: Es gelingt ihr viele Facetten eines einzelnen Sujets zu beleuchten.

Klein aber fein ist die neue Ausstellung „Segeln was das Zeug hält“, die zurzeit in der Villa Vauban zu sehen ist. Rund 90 Meisterwerke – großformatige Gemälde, Druckgraphiken und Zeichnungen – aus dem 17. Jahrundert, die aus internationalen Sammlungen zusammengetragen wurden, sind in der Villa ausgestellt. Dabei haben die Bilder eines gemeinsam: Die Seefahrt der Niederlande. Trotz der speziellen Thematik und des immer gleichen Motivs in ähnlichen Variationen, gelingt es den Ausstellungsmachern trotzdem durch eine pädagogisch gut aufgearbeitete Präsentation, Interesse zu wecken und das Thema unter vielen Aspekten zu beleuchten.

Diese oftmals dramatischen Seestücke rufen noch heute Gedanken an Abenteuer und Gefahr herbei. Aber, sie erzählen auch einiges über das politisch-soziale Leben des 17. Jahrhunderts. Im sogenannten „Goldenen Zeitalter“ waren die Niederlande eine wirtschaftlich aufstrebende Macht. Das erforderte viele Anstrengungen und kostete viele Menschenopfer – Matrosen, die nicht nur in den Seeschlachten und Eroberungen ums Leben kamen, sondern auch auf den langen Handelsrouten für die Ostindische und später Westindische Handelskompagnie. Die Gemälde zeugen von der wirtschaftlichen Bedeutung des Meeres und hier insbesondere des Fischfanges für den Alltag der Menschen, aber sie sind auch „Propagandabilder“ einer aufstrebenden Nation: Die Schiffe mit ihren reich verzierten Wappen am Heck und ihren Flaggen im Wind stehen als Metapher des Lebens und als Darstellung des Staates. Sie symbolisieren Nationalstolz und die Geschicke einer Nation, die sich im tosenden Meer gegen Feinde zu behaupten und in der Fremde zu orientieren sucht. Das aufgewühlte Wasser und die farbintensiven Wolkentürme unterstreichen dabei das Wagnis der Eroberer. Dagegen kann die stille See als Symbol des Friedens gedeutet werden.

Daneben verraten die Darstellungen, die oft sehr detailreich und mit feinem Pinsel gemalt sind, auch etwas aus dem Alltag des 17. Jahrhunderts. So erfährt der Besucher der Ausstellung etwa, dass viele Matrosen damals nicht schwimmen konnten, da es als schlecht für die Gesundheit galt. Man glaubte sich dadurch Krankheiten einzuhandeln. Auch zeugen die Bilder von der Instandsetzung der großen Holzschiffe, die gekalfatert werden mussten: Die Fugen des Holzrumpfes wurden mit Hanf und Teer wasserdicht verschlossen. Einige weitere Gemälde beinhalten Strandansichten und Küstenstreifen als Motive und erzählen vom damals schon vorhandenen Gegensatz zwischen Stadt und Land. Sie zeugen vom geschäftigen Treiben beim Entladen eines Schiffes oder beim Verkauf von Fisch. Thematisiert werden in der Ausstellung jedoch auch die Auswirkungen des Goldenen Zeitalters auf die Gesellschaft. So förderte der Handel in Übersee den Kunstmarkt. Es gab im 17. Jahrhundert zunehmend vermögende Bürger, die sich in prunkvoller Kleidung malen ließen. Aber auch Interieurszenen mit allegorischen Seestücken im Hintergrund – als Bild im Bild – waren als Motive beliebt. Die See fand außerdem ihren Einzug in das Bühnenbild der Theaterwelt: Ab 1665 wurden Wellenmaschinen zur Visualisierung des Meeres gebaut, bestehend aus drehbaren spiralförmigen Holzkonstruktionen. Ein in der Villa Vauban nachgebautes Bühnenbild vermittelt einen lebhaften Eindruck davon. Interessant ist der Blick des 17. Jahrhunderts auf die Welt: Viele Erdteile waren damals noch nicht erschlossen und die Kenntnisse waren zum Teil begrenzt – was zur Folge hatte, dass die Gemälde historisch, topographisch oder meteorologisch nicht immer exakt sind. So wirkt der gestrandete Wal von Cornelis Beelt (1640-1702) eher wie eine Mischung aus Robbe und Fisch. Beelt hatte wohl nie in seinem Leben einen Wal gesehen und musste sich auf die Erzählungen von anderen verlassen.

Insgesamt eine inspirierende Ausstellung, die die Gemälde zum Anlass nimmt historisch-soziale Kontexte der Vergangenheit zu thematisieren. Sogar Kinder kommen in dem eigens gestalteten Vermittlungsraum der Villa zum Zuge und können auf spielerische Art das Thema Seefahrt entdecken.

Zu sehen in der Villa Vauban noch bis zum 28. März 2011


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