LANDSBANKI-LIQUIDATION: Keine Wohltat

Die Landsbanki-Liquidatorin Yvette Hamilius wehrt sich gegen Vorwürfe, illegale Machenschaften der aufgelösten Bank fortzusetzen.

Auf den ersten Blick sind „equity release loans“ eine feine Erfindung des Finanzkapitalismus. Wer im Besitz einer Immobilie ist, belegt diese mit einer Hypothek und lässt sich von seiner Bank einen zinsgünstigen, da abgesicherten Kredit ausstellen, den er eigentlich nicht oder nur teilweise braucht. Ein Teil des Kredits wird bar ausbezahlt und kann für die angenehmen Dinge des Lebens ausgegeben werden. Der Rest wird in Finanzprodukte investiert, die eine höhere Rendite versprechen, als die Rückzahlung des Gesamtkredits abverlangt – geschickte Berater werden schon das Passende finden.

Solche durchaus legalen Finanzprodukte vermittelte bis Oktober 2008 die hiesige Filiale der isländischen Landsbanki, ein Luxemburger Finanzinstitut, das im Dezember 2008 durch Gerichtsbeschluss liquidiert wurde. Einer seiner prominenten Kunden war der französische Sänger Enrico Macias, der seine millionenschwere Villa beliehen hatte und mittlerweile mit 43 Millionen bei der Landsbanki in der Kreide steht. Es gibt auch weniger prominente KundInnen, mit bescheideneren Krediten, die sich auf diese Art und Weise ein Zubrot verdienen wollten. Vor allem in Frankreich und Spanien.

Als Landsbanki Luxemburg 2008 in Folge der Pleite des isländischen Mutterhauses zahlungsunfähig wurde, bekamen die KundInnen Post von Yvette Hamilius, der Liquidatorin. Die Kredite wurden gekündigt, die Rückzahlung samt Zinsen eingeklagt. Ein durchaus normales Vorgehen, wie die Luxemburger Anwältin und ihr Verteidiger Rosario Grasso auf einer Pressekonferenz beteuerten. „Die Liquidierung einer Bank ist keine Wohltätigkeitsveranstaltung“, so der Strafrechtler Grasso, der seine Mandantin in mehreren Verfahren vertritt, die gegen sie von „Opfern“ der Landsbanki angestrengt worden sind. Inzwischen ist ein weiteres Verfahren dazu gekommen: Diesmal ist es Hamilius, die ihre Prozessgegner und deren Anwälte wegen Verleumdung belangt. Die gegen sie angestrengten Prozesse hätten als alleiniges Ziel, bessere Konditionen bei der Rückzahlung der ausstehenden Kredite zu erreichen.Grasso und seine Mandantin gehen in die Offensive, nachdem dieser öffentlich unrechtliches Handeln bis hin zur Hehlerei vorgeworfen wurde. Mit ihrem Verlangen nach Rückzahlung der Kredite führe sie die illegalen Praktiken der Landsbanki fort. Viele Betroffene erklären sich zu einer Rückzahlung außerstande, da ihre Investitionen infolge der Krise zu großen Teilen wertlos geworden seien.

Spekulieren auf Pump

Dass es illegale Praktiken bei der Landsbanki Luxemburg gab, ist bislang nicht erwiesen – anders als beim Mutterhaus in Island. Doch Hamilius sieht sich an ihren Auftrag gebunden: Das Gericht hatte verlangt, zunächst alle Aktiva – also alle Ansprüche der Landsbanki gegenüber Dritten – in liquides Geld umzuwandeln um damit all jene, die berechtigte Ansprüche an die Bank hatten, auszubezahlen. Die Operation scheint soweit gelungen, denn alle berechtigten Gläubiger (aber nicht das Mutterhaus in Island) konnten zu hundert Prozent befriedigt werden. Entgegenkommen wurden auch gegenüber den „equity release loan“-Kunden geübt: Sie brauchen lediglich den bar von der Landsbanki ausgezahlten Betrag – samt Zinsen – zurückzuerstatten. Dennoch dürfte es unter ihnen etliche geben, die, um auch dieser beschränkten Verpflichtung nachkommen zu können, ihr Haus verkaufen müssen. Und da in Spanien der Immobilienmarkt zusammengebrochen ist, wird es wohl auch damit nicht getan sein.

Dass Hamilius keine Schuld an diesen Schicksalen trägt, ist allein dem Rechtsgrundsatz zu verdanken, dass niemandem, der in Übereinstimmung mit einem Urteil handelt, daraus ein Strick gedreht werden kann. Doch bleibt die Frage, ob nicht – zumindest in Einzelfällen – die Landsbanki-Konstruktion durch bewusste Irreführung Menschen in den Ruin getrieben hat. Die hiesige Bankenaufsicht hat Hamilius eine gute Arbeit bescheinigt, weil die Gläubiger zufriedengestellt werden konnten. Die jetzt in Frankreich und in Spanien zu den Rückzahlungen anstehenden Prozesse können sich aber durchaus noch über ein Jahrzehnt hinziehen. Keine besonders gute PR für den hiesigen Finanzplatz.


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