Italien
: Komplizenschaft durch Gleichgültigkeit

In Italien wird nach dem brutalen Mord an Sara di Pietrantonio durch ihren ehemaligen Freund erneut über Feminizid diskutiert. Doch Programme gegen Gewalt an Frauen werden vernachlässigt und einigen Schutzeinrichtungen droht gar die Schließung.

„Sara non sarà“ (Sara wird nicht dabei sein): Mit paarweise angeordneten roten Schuhen wurde Anfang Juni in Rom und anderswo des Mordes an Sara di Pietrantonio und anderer Frauen durch ihre (Ex-)Partner gedacht. (Foto: Internet)

„Sara non sarà“ (Sara wird nicht dabei sein): Mit paarweise angeordneten roten Schuhen wurde Anfang Juni in Rom und anderswo des Mordes an Sara di Pietrantonio und anderer Frauen durch ihre (Ex-)Partner gedacht. (Foto: Internet)

Sonntagfrüh um vier Uhr herrscht wenig Verkehr auf der Via della Magliana. Monotone Wohnviertel säumen die kaum beleuchtete Ausfallstraße durch die staubig-schmutzige östliche Peripherie Roms. Aufgrund der Videoüberwachung anliegender Gebäude lässt sich jedoch erkennen, wie viele Autos am letzten Maiwochenende noch unterwegs waren und mit ihren Scheinwerferlichtern möglicherweise eine junge Frau erfassten, die um ihr Leben kämpfte. mehr lesen / lire plus

Emanzipation
: Der Staat als Feministin?

Die Programme nicht weniger europäischer Regierungen scheinen nicht zuletzt von feministischen Forderungen geprägt. Ein neues Buch wirft einen kritischen Blick auf diesen vermeintlichen Erfolg.

1372PolBuch1Gesetzlich garantierte Kitaplätze, 
verpflichtende Frauenquote in Aufsichtsräten, familienfreundliche Arbeitszeiten: Die familienpolitische Agenda so mancher europäischen Gesellschaft liest sich wie eine abgearbeitete feministische To-do-Liste. Die in Deutschland lebenden Autorinnen Lilly Lent und Andrea Trumann, die sich nach eigener Darstellung seit ihren Kindertagen über die Zwänge ärgern, die die Zuschreibungen von Weiblichkeit und Männlichkeit insbesondere im Hinblick auf die Reproduktionstätigkeiten mit sich bringen, nehmen verwundert zur Kenntnis, dass nicht nur in der Bundesrepublik „der Staat die Feministin spielt“.

Doch welche weibliche Unabhängigkeit und Autonomie wird hier gefördert? mehr lesen / lire plus

PränatalDiagnostik
: Das Kind wollen, 
das man wollen soll


Mit der vorgeburtlichen Untersuchung von Föten werden durchaus fragwürdige gesellschaftliche Normen reproduziert. Die Publizistin und woxx-Autorin Kirsten Achtelik hat ein Buch geschrieben, das queer-feministische Kritik an selektiven Schwangerschaftsabbrüchen und Entscheidungsfreiheit der Frau zu vereinbaren sucht.

Kinder nur nach Maß? In der Praxis erfolgt auf den normabweichenden Befund in der sogenannten Vorsorgeuntersuchung immer häufiger die Selektion. (Foto: Internet)

Kinder nur nach Maß? In der Praxis erfolgt auf den normabweichenden Befund in der sogenannten Vorsorgeuntersuchung immer häufiger die Selektion. (Foto: Internet)

Als das Europäische Parlament im Juni einem Strategiepapier zustimmte, wonach in allen EU-Mitgliedsländern Möglichkeiten für eine „sichere und legale Abtreibung und Verhütung“ einzurichten seien, empörten sich fundamentalistische Abtreibungsgegnerinnen und „Lebensschützer“ auf der Internetplattform „Katholisches.info“ vor allem über die christdemokratischen Abgeordneten, die den Vorstoß nicht blockiert hatten. mehr lesen / lire plus

Streitbarer Außenseiter
: Kurt Hiller, der Logokrat


Schon im deutschen Kaiserreich war er ein mutiger Vorkämpfer gegen die Diskriminierung der Homosexuellen: Der Linkssozialist und Radikalpazifist Kurt Hiller. Nun erinnert eine wissenschaftliche Biographie an den in Vergessenheit geratenen Publizisten.

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Eckte mit seiner radikalen Fortschrittlichkeit auch im „neuen“ Deutschland weiter an: der Intellektuelle Kurt Hiller. (Foto: Internet)

„Es gleich zu sagen: ein besonderer Freund der Schriftengattung Selbstbiographie bin ich nicht.“ Mit diesem Satz eröffnete Kurt Hiller 1969 den ersten Teil seiner zweibändigen Autobiographie. Dass er sich trotz aller Vorbehalte dennoch entschloss, seine Lebensgeschichte aufzuschreiben, war dem Willen geschuldet, „hier endlich Deutschland zu unterbreiten: meine Erlebnisse in Hitler’s Hafthöllen“.

Auf die Aufmerksamkeit der breiten Öffentlichkeit in Deutschland konnte Hiller damals nicht mehr hoffen. mehr lesen / lire plus

DER WEG ZU BERLUSCONI: Verschäumte Gesellschaft

Die deutsche Übersetzung kommt spät, aber nicht zu spät: Obwohl Sandro Veronesis Roman „Die Berührten“ in Italien bereits 1990 erschien, vermag er wie kaum ein anderes Werk der italienischen Gegenwartsliteratur die heutige gesellschaftliche Misere des Landes verständlich zu machen.

Ermète, genant Mète, kommt Ende der Achtzigerjahre nach Rom und lebt auf Kosten seiner Stiefmutter in einer mondänen Wohnung in der Altstadt. Der junge Mann ist hochgebildet, aber ohne Brotberuf. Er pflegt einen introvertierten Stil, passend zu seiner geheimnisvollen Beschäftigung: der Graphologie. Auf seinen Streifzügen durch die Nachtlokale sammelt der zeitgenössische Nachfolger des antiken Alchimisten Hermes, dessen esoterische Lehren zu den Hauptwerken des abendländischen Okkultismus zählen, Handschriftenproben, in denen er das neue Zeichen seiner Zeit erkannt zu haben glaubt: die Verschäumtheit. mehr lesen / lire plus

FAMILIENBANDE: Wille zur Versöhnung

Opa war ein Nazi: Eine Enkelgeneration in Deutschland bekundet mit TV-Serien wie „Unsere Mütter, unsere Väter“, dass diese Feststellung überaus schillernde Seiten hat. Auch Per Leos Roman „Flut und Boden“ dokumentiert, wie kokett die neueste Wendung des deutschen Geschichts- und Selbstbewusstseins mit dem Erbe der Volksgemeinschaft spielt.

Im Frühjahr war Per Leos Debütroman „Flut und Boden“ für den Leipziger Buchpreis nominiert, obwohl das Werk mit einem von der Kritik längst als „Running Gag“ verspotteten Topos der deutschen Gegenwartsliteratur beginnt: Beim Ausräumen der Familienvilla findet der Enkel im Bücherregal des verstorbenen Großvaters einen Stapel nationalsozialistischer Weltanschauungsliteratur. Doch was Leo aus dieser „Standardsituation“ mache, lobte Ijoma Mangold, Literaturchef der Wochenzeitung „Die Zeit“, sei „klug, temperamentvoll und vor allem: erkenntnisstiftend“. mehr lesen / lire plus

ITALIEN: Vor den Toren Roms

In Randvierteln Roms gehen rassistische „Bürgerausschüsse“ gegen Flüchtlinge vor. Die rechtsextreme Partei Lega Nord feiert derweil einen großen Erfolg bei den Regionalwahlen in Mittelitalien.

Randale ist sein Metier:
Mario Borghezio (Bildmitte), Europaabgeordneter der Lega Nord, tummelt sich beim rassistischen Mob der italienischen „Bürgerproteste“ ebenso wie bei Tumulten im europäischen Parlament, wenn es etwa, wie unser Bild von Anfang Februar zeigt, gegen den Euro geht. (Foto: Flickr)

„Hier können sie nicht bleiben! Wir wollen keine Flüchtlinge aus Tor Sapienza!“ Eine Woche, nachdem sie in ihrer Unterkunft angegriffen wurden und unter Polizeischutz verlegt werden mussten, geht in Rom die Hetzjagd auf 25 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge weiter. mehr lesen / lire plus

FÜRSORGE: Ziemlich beste Freunde

Können Freundschaften die Familie und professionelle Dienstleister ersetzen, wenn dauerhaft Hilfe anderer benötigt wird? Das Fazit einer Studie des Soziologen Janosch Tobin fällt ernüchternd aus.

Gesellschaftliche Prägung macht hier nicht halt: Auch Freundschaften basieren häufig unbewusst auf dem Äquivalenzprinzip.

Auf den literarischen Bestsellerlisten finden sich immer häufiger Bücher, in denen Krankengeschichten und Pflegeerfahrungen erzählt werden. Zumeist schreiben die Autorinnen und Autoren über verwandtschaftliche Nahbeziehungen, den demenzkranken Vater oder die früh verstorbene Tochter. Allein in postum veröffentlichten autobiographischen Aufzeichnungen wird zunehmend auch die Bedeutung der Unterstützung durch Freundinnen und Freunde hervorgehoben. Die Darstellung freundschaftlicher Fürsorge bleibt vor allem den Film- und Fernsehproduktionen vorbehalten, als ließe sich diese Wunschvorstellung nur in der Traumwelt des Kinos verwirklichen. mehr lesen / lire plus

JUBILÄUM: Wo Italien anfängt

Zum 50. Geburtstag schenkt sich der Wagenbach-Verlag eine Reihe von Erstlingswerken junger Autoren. Das Debüt der italienischen Schriftstellerin Paola Soriga knüpft thematisch an die Klassiker der italienischen Nachkriegsliteratur an.

Einst Brutstätte von Widerstand und Dissidenz: das Arbeiterviertel Centocelle, als es noch die Stadtgrenze von Rom markierte.
(Foto: Internet)

Unerschrocken war Ida an jenem hellen Maimorgen losgegangen, als ihr Don Pietro aus seinem Beichtstuhl heraus zuflüsterte, sie solle in die Druckerei laufen, eine Nachricht liege bereit. Es war nicht ihr erster Kurierdienst, sie kannte die Laufwege des antifaschistischen Netzwerks aus der römischen Peripherie in die Innenstadt. Sie kannte auch den Jungen, der plötzlich an ihr vorbeigerannt kam und ihr eine Warnung zugeraunt hatte. mehr lesen / lire plus

ITALIEN: Renzi, der neueste Tribun

Überraschend deutlich konnte sich die Demokratische Partei PD um Ministerpräsident Renzi bei der Europawahl durchsetzen. Dennoch signalisiert diese auch in Italien einen Rechtsruck in mehrfachem Sinn: Während Renzi nicht nur wegen seines Populismus Berlusconi seltsam nahe ist, radikalisiert sich das Spektrum rechts der PD.

Die Europawahl war seine Show:
Der italienische Regierungschef Matteo Renzi (PD), hier mit dem deutschen Sozialdemokraten Martin Schulz, der für die europäischen Sozialisten das Amt des Kommissionspräsidenten erstreiten wollte.

Wie in verschiedenen anderen Ländern auch, spielten die beiden europäischen Spitzenkandidaten Jean-Claude Juncker und Martin Schulz im italienischen Wahlkampf keine Rolle. Dem konservativen Kandidaten fehlte die Unterstützung eines bürgerlichen Lagers. mehr lesen / lire plus

KLASSENKAMPF VON OBEN: Die Hegemonie des Kapitals

Mit genauem Blick für die Gründe der Niederlage, aber ohne politische Strategie: Ein Interviewband legt das Dilemma der italienischen Linken offen.

Wo Gesellschaft bloß als Schicksal erfahren wird, bleibt vom Willen zur Veränderung allein die Wut: nicht nur der italienische Politiker Beppe Grillo (Bild) weiß mit ihr zu spielen.

Italiens Linke ist in der politischen Bedeutungslosigkeit verschwunden. Nach der Selbstauflösung der ehemals größten kommunistischen Partei Westeuropas hat sich die Nachfolgeorganisation als Demokratische Partei von jeder sozialdemokratischen Tradition distanziert. Übrig geblieben sind verschiedene kommunistische Splittergruppen und eine kleine intellektuelle Minderheit, zu der auch der Ehrenpräsident des italienischen Soziologenverbandes Luciano Gallino gehört. Ohne Nostalgie für die vergilbten Hammer und Sichel-Fahnen analysiert er in einem Interviewband mit der Turiner Soziologin Paola Borgna den „Klassenkampf nach dem Klassenkampf“. mehr lesen / lire plus

ITALIEN: Chauvinismus wieder chic

Die anhaltende Krise führt auch in Italien zu sozialer Verrohung und politischer Stärkung der Rechten. Und der Protest außerhalb des Parlaments präsentiert sich so unreflektiert, dass er offen scheint für nahezu jedes Ressentiment.

Nomen est Omen? Die soziale Protestbewegung, die derzeit in Italien am meisten von sich reden macht, hat die Form der Mistgabel, wie sie in vormodernen Zeiten typisch war, als Emblem gewählt.

Nach zwei Jahren fortdauernder Rezession kippt in den norditalienischen Industriemetropolen die Stimmung. Eine von sozialem Abstieg und Verarmung bedrohte Mittelschicht aus Landwirten, mittelständischen Unternehmern, kleinen Ladenbesitzern und Scheinselbständigen mobilisiert seit einigen Wochen gegen bürokratische Vorgaben und steigende Steuerlasten. mehr lesen / lire plus

PHILOSOPHIE: Die Struktur des Wahren

Über Jahrhunderte galt die Italienreise als zentrale Bildungserfahrung des europäischen Bürgertums. Ein neues Buch interpretiert dieses Erlebnis als bislang unbenannten Nukleus der Philosophie des sublimsten Kritikers der bürgerlichen Gesellschaft der Gegenwart: Theodor W. Adorno.

„Auch ich in Arkadien!“ Schon Goethes „Italienische Reise“ folgt vorgegebenen Spuren. Der Dichter bereist jene Etappen der Grand Tour, die literarisch etabliert waren. Sein Vater hatte sie bereits besucht und dem Sohn die Erfahrungen der Italienfahrt in Aufzeichnungen überliefert. Denn zur Tradition der italienischen Bildungsreise gehört, lange bevor Goethes Tagebuch zur Pflichtlektüre für die bürgerliche Nachwelt wird, die Tradition des Reiseberichts. Darin sollten die viel besungenen Sehenswürdigkeiten nochmals gewürdigt, gleichzeitig aber auch Neues, bisher Unentdecktes festgehalten werden. mehr lesen / lire plus

ITALIEN: Gesten statt Grundrechte

Auch wenn Berlusconi im Parlament eine Niederlage einstecken musste: der Plan von Ministerpräsident Letta, mit einer Vertrauensabstimmung das rechte Lager zu spalten, ging nicht auf. Seine formal linksliberale Partei manövriert Letta konsequent auf einen christdemokratischen und wirtschaftsliberalen Kurs.

Soll die liberale Linke Italiens
aus ihrem Dornröschenschlaf wecken: Matteo Renzi, Bürgermeister von Florenz und Hoffnungsträger des PD (Partito Democratico).

Den ganzen Sommer sorgte sich die italienische Regierung nur um ihren eigenen Fortbestand. Dass immer wieder Flüchtlingsboote kenterten und Menschen beim Versuch, die sizilianische Küste zu erreichen, ertranken, blieb weitgehend unkommentiert.

Erst die Flüchtlingskatastrophe vor Lampedusa sollte den politischen Streit vergessen machen. Ministerpräsident Enrico Letta ordnete Staatstrauer an. mehr lesen / lire plus

FAKTEN & FIKTION: Perspektive

Es hätte so viel aus ihr werden können: Doch dann kam die politische Journalistin Ulrike Meinhof auf den bewaffneten Kampf. Steve Sem-Sandberg veranstaltet einmal mehr ein Tribunal über eine Frau, die ihre Klasse verraten hat.

Schöne, kluge Frau: Ulrike Meinhofs Entscheidung für den bewaffneten Kampf wird meist nicht in der damaligen gesellschaftlichen Konstellation, sondern allein in ihren psychischen Dispositionen zu ergründen gesucht. Meist erfährt man dabei nicht viel über sie, dafür aber über den Zustand einer männlich geprägten Gesellschaft, die solche Projektionen hervorbringen muss.

International bekannt geworden ist der schwedische Journalist und Autor Steve Sem-Sandberg mit seinem Roman über das nationalsozialistische Ghetto Litzmannstadt. mehr lesen / lire plus

LITERARISIERTE ERINNERUNG: Fragmente eines fernen Glücks

Anja Röhl und Ulrike Edschmid haben sehr persönliche Erinnerungen an die „bleierne Zeit“ in Deutschland vorgelegt und an Menschen, die als „Staatsfeinde“ in die Geschichte eingegangen sind.

Menschen, die hinter der Ikonographie verschwinden: Plakate mit den Konterfeis der zur Fahndung ausgeschriebenen RAF-Mitglieder gibt es mittlerweile bei „Amazon“ als Blechschild zu kaufen.

Am 9. Mai 1975 wird Werner Sauber, linksradikaler Aktivist der „Bewegung 2. Juni“ während einer nächtlichen Polizeikontrolle auf einem Kölner Parkplatz erschossen. Ein Jahr später, am 9. Mai 1976, stirbt die Journalistin und RAF-Mitbegründerin Ulrike Meinhof in der Justizvollzugsanstalt Stuttgart-Stammheim.

Im Frühjahr dieses Jahres erschienen zwei Bücher, die mehr verbindet, als der zufällig gemeinsame Sterbetag der beiden Menschen, an die sie erinnern. mehr lesen / lire plus

INTELLEKTUELLE SYMBIOSE: Schmerz und Blindheit

Der Komponist Claus-Steffen Mahnkopf hat seiner frühver-storbenen Frau ein Gedenkbuch gewidmet. Doch was als Dialog der Seelenverwandten gedacht ist, gerät zum Monolog, der mit tastend-suchender Annäherung nichts zu schaffen hat.

Claus-Steffen Mahnkopf

Auch ich in Arkadien! Wer das Künstlerstipendium der Deutschen Akademie in Rom bekommt, darf in der Tradition von Goethes Italienischer Reise ein Jahr in der Ewigen Stadt verbringen und im Süden auf neue Inspiration für sein Schaffen hoffen. Als der Komponist Claus-Steffen Mahnkopf im Frühjahr 1998 in die Villa Massimo einzieht, ist er entschlossen, zudem Italienisch zu lernen. Prompt erfüllt sich die romantischste Italiensehnsucht: Er verliebt sich in seine Sprachlehrerin. mehr lesen / lire plus

NACH AUSCHWITZ: Literarischer Filmriss

Zum Jubiläum der „Gruppe 47“ hat der Literaturkritiker Helmut Böttiger eine Geschichte dieser Vereinigung deutscher Nachkriegsliteraten auf den Markt geworfen. Das Buch ist vom selben Ungeist durchzogen, von dem auch sein Gegenstand beseelt war. Eine zwiefache Erledigung.

Postfaschistische Katerstimmung: In diesem Etablissement in Bayern hat sich die Gruppe 47 erstmals getroffen, um der deutschen Nachkriegsliteratur aus ihrem unbehausten Zustand zu verhelfen.

„Ich finde, die Gruppe 47 war eine Sadistenvereinigung, an der ich nicht einmal unter Todesandrohung teilgenommen hätte.“ Der Frage, ob es eine neue Gruppe 47 braucht, mit der das Feuilleton immer wieder gerne kokettiert, hat Elfriede Jelinek eine klare Absage erteilt. mehr lesen / lire plus

ABSCHIED: Das verlorene Wir

In einer schmalen Sammlung von Prosastücken tastet der polnische Autor Andrzej Stasiuk nach Worten für den Verlust, der sprachlos macht.

Andrzej Stasiuk hat in vielen seiner Bücher vom Verschwinden Südosteuropas erzählt. In seiner road novel „Hinter der Blechwand“ sind die Landschaftsbilder gezeichnet vom Tod: Aus den Schornsteinen steigt schwarzer Rauch, eisige Winde wehen den Geruch sterbender Fabriken über ödes Brachland. Im Herbst, in der Dämmerung, in der nächtlichen Finsternis sieht Pawel, dass die Stadt zu sterben begonnen hat, abstirbt, stirbt. „Um zehn ist alles tot.“ Wenn er mit W?adek in seinem alten Lieferwagen über Land fährt, um auf improvisierten Märkten abgetragene, westliche Markenklamotten zu verkaufen, kommt es ihm manchmal vor, als sei er schon sein eigener Schatten. mehr lesen / lire plus

ANDERS LIEBEN: Ein schönes Missverständnis

Ronald M. Schernikaus szenische Erzählung „so schön“ ist der Utopie einer anderen Form von Subjektivität gewidmet – ohne Angst, Eifersucht und Neid. Ein Frühlingsreigen in 48 Episoden.

So schön: Der 1991 verstorbene Schriftsteller Ronald M. Schernikau.

Tonio und Franz treffen sich auf der Klappe, einem Treffpunkt für schnellen Sex. Zuhause treffen sie Paul, der sich mit Bruno aufs Sofa fallen lässt. Franz und Paul wohnen zusammen, Paul und Bruno sind in derselben kommunistischen Bezirksgruppe. Liebevolle Albernheit und politische Agitation bestimmen den Alltag der Berliner Wohngemeinschaft. Schlagermusik hallt über den Flur, alle Türen stehen offen. Der Sommer ist ungewöhnlich schön. „so schön“ ist auch der Kurztitel und wiederkehrende Refrain von Ronald M. mehr lesen / lire plus