INDIEROCK: Der Magier

J. Mascis Name ist wahrscheinlich den wenigsten ein fester Begriff – trotzdem würde die Pop-Musik ohne ihn heute wohl sehr anders klingen. Die Rockhal hat einen der letzten Indie-Magier eingeladen.

Indie-Rockfans sollten sich schon mal warm anziehen für J. Mascis.

Es scheint wohl so, als gingen der Rockhal so allmählich die Stars der 1960er, 1970er und 1980er für ihre Planungen aus. Wie sonst ist es zu erklären, dass knapp einen Monat, nachdem Ex-Sonic Youth Mitglied Thurston Moore das Publikum begeisterte, nun eine weitere Ikone der 1990er die Bühne besteigen wird? Es ist zwar nicht das erste Mal, dass J. Mascis im großherzoglichen Rockinstitut gastiert, aber im Vergleich mit seinem letzten Auftritt – unter dem Banner seiner legendären Band Dinosaur Jr – kann das Publikum sich diesmal auf eine viel intimere Show des melancholischen Indie-Guitar-Heros freuen.

Seine bemerkenswerte Karriere startete Mascis zu Beginn der 1980er Jahre, damals noch als Drummer einer Hardcore-Band namens Deep Wound. Die Band war aber schon nach kurzer Zeit Geschichte, sodass er später mit seinen Kumpels Murph und Lou Barlow Dinosaur Jr aus der Taufe hob, aber diesmal als Frontmann an Gitarre und Gesang. Trotzdem sollte diese erste Episode J. Mascis sehr prägen: Auf späteren Dinosaur Jr und auf Solo-Alben hat er nicht selten (fast) sämtliche Instrumente selbst eingespielt. Der Nachteil daran ist sicherlich, dass jemand, der alles kontrollieren kann, das irgendwann auch ausnutzt. Was seinen Mitstreiter Lou Barlow Ende der 1990er Jahre dazu veranlasste, die Band zu verlassen, um mit Sebadoh selbst Indie-Musikgeschichte zu schreiben. Dinosaur Jr spielt seit 2005 Jahren wieder sporadisch in ihrer Original-Besetzung.

Und so verwundert es nicht, dass J. Mascis relativ früh begann, auf eigenen Pfaden zu wandeln. Zuerst im Jahre 2005 unter dem Namen „J. Mascis and the Fog“ – wahrscheinlich eine Anspielung auf die Stadt Foggia in Apulien, aus der seine Mutter stammt. Später auch nur unter seinem eigenen Namen – wie bei den beiden Alben „Several Shades of Why“ (2011) und dem kürzlich herausgebrachten „Tied to a Star“.

Zwei Dinge machen J. Mascis Stil unverwechselbar. Zum ersten seine nasale, nölige Stimme – von manchen mit der von Neil Young verglichen -, mit der er seine oft tieftraurigen Texte so leise ins Mikrophon haucht, dass die meisten Live-Tontechniker Alpträume kriegen. Und zweitens natürlich sein Gitarrenspiel: Obwohl weder er noch seine Bandkollegen jemals in Sonic-Youth-artige Noisegefilde eindrangen, behauptet es sich stets in einem Wechselspiel von Harmonie und Disharmonie. Hinzu kommt seine sicherlich einzigartige Weise, den Einsatz der Solo-Gitarre über die Jahrzehnte hinweg zu retten. Der Rolling Stone meinte sogar, J. Mascis sei der einzige Mensch auf der Welt, dem noch erlaubt sein sollte, Gitarrensoli zu spielen. Und Recht haben sie, denn so wie er die Solokeule schwingt, entspricht in keiner Weise den gängigen Standards seiner Kolleginnen und Kollegen aus den Blues-, Rock- und Metalsparten. Unnachahmlich entlockt er dem Instrument einen mäandernden instrumentalen stream of consciousness, der abgehoben vom Kontext des Songs, seine eigene Geschichte erzählt.

Unentschlossene sollten sich die Gästeliste von Mascis letztem Album reinziehen: Neben Cat Power finden sich da auch Pall Jenkins von The Black Heart Procession und Mark Mulcahy wieder.

Am 3. Dezember in der Rockhal.

 


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