Auf Vimeo: Got Game?

Der auf Vimeo veröffentlichte Kurzfilm „Got Game?“ nutzt den Schauplatz einer Sexparty in L.A., um Themen rund um Einsamkeit und zwischenmenschliche Verbindung zu thematisieren.

Beim Warten auf ihren Uber-Fahrer ist Khudeja noch voll „power“. (Fotos: hddn_pool)

Auf den ersten Blick scheint der Inhalt von „Got Game?” herzlich wenig mit der aktuellen Krisen-Gegenwart zu tun zu haben. Immerhin geht es um zwei Frauen, die ihren Abend auf einer Sexparty in Los Angeles verbringen. Schauplatz ist eine Privatwohnung mit Garten und Pool. Die meisten der rund 50 Anwesenden sind auf unverfängliche sexuelle Erfahrungen aus. Körperliche Nähe, Austausch von Körperflüssigkeiten mit fremden Menschen – als „Got Game?” gedreht wurde, alles noch Selbstverständlichkeiten. Umso erstaunlicher, wie nah der Film dann doch an der aktuellen Realität dran ist.

Erzählt wird aus der Perspektive von Khudejha (Kausar Mohamed). Es scheint das erste Mal zu sein, dass sie auf eine Sexparty geht, sie wirkt nervös und muss sich von ihrer Freundin Natasha (Aasia LaShay Bullock) erklären lassen, wer auf der Party „off limits“ und wer „too weird to have sex with“ ist. An welchen Kriterien Natasha diese Unterteilung festmacht, ist zwar unklar, doch verdeutlicht die Interaktion, wer von den beiden die Erfahrenere ist. Schon nach wenigen Minuten wird Khudejha auf eine Frau aufmerksam. Sie kämpft sich durch eine Menschentraube, wimmelt einige Interessierte ab – um sich anschließend nervös kichernd zum Affen zu machen und eine schmerzhafte Abfuhr zu erhalten. Spätestens ab da ist klar, dass „Got Game?“ weniger ein Film über Sex als vielmehr über Isolation ist. Erinnert an die aktuelle Situation wird man als Zuschauer*in insofern, als das ganze Szenario mehr Ähnlichkeiten mit einsamem Tinder-Swiping als mit feucht-fröhlichen Abenden in interessanter Gesellschaft hat. So körperlich nah Khudejha anderen Menschen auf dieser Party auch kommt, stets ist da eine unsichtbare Wand, die sie von ihrem Umfeld isoliert.

Dieser Eindruck wird durch den Rückgriff auf Videospiel-Ikonografie verstärkt. Zunächst erinnert das eingeblendete Fenster, das Khudejhas Pegel bezüglich „Power“, „Thirst“ und „Defense“ anzeigt, an Folgen der Sci-Fi-Serie „Black Mirror“. Anders als es in letzterer aber der Fall wäre, ist die Leiste nicht für Menschen innerhalb des Kurzfilms sichtbar: Ihr einziger Zweck besteht darin, den Zuschauer*innen mehr Infos über den psychischen Zustand der Protagonistin zu geben. Vor allem die „Power“-Leiste erweist sich als aufschlussreich, visualisiert sie doch, welche noch so unscheinbaren Interaktionen am Wohlbefinden der Protagonistin zehren und wie kleine Erfolgserlebnisse ihre Batterien wieder aufzuladen vermögen. Zunächst sind es nicht offensichtliche Aspekte wie Zurückweisung auf der Party, die sie herunterziehen, sondern der subtile Rassismus, den ihr der Uberfahrer auf der Hinfahrt entgegenbringt. Im Laufe des Films kann immer wieder beobachtet werden, wie die drei Ebenen der Leiste sich zueinander verhalten: sinkt „Power“, steigt etwa in manchen Fällen gleichzeitig „Defense“. Das Stilmittel verdeutlicht, wie viel zu jedem Moment in Khudejha vorgeht, ohne dass auch nur irgendjemand etwas davon erahnt.

Die Videospiel-Ästhetik wird aber auch auf andere Weise bedient, etwa beim Einblenden des Filmtitels oder wenn Bananen- oder Schildkrötenpanzer-Symbole die Sexparty-Besucher*innen markieren, an denen Khudejha nicht interessiert ist. Erst nachdem sie unzählige negative Interaktionen hinter sich hat, trifft Khudejha auf eine Gleichgesinnte, Ashley (Natasha Forouzannia). Auch sie ist auf der Suche nach einer zwischenmenschlichen Verbindung, doch es sind nicht Flirts und Zungenküsse, die dieses Bedürfnis zu stillen vermögen.

Viel Handlung enthält „Got Game“ nicht. Der Film ist in erster Linie ein Einblick in den Gefühlszustand eines Menschen. Dass es uns so leicht fällt, uns trotz dreizehn Minuten Filmdauer und weniger Dialogzeilen in Khudejha hineinzuversetzen, zeugt vom Talent der Drehbuchautorin Fatimah Asghar. Diese hat in der Vergangenheit bereits mit der Webserie „Brown Girls“ und dem Gedichtband „If They Come for Us“ auf sich aufmerksam gemacht. Man darf auf weitere Projekte von ihr gespannt sein.

Auf Vimeo.

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