Backcover: Mona Steinmetzer

Neues Jahr, neue Kunst: Die multi-
disziplinäre Künstlerin Mona Steinmetzer übernimmt im Januar die Rückseite der woxx. Im Interview spricht sie über ihre Leidenschaften.

Mona Steinmetzer zeigt im Januar auf der Rückseite der woxx, was ihr am Herzen liegt: Vielschichtigkeit. (Copyright: Mona Steinmetzer
)

woxx: Mona, Sie sind unter anderem der Fotografie verbunden. Was fasziniert Sie daran?


Mona Steinmetzer: Fotografie kann sehr abstrakt und konkret zugleich sein. Ich kann durch sie eine Aussage tätigen, aber auch eine Atmosphäre und Emotionen spiegeln. Ich habe recht früh angefangen digital und analog zu fotografieren, verschiedene Kameras auszuprobieren. Ihr Einfluss auf die Prozesse begeistert mich, etwa wie sich verschiedene Bilder durch Licht und andere Verhältnisse verändern. In der digitalen Fotografie können die Wege kürzer sein: Mit dem Handy lässt sich schnell ein Foto schießen, bearbeiten und löschen, außerdem steht einem mehr Speicherplatz zur Verfügung. Wenn ich analog fotografiere, bin ich vom Speicherplatz her begrenzt und habe deswegen einen anderen Umgang mit dem, was ich sehe und festhalte.

Sitzen Sie lieber in der Dunkelkammer oder vor dem PC?


Es ist anders, wenn ich in der Dunkelkammer sitze und im Entwicklungsprozess versinke. Die Abfolge der Arbeitsschritte – Belichtungszeiten beachten, Details herausarbeiten und so fort – ist vielschichtig. Manchmal reicht ein Bruchteil von Sekunden aus, um ein Bild zu beeinflussen. Aus einem Negativ kann ich oft mehr herrausholen als erwartet. Bei Handyfotos ist der Prozess ein anderer und ich kann die Bilder sofort teilen. An Ende basieren beide Prozesse aber auf denselben Komponenten und die Kombination von analoger und digitaler Fotografie fasziniert mich.

Sie studieren derzeit in Wien, richtig?


Ja, ich habe meinen Bachelor in Architektur an der Technischen Universität Wien abgeschlossen und arbeite zurzeit an meiner Masterarbeit an der Akademie der bildenden Künste.

Was treibt Sie neben dem Studium und der Fotografie noch an?


Ich versuche neben dem Studium Zeit für politisches Engagement, für Musik und andere Kunstdisziplinen freizuräumen. Musik ist ein wichtiger Teil meines Lebens, der durch das Studium leider zu kurz kommt.

Wo engagieren Sie sich politisch?


Ich war in Luxemburg in parteiunabhängigen Organisationen aktiv, doch es war nicht leicht, dieses Engagement nach meinem Umzug nach Wien aufrechtzuerhalten. Ich verstehe Architektur jedoch auch als politisch, sodass ich diesen Aspekt immer wieder in meine Projekte einbringe, indem ich beispielsweise Bezug auf feministische Themen nehme.

Und woher rührt das Interesse an Musik?


Ich habe am Konservatorium Kurse zu klassischem Klavier besucht, am Gymnasium die Musiksektion gewählt, noch dazu ist mein Vater Komponist und Pianist.

„Ich würde mich als radikal beschreiben, aber nicht in dem Sinne, dass ich nur für die eine Sache brenne, sondern viele Leidenschaften habe.“

Wie verknüpfen Sie Ihre vielseitigen Interessen?


Ich habe während der Pandemie mit Freund*innen in Wien den Verein Club Express (clubexpress.eu/Instagram: @club.express) gegründet, der verschiedenste Disziplinen zusammenbringt. Wir haben dieses Jahr einen Sammelband mit künstlerischen Arbeiten und Texten herausgebracht, die Freund*innen und Bekannte erarbeitet haben. Später möchte ich Musik, Architektur, Fotografie und Text in meinen Projekten verbinden. Ich finde es interessant, mit unterschiedlichen Mitteln zu arbeiten. Nachdem ich eine Hausarbeit über den griechisch-französischen Architekten Iannis Xenakis geschrieben habe, der für seine Raum-Licht-Klanginstallationen bekannt ist, möchte ich auch dem Aspekt der Akustik in der Architektur auf den Grund gehen. Dieser wird nämlich viel zu wenig beachtet. Auch im Bereich der Musik gibt es nicht nur das eine Genre oder Thema, das mich interessiert – ich bin noch am Ausprobieren.

Wie wirkt es sich auf Ihre Arbeitsprozesse aus, dass Sie sich nicht festlegen?


Ich finde den Diskurs wichtig, den Austausch mit anderen Personen. Ich arbeite zwar gerne allein und in Ruhe, doch ich suche auch immer wieder nach dem Austausch und der Zusammenarbeit mit anderen Personen, um eine tiefgehende Auseinandersetzung mit den Themen zu ermöglichen. In diesem gemeinsamen Diskurs liegen für mich Potenzial und Stärke, ganz gleich ob in Forschung, Bildung oder Kunst.

Können Sie Ihren multidisziplinären Ansatz ins Architekturstudium einbringen?


In meiner Masterarbeit entwerfe ich ein Projekt zu zirkulärem Bauen: Das bedeutet, dass es bei dem Bauprojekt keinen Abfall gibt, alle Materialien entweder wiederverwendet, wiederverwertbar oder zersetzbar sind. Es geht mir darüber hinaus um eine Auseinandersetzung mit der Mobilität in Luxemburg – es ist übrigens mein erstes Projekt, das mit Luxemburg zu tun hat –, mit der Frage nach der Gemeinschaft und der Gestaltung des öffentlichen Raumes. In dem Projekt kommt Städtebau mit Detailarbeit zusammen – und dafür benutze ich unterschiedliche Medien: Architekturpläne, Film, Fotografie und mehr. Ich bringe also meine Interessen zusammen, indem ich Objekte in unterschiedlichsten Formaten produziere.

Inwiefern spiegelt Ihre Arbeit Ihre Persönlichkeit?


Ich würde mich als radikal beschreiben, aber nicht in dem Sinne, dass ich nur für die eine Sache brenne, sondern viele Leidenschaften habe. Das mag gegensätzlich wirken, aber ich denke, dass das die Komplexität meines Charakters und meiner Interessen auf den Punkt bringt: Vielschichtigkeit bedeutet oft, dass es kein Entweder-oder gibt.

Was an Ihrem Schaffen ist dennoch beständig?


Dass ich immer bemüht bin, verschiedene Perspektiven einzunehmen. In der Fotografie ist der rote Faden für mich jener, die Motive in ihrer Fülle zu betrachten, das Gesamtbild zu erkennen. Auch in der Architektur kann ich unterschiedliche Blickwinkel einnehmen, wenn ich einen Plan aus verschiedenen Perspektiven betrachte oder mir vor Ort ein Bild mache.

Welches Ihrer Werke liegt Ihnen besonders am Herzen?


Zurzeit sind es die Arbeiten, die mit der Idee entstanden und weiterentwickelt wurden: Es muss nicht immer alles perfekt sein. Manchmal sind fehlerhafte Arbeiten spannender als vermeintlich perfekte Werke. Ich denke dabei an zwei Fotos, die durch einen Filmriss entstanden sind oder an die Aufnahme einer Freundin, die ich spontan gemacht habe, weil noch Platz auf meiner analogen Kamera war. Besonders in der Fotografie spielt der Zufall eine wichtige Rolle. Wer kennt das nicht, wenn man aus Versehen auf den Auslöser der Handykamera drückt und ein schönes Bild entsteht? Meine Handykamera ist zudem schlecht, sodass meine Fotos generell unscharf sind. Ich versuche damit zu spielen, mache Bildaufnahmen, verändere den Fokus – dabei fallen mir interessante Aspekte auf.

Erwarten uns also unscharfe Fotos auf der Rückseite der woxx?


Für die Serie auf der Rückseite der woxx nutze ich Inhalte, auf die ich im Zuge meiner Masterarbeit zurückgreife, wie etwa Stoffe. Ich stricke und nähe viel für diese Arbeit und bereite Strukturen aus Strick vor, die nach der Analyse bestimmter Orte entstanden sind. In der woxx zeige ich aber auch selbst entwickelte Schwarz-Weiß-Fotos von Dächern, sowie Fragmente von Hand- und Digitalzeichnungen. Es war mir wichtig, eine Mischung aus digitalen und analogen Arbeiten zu präsentieren, genauso wie verschiedene Texturen. Das soll den Leser*innen die Weite meiner Arbeit näherbringen. Außerdem nutze ich die Gelegenheit, um mein Werk anders zusammenzusetzen als bisher: Bis dato habe ich Architektur und Arbeiten in anderen Disziplinen eher getrennt voneinander vor- und ausgestellt. Nach meinem Diplom möchte ich jedoch den Ansatz, der auf der Rückseite der woxx zu sehen ist, weiterentwickeln.


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