MALEREI: (T)räumliche Wahrnehmung

von | 02.01.2014

Tina Gillens Einzelausstellung in der Galerie Nosbaum & Reding zeigt eine überschaubare, doch für die Luxemburger Künstlerin prototypische Auswahl ihres Werks.

Es sind Postkartenmotive wie Segelboote, Familienhäuser, Fahnen oder Landschaften wie die einer entrückten Bergwelt, die Gillens Werk bestimmen. Den Mittelpunkt bilden meist gegenständliche Elemente, deren Kontext ins ortlose reduziert oder flächig verschleiert wird. In ihren farbkräftigen Arbeiten – Acryl oder Ölfarbe, vereinzelt auch Siebdrucktechnik – werden diese figurativen Motive in nahezu grafischer Weise betont. Zugleich lotet die Malerin Bildräume aus und spielt mit den verschiedenen Bildtiefen und Ebenen. Mitunter entsteht so ein 3D-Effekt, meint der Betrachter in ihre Bilder regelrecht hineingezogen zu werden.

Ausgehend von Eindrücken von Reisen, Postkartenmotiven, Nachrichtenbildern oder Fotografien hält Gillen diese in ihren Bildern fest und konstruiert daraus ihre eigene(n) Welt(en). Beim Versuch, Situationen von einem fotografischen Ausgangspunkt nachzubilden, löst sie die Bildelemente bei ihrer Komposition nur teilweise auf, sodass die Darstellungen immer kenntlich bleiben. So harmlos und eingängig ihre Bilder auf den ersten Blick wirken, so rätselhaft und manchmal bedrohlich wirken sie auf den zweiten. Denn Gillen zeigt mit ihrer metaphorischen Bildsprache die Spannung zwischen Natur und Städtebau. Obwohl fast alle ihre Bilder menschenleer sind, bleiben in ihnen menschliche Spuren zurück. Durch die Nichtanwesenheit in den Gebäuden und Landschaften wird die prekäre Präsenz des Menschen in den Kopf des Betrachters geholt. Die Natur erscheint in ihrer Malerei mitunter als vom Menschen gezähmt und gegeißelt.

So scheint es, als ob Gillen die Zeit einfrieren und einen Raum schaffen will, in dem der Betrachter sein Dasein hinterfragt. „Vielen meiner Bilder liegt eine Melancholie zugrunde“ sagt die Künstlerin, über die Yann Tonnar zusammen mit ihren KollegInnen Catherine Lorent, Marco Godinho und Jean-Marie Biwer im vergangenen Jahr den Dokumentar-Film „Atelier Luxembourg“ gewissermaßen über die Avantgarde der zeitgenössischen Kunstschaffenden drehte, über ihre eigenen Arbeiten.

Die 1972 in Luxemburg geborene Künstlerin kann in der Tat auf eine steile Karriere zurückblicken. Von 1992 bis 1996 studierte sie angewandte Kunst in Wien, absolvierte im Anschluss ein postgraduierten Studium in Antwerpen und hatte 2007 im Rahmen des „international studio & curatorial program“ (ISCP) in New York eine Künstlerresidenz inne. Heute lebt und arbeitet sie in Brüssel, ihre Werke wurden im „Casino Luxembourg“ und im „Musée d’Art Moderne Grand Duc Jean“ ausgestellt, für das sie 2012 ein Panorama-Gemälde anfertigte, das mit der Architektur des Gebäudes spielt. Ihre Werke hängen aber auch in Museen und Galerien in Brüssel, Löwen und vereinzelt auch in deutschen Galerien.

Kaum ein Titel könnte ihre Werkserie in der Galerie Nosbaum & Reding, wo die renommierte Luxemburger Künstlerin nun bereits zum siebten Mal ausstellt, besser beschreiben, als „Real to Reel“. Aus einer räumlichen Wirklichkeit schafft Gillen ihre eigene transzendentale. Irgendwo im Nirgendwo.

Noch bis zum 11. Januar im Espace Corniche in der Galerie Nosbaum und Reding.

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