CONGÉ ASSOCIATIF: Urlaub am Verhandlungstisch

Beruf und Ehrenamt unter einen Hut zu bringen ist nicht einfach. Luxemburger NGOs fordern deshalb einen Rechtsanspruch auf Urlaub für ehrenamtliche Verpflichtungen.

Die Ausübung eines Ehrenamts lässt sich heute bei weitem nicht mehr völlig auf die Freizeit beschränken. Wer als Aktiver einer freiwilligen Organisation seinen „Job“ ernst nimmt, muss an Sitzungen, Verhandlungen und Konferenzen mit Gremien hoher Beamter teilnehmen und seinen Urlaub angreifen, um am Verhandlungstisch dabeisein zu können. Doch wenn das Potential an Motivation, über das die ehrenamtlich Engagierten verfügen, auch unerschöpflich scheint ? das ihrer Zeit ist es leider nicht.

Aus diesem Grund fordert ein gutes Dutzend Luxemburger NGOs eine Stärkung des ehrenamtlichen Engagements. Durch die Einführung eines so genannten „congé associatif“ soll es den Mitgliedern freiwilliger Organisationen erleichtert werden, einen Spezialurlaub zu beantragen, um bei wichtigen Sitzungen und außerberuflichen Verpflichtungen präsent zu sein. Gerade im Jahr des „bénévolats“, zu dem das Jahr 2011 erkoren wurde, dürfe die Regierung ihre Unterstützung der NGOs nicht mehr auf allgemeine unverbindliche Erklärungen beschränken, sondern müsse endlich sichtbares Handeln folgen lassen, so die NGOs. Diese Forderung ist nicht unbegründet, denn es ist nicht das erste Mal, dass eine Stärkung der zivilgesellschaftlichen Organisationen verlangt wird. Eine von dem Abgeordneten Alex Bodry in Gang gebrachte Gesetzesinitiative ruht nun schon seit einem guten Jahrzehnt im grauen Akten-Nirgendwo. Auch er hatte bereits die Einführung eines „congé associatif“ gefordert. Im Oktober 2010 befasste sich dann der Staatsrat mit dem Gesetzesvorschlag Bodrys. Ein Anlass für die NGOs, die Chamber aufzufordern, nun ebenfalls tätig zu werden.

Die NGOs betonen, dass die Kooperation zwischen politischen Instanzen und ehrenamtlichen Organisationen in den letzten Jahren deutlich enger geworden ist, eine Entwicklung, die sie durchaus positiv bewerten. Um ihrer zivilgesellschaftlichen Rolle und Verantwortung gerecht zu werden und mit öffentlichen Instanzen auf einer Augenhöhe zu agieren, können sie es sich kaum erlauben, bei wichtigen Verhandlungen nicht vertreten zu sein. Die Mitglieder der NGOs befinden sich jedoch in der prekären Lage, dass sie ihre eigentliche Arbeitszeit für die außerberuflichen Aktivitäten aufwenden müssen, denn zwangsläufig findet der Großteil der wichtigen Sitzungen in dieser Zeit statt, da sie für die Staatsbeamten eben zum ganz normalen Arbeitsalltag gehören. Dasselbe gilt für die Teilnahme an Versammlungen auf europäischem Niveau, zu denen gerade die Regierung immer wieder auffordert, um den direkten Kontakt zwischen Zivilgesellschaft und europäischen Instanzen zu fördern. Das alles hat zur Folge, so die ONG, die den Aufruf initiierten, dass die Teilnahmeverpflichtungen oder -notwendigkeiten ihrer Delegierten bereits die vorhandenen Kapazitäten übersteigt.

In der Frage der Verhandlungen über die konkrete Gestaltung des „congé associatif“ geben sich die NGOs offen, solange gewährleistet sei, dass ein flexibles Instrument geschaffen wird. Sie zeigen sich jedoch gleichzeitig bereit, einen durchaus strengen Rahmen zu definieren, um jeglichem Missbrauch entgegenzuwirken.

Wichtig sei unter anderem, die aktuellen gesetzlichen Bestimmungen dahingehend zu ändern, dass auch die Teilnahme an Versammlungen im europäischen oder großregionalen Rahmen ermöglicht wird, und nicht nur an solchen, die in Luxemburg stattfinden. Auch die hierzulande beschäftigten Grenzgänger sollten in den Geltungsbereich des geforderten Gesetzes einbezogen werden, selbst wenn sie für nicht-luxemburgische Organisationen in ihrem Heimatland tätig sind.

Aktuell existieren zehn unterschiedliche „congé spéciaux“, wobei keiner dieser Spezialurlaube, die man als engagierter Jugendlicher, Sportler, Freiwilliger, Akteur in der Entwicklungshilfe oder im kulturellen Bereich, etc. beantragen kann, den gleichen zeitlichen und finanziellen Kriterien entspricht. Etwas Ordnung in diesem heillosen Durcheinander würde den Ehrenämtlern das Leben vielleicht schon etwas leichter machen.


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