Bausch Andy: Back in Luxemburg

Wer dieser Tage durch „Déifferdéng“ spaziert, könnte auf den Pionier der Luxemburger Filmgeschichte treffen: Andy Bausch dreht in der Minettstadt seinen neuen Film „Le club des chômeurs“.

Andy Bausch: „Ech erziele gär Geschichten, déi a mengem Land passéieren.“
Foto: Christian Mosar

Das Setting fürs Interview passt gut: Auf der improvisierten Terrasse eines Bistros in Differdingen schmeckt das kühle Bier nach einem anstrengenden Tag. Neben mir sitzt Andy Bausch, im altbekannten Look. Um uns herum der übliche Feierabendverkehr. Die Zeit läuft, denn die Filmcrew ist schon startbereit fürs Fußballtraining. Wie bitte? Klar, nicht um Tore, sondern um einige Bilder am Tatort zu schießen.

Der erste luxemburgische Regisseur und Autor, der den Sprung ins internationale professionelle Filmgeschäft wagte, arbeitet hinter den Kulissen mit einem bunt gemischten, internationalen Filmteam zusammen, um seinen neuesten Herzensfilm zu drehen. Der Film selbst wird echt luxemburgisch: Autor, Regisseur, Produzent, Schauspieler, Musiker stammen allesamt aus Luxemburg, Geschichte und Drehort sind im tiefsten Süden des Landes verankert.

Aber zuerst spulen wir den Karrierefilm zurück, um von Andys Anfängen zu hören. Ein bisschen Nostalgie muss sein. Als Autodidakt kam er über die Rockmusik zum Film, wollte eigentlich Musiker werden. Andy wechselte aber nach einigen erfolglosen Versuchen am Schlagzeug zur Kamera über, um seine musizierenden Kollegen aus dieser Perspektive zu begleiten. Festivals, Konzerte, später dann Sketche mit Schulfreunden wurden auf 16mm-Film eingefangen.

Dass er keine halben Sachen macht, zeigt sein frühzeitiges Engagement für den Film: Du kanns jhust eppes machen, wanns de et carrément als Beruf mechs, aanescht geet et nëtt. Und im Gespräch stellt sich immer mehr heraus, dass nicht nur ein äußerst professioneller, sondern ein sehr gewissenhafter Filmemacher und Geschichtenerzähler neben mir sitzt, der die Liebe zum Detail pflegt.

Die einheimische Filmkultur pflegen

Als Autor schreibt er gerne Geschichten, die in seinem Land passieren. Projekte gibt es genug. Ja, er würde gerne öfters in Luxemburg drehen, wäre da nicht die finanzielle Abhängigkeit. Luxemburger Filme lohnen kommerziell nun mal nicht, sind aber eine wichtige Kunstform, die nicht aussterben darf. „E Land daat keen eegene Kino huet, ass armséileg a sénger Kultur.“ Es reiche nicht sich mit fremden Federn zu schmücken und Geld hauptsächlich in ausländische Produktionen zu stecken, meint Andy, man müsste mehr Vertrauen in die Luxemburger Kunstszene allgemein investieren. Immerhin: auch kleinere Länder wie Dänemark und Island haben ein großes, lebendiges, eigenes Kino. Diese einheimische Filmkultur zu pflegen, liegt ihm besonders am Herzen. „Ech wëll Lëtzebuerg weider vermëttelen.“ Seine Geschichten spielen bewusst in Kreisen, die oft ignoriert werden, aber dennoch zum Land gehören: Arbeitslose; Kriminelle, eher die schwarzen Schafe in der Gesellschaft stehen im Mittelpunkt. „Fir mech ass daat en Deel vu Lëtzebuerg dee genee sou stark do ass wéi d’Bankentum. Et gett hei nett nëmme Kirchbierg a Boulevard Royal.“

Andy bezeichnet „Le club des chômeurs“ als comédie dramatique. Der Titel erinnert an englische Filme wie „Brassed off“ und „Full Monty“, die das Überleben ehemaliger Industriearbeiter schildern. Independent Regisseure wie Ken Loach, Mike Leigh, und ihre subtilen sozialen Studien des Arbeitermilieus interessieren ihn besonders, sie könnten ebenso gut im Minett spielen.

23 Drehtage stehen Andy mit seinem Team in Differdange zur Verfügung, das ist sehr kurz. „Du muss duerchbotteren“. Umso wichtiger ist die Vorbereitung. Mit den Schauspielern wurden Probeeinstellungen gedreht, damit die Richtung klar ist und es für niemanden böse Überraschungen gibt. Und ein Blick ins ausgefeilte Storyboard zeigt, dass jede Einstellung detailliert in Wort und Strich festgehalten ist. Gerne dreht mal der Grafiker in Andy ein bisschen durch, so wie auch der Musiker dann wieder zum Vorschein kommt, wenn es um die Planung der Filmmusik geht. Hier liefern Serge Tonnar und weitere Rockbands des Landes den richtigen Sound.

Seinem Stil treu bleiben

Autor und Regisseur von Kinofilmen, damit ist die Palette von Andy Bausch noch nicht komplett. Die eigene Produktionsfirma erleichtert kleinere Arbeiten, wie unter anderem Dokumentar- und Publizitätsfilme in Luxemburg. Eine Dokumentation über den verstorbenen Fred Junck, „L’homme au cigare“ der Cinémathèque municipale, ist ein nächstes Projekt.

Dann gibt es noch den besonderen Bezug zu Deutschland: dort übt er quasi seine zweite Karriere aus, als Regisseur für Fernsehproduktionen. Dies bedeutet eine ganz andere Art von Arbeit, die viel technischer ist. Filmhandwerk pur sozusagen, denn das Szenario stammt aus fremder Feder. Aber: wer einen biegsamen Regisseur sucht, der auf Kommando dreht wie es gerade gebraucht wird, ist bei Andy Bausch ganz sicher an der falschen Adresse. „Ech hun e Stil, eng Sprooch.“ Trotz der Bewunderung für neue, innovative Filmsprachen einiger Regisseure, bleibt Andy sich und seinem Stil treu, den er eher als klassisch, nostalgisch bezeichnet, ganz im Sinne der alten Meister Orson Welles und John Ford.

Am Schluss noch das Allerwichtigste: Ehefrau Rike und die beiden Kinder sind Mittelpunkt in Andys Leben. Familie, Partnerschaft haben den Blickwinkel des einstigen Troublemakers geöffnet für sensiblere, zwischenmenschliche Themen, was sich in neueren Werken zeigt. „Ech sin en Typ, ech si wahrscheinlech e Macho oder esou. Awer ech hu keng Angscht méi virun sou Themen.“


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