Welche Bedeutung hat die Kunstbiennale in Venedig für Luxemburg? Diese und andere Fragen standen im Mittelpunkt eines Rundtischgesprächs der Galerie Beaumontpublic.
Vom 4. Juni bis 27. November 2011 ist es mal wieder so weit, dann hält die internationale Kunstausstellung „Biennale di Venezia“ zum 54. Mal ihre Tore geöffnet: Der Luxemburger Beitrag ist diesmal das Projekt „Le cercle fermé“ von Martine Feipel und Jean Bechameil, das vor rund einem Jahr von einer Jury ausgewählt wurde. Über die grundsätzliche Frage, ob die Teilnahme an der Biennale überhaupt sinnvoll ist, debattierten diese Woche der Direktor im Kulturministerium Bob Krieps, der Direktor des Mudam Enrico Lunghi, der künstlerische Direktor des Casino Jo Kox, der Kunsthistoriker Hans Fellner sowie der Kurator der diesjährigen Biennale, René Kockelkorn bei einem Rundtischgespräch, organisiert von der Galerie Beaumontpublic.
Seit 1995 hat das Casino mehrfach die logistische Vorbereitung der Teilnahme an der Biennale übernommen. Wie stets, gehört zum Aufgabenbereich auch dieses Mal, darüber zu wachen, dass das vom Kulturministerium vorgesehene Budget nicht überschritten wird. „Wir verfügen über das fixe Budget von 250.000 Euro, davon gehen 50.000 Euro für die Miete des Ausstellungsraumes drauf, die Ca’del Duca. Und der Rest dient den Künstlern für die Umsetzung ihrer Projekte“, erläutert Jo Kox. Persönlich ist er davon überzeugt, dass die Biennale für die Sichtbarkeit der Luxemburger Kunst und Kunstinstitutionen wichtig ist. Dem pflichtet auch der Direktor des Mudam, Enrico Lunghi bei.
Nach einer einmaligen Präsenz im Jahre 1956 nimmt Luxemburg seit 1988 regelmäßig an der Kunstschau in Venedig teil. Über die 80er und die abenteuerlichen Anfänge weiß Lunghi einiges zu berichten: 1988 konnten die Künstler Patricia Lippert und Moritz Ney noch auf einem kleinen Stand im italienischen Flügel ausstellen. 1995 gab es diese Möglichkeit nicht mehr, und es musste kurzfristig ein neuer Ausstellungsort gefunden werden. Der Künstler Bert Theis ergatterte schließlich ein provisorisches Plätzchen im Giardini. Erst nachdem das Kulturministerium in den folgenden Jahren das Budget aufgestockt hatte, bot sich – 1999 – die Gelegenheit, die Ca` del Duca zu mieten, einen Pavillon am Canal Grande, der auch dem Luxemburger Beitrag zur Architekturbiennale als Standort dient. „Am Anfang steckte das Ganze noch in den Kinderschuhen. Seit 1995 hat sich die Kunstszene jedoch erheblich professionalisiert“, stellt Lunghi fest. Diese Professionalisierung habe sogar dazu geführt, dass die Luxemburger Künstlerin Su-Mei Tse 2003 den Goldenen Löwen in Venedig gewann. Um diese Entwicklung nachzuzeichnen, plant das Mudam, im nächsten Jahr eine Ausstellung zu den 12 bisherigen TeilnehmerInnen der Kunstbiennale zu organisieren. Auch Bob Krieps zweifelt nicht die Bedeutung der Luxemburger Teilnahme an. Zwar sei Luxemburg ein kleines Land und könne deshalb nicht überall mitmischen, doch gelte Venedig – auch wenn die Kunstmesse inzwischen recht etabliert sei – als Referenz.
Die anwesenden Kunstkritiker hingegen verwiesen vor allem auf die fehlende Diskussion und den Mangel an Urteilskraft im Umgang mit Kunst. „Die Biennale ist ein Jahrmarkt der Eitelkeiten, vergleichbar mit dem Eurovision Song Contest“, kritisierte Hans Fellner. Deshalb liege es an jedem einzelnen Biennale-Besucher, in der Panoplie der Kunstwerke die 10 Prozent ausfindig zu machen, die wirklich interessant sind. Auch René Kockelkorn missfiel weniger die Teilnahme an der Biennale als vielmehr die mangelnde Diskussion über die Qualität der Exponate und das allgemeine Kunstniveau in Luxemburg. „Warum wurden gewisse Künstler ausgewählt und andere nicht, diese Diskussion findet nicht statt“, ereiferte er sich. Auch eine Kunstakademie in Luxemburg zu gründen, um die kritische Auseinandersetzung zu fördern, sei da keine Lösung. Da sind sich die meisten Teilnehmer einig: Damit füge man lediglich den vorhandenen Institutionen noch eine weitere hinzu.