Kulturkadaver 1

(cw) – Leider hört man nicht mehr viel von dem französischen Chansonnier Bernard Lavilliers – zu Unrecht, wie sein Aufritt in der Abbaye de Neumünster letzte Woche – unter freiem Himmel und mit einer exzellenten Lichttechnik-Show – zeigte: Der Sechzigjährige hat nichts von seiner Energie und seiner Authentizität verloren. Von den ersten Songs an hört man den „rôdeur“ heraus: „Ich wusste nicht, ob ich Gangster, Boxer oder Dichter sein würde“, hat er einmal, auf sein Leben rückschauend, gesagt. Lavilliers war Mitglied der kommunistischen Partei, wurde in Frankreich wegen Fahnenflucht inhaftiert und sang während der Studentenrevolution vom Mai 68 in besetzten Fabriken. Stets war er auf Reisen: Jamaika, New York, Brasilien …. Davon zeugen seine Songs, in denen Rock, Reggae, Salsa, Mambo usw. deutliche Spuren hinterlassen haben. So stand Lavilliers auch in der Abbaye de Neumünster gleich mit einem ganzen Orchester unterschiedlichster Musiker und Instrumente auf der Bühne – von verschiedenen Blechblasinstrumenten über Akkordeon bis hin zum Berimbau, dem Hauptinstrument des brasilianischen Kampftanzes Capoeira. Über dieser Vielfalt schwebte die dunkle Stimme von Bernard Lavilliers, die zuweilen an die Serge Gainsbourgs erinnerte. Auch textuell ist Lavilliers seinem Image eines Weltenbummlers, Abenteurers und Rebellen treu geblieben. Seine Texte, sowohl alte als auch neue Stücke aus seinem letzten Album „Causes Perdues“, sind zuweilen ironisch und oft kritisch, wenn sie das Schicksal der Flüchtlinge oder die harten Daseinsbedingungen eines Arbeiters behandeln; sie sind poetisch und melancholisch, wenn sie sich um die Liebe, die Einsamkeit und die Vergänglichkeit drehen, und bitter, wenn es um die Verführungen des Kokains geht. Gerade diese Vielseitigkeit bewirkt, dass Lavilliers immer wieder die Kurve kriegt und nicht so leicht in die Schublade „Chansonnier-Kitsch“ gesteckt werden kann. Kein Wunder also, dass es ihm letztlich gelang, alle Zuhörer von den Stühlen zu reißen und zum Mitsingen zu bewegen: „Nous étions jeunes et larges d‘épaules, Bandits joyeux, insolents et drôles, On attendait que la mort nous frôle, On the road again, again…“


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