Auf Netflix: Da 5 Bloods

In „Da 5 Bloods“ thematisiert Spike Lee einen wichtigen Aspekt Schwarzer Geschichte. Der Film leidet allerdings unter einem Themenüberfluss und einem unvermittelten Tonwechsel.

„Da 5 Bloods“ kombiniert Traumabewältigung mit einer Schatzsuche. (Copyright: Netflix)

Wer nichts über die Handlung von „Da 5 Bloods“ weiß, könnte zunächst denken, dass es sich um einen Dokumentarfilm handelt. In den ersten Minuten werden nämlich Fotos und Videoaufnahmen eingeblendet, die in den 1960er- und 1970er-Jahren entstanden sind: Politische Reden, Demonstrationen, Gewaltexzesse. Roter Faden dabei ist die Position Schwarzer Menschen in den Vereinigten Staaten und ihre Beteiligung an amerikanischen Kriegseinsätzen. Zur Zeit des Vietnamkriegs machten Schwarze 11 Prozent der US-amerikanischen Bevölkerung aus, bei den Soldaten jedoch 35 Prozent aus. Sie riskierten ihr Leben für ein Land, das sie schon immer als Bürger zweiter Klasse behandelt hatte.

Mit diesen Bildern setzt Regisseur und Co-Autor Spike Lee den Kontext seines kürzlich auf Netflix veröffentlichten „Da 5 Bloods“. Die Erzählung beginnt im gegenwärtigen Vietnam: Die Schwarzen Kriegsveteranen Paul (Delroy Lindo), Otis (Clarke Peters), Eddie (Norm Lewis) und Melvin (Isiah Whitlock Jr.) sind gemeinsam nach Ho-Chi-Minh-Stadt gereist. Zuletzt hatten sie diese Stadt vor 45 Jahren als Soldaten gesehen. Die Erzählung springt immer wieder in die Vergangenheit und zeigt so, wie die Kriegserfahrungen diese vier Männer zusammenschweißten. Ursprünglich waren sie zu fünft: Ihre Reise soll ihnen Gelegenheit geben, von ihrem damals gefallenen Freund und Mentor Norman (Chadwick Boseman) richtig Abschied zu nehmen.

Im Film wird die vietnamesische Bevölkerung als immer noch durch die Kriegsvergangenheit geprägt gezeigt. Besonders eindringlich ist eine Szene, in der die Protagonisten von einem Straßenhändler aufgefordert werden, ihm ein Huhn abzukaufen, als Wiedergutmachung für die Ermordung seiner Eltern durch amerikanische Soldaten. Paul und Co. sind aber nicht nur nach Ho-Chi-Minh-Stadt gereist, um Frieden mit ihrer Vergangenheit zu schließen: Ein weiteres Ziel ist auch, das Gold wiederzufinden, das sie damals nach einer Attacke gestohlen und im Urwald vergraben hatten.

In „Da 5 Bloods“ geht es um Trauma, Trauer, Freundschaft, Altwerden, Vaterschaft und Vergangenheitsbewältigung. Der Film will zugleich Kriegsdrama, Buddykomödie, Abenteuerfilm und Thriller sein. Trotz seiner imposanten 155 Minuten Laufzeit wirkt er dadurch heillos überfüllt und spätestens ab der 90. Spielminute, wenn „Da 5 Bloods“ sich unvermittelt zu einem gänzlich anderen Film entwickelt, nimmt die Qualität deutlich ab. Manche Szenen wirken ungewollt komisch, zahlreiche Dialoge künstlich und repetitiv, und auch Spannung will nicht so recht aufkommen. Angesichts der historisch und popkulturell selten thematisierten Schwarzen Perspektive auf den Vietnamkrieg, umso bedauerlicher.

Der Film ist dann am mitreißendsten, wenn Lee die Verbindung zwischen Vergangenheit und Gegenwart, Sklaven und Schwarzen Soldaten verdeutlicht. Auch der Wechsel zwischen Widescreen für die Gegenwartsszenen und einem 16mm-Format für die Flashbacks ist gelungen. Die vereinzelten Referenzen auf Francis Ford Coppolas Apocalypse Now (1979) dürften zudem bei Filmbegeisterten für Gänsehaut sorgen.

„Da 5 Bloods“ ist ohne Zweifel ein sehenswerter Film. Wer ob der vielen Schwächen dennoch Bedenken hat, dürfte mit Lees oscarprämiertem „BlacKkKlansman“ (2018) besser aufgehoben sein. Diesem ist zwar vorzuwerfen, dass er Rassismus auf einen Kampf zwischen Rechtsextremen und dem Rest der Bevölkerung reduziert, doch ist hier die Vermischung von verschiedenen Tönen und Themen wesentlich besser gelungen.

Auf Netflix.

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