Buch: Mein drittes Leben

von | 14.11.2024

(© Diogenes)

Der schwarze Abgrund, in den Linda nach dem Verlust ihrer siebzehnjährigen Tochter Sonja kopfüber gestoßen wird, heißt Trauer. Wie mit diesem zerquälenden, alles verschlingenden Gefühl weiterleben? Die Mittvierzigerin zieht es nach der harten Lebenszäsur aufs Land, wo sie anstrengende körperlicher Arbeit verrichtet. Nur langsam, nachdem die Beziehung zu ihrem Ehemann Richard schon verkümmert ist, tastet sich die verwaiste Mutter vorwärts und versucht, ins Leben zurückzufinden. Die Schriftstellerin Daniela Krien erzählt in „Mein drittes Leben“ mit beeindruckend sensibler Feder von einer Existenz, die zertrümmert und schließlich wieder neu zusammengesetzt wird – wobei die Narben, die sichtbaren Spuren, hier nicht wie nach Art der japanischen Kintsugi-Reparaturtechnik mit Gold bedeckt werden, sondern so bleiben dürfen, wie sie sind: nackt, blass, unschön. Nichts wird an dem Trauerprozess, den Linda durchläuft, idealisiert, und eben das macht das Buch, das auf der Longlist des diesjährigen Deutschen Buchpreises stand, so berührend.

Diogenes Verlag, 304 Seiten , ISBN: 978-3-257-07305-8.

Dat kéint Iech och interesséieren

KULTURTIPP

Theatertipp: Die unheilige Johanna von Orléans

Als nach Jeanne d’Arcs Tod eine der Widerstandskämpferin verblüffend ähnlich aussehende Frau in Metz auftaucht und behauptet, sie selbst sei die wirkliche „Jungfrau von Orléans“, stellt sich plötzlich die Frage: Wurde die falsche Person auf dem Scheiterhaufen verbrannt? Bei Jeanne d’Ambroisier, der Protagonistin von „Die unheilige Johanna von...

KULTURTIPP

Jeb Loy Nichols: Heimkehrer einer Herbstreise

Man kann sich glücklich schätzen, wenn man in seinem Leben einen musikalischen Begleiter wie Jeb Loy Nichols hat. „Fellow Travellers“ – so hieß passenderweise um 1990 auch die erste „richtige“ Band des Musikers, der da längst schon Kolleg*innen wie die Rapperin Neneh Cherry („Raw Like Sushi“), Ari Up von „The Slits“ und den Dub-Produzenten...

KULTURTIPPLITERATUR

Literatur: Lyrische Lektüretipps, Teil 3

Herbstzeit ist Lesezeit. Die Lektüre der folgenden drei Gedichtbände lohnt sich besonders. „Small Talk“ von Dagmar Leupold Small Talk zu betreiben heißt, sich in der Kunst des beiläufigen Plauderns zu üben. Das Wetter bietet sich dabei als Gegenstand für die unverfänglich-lockeren Gespräche an, die bei Zusammenkünften eine gesellige Stimmung...

KULTURTIPP

Buchtipp: Durch das Raue zu den Sternen

Die willensstarke Arkadia Fink, Moll genannt, hat sich in den Kopf gesetzt, in einem berühmten Knabenchor zu singen. Die 13-Jährige lässt sich von nichts und niemandem von ihrem Plan abbringen, Rückschläge und Absagen lassen sie umso verbissener an ihrem Wunsch festhalten, Warnungen schlägt sie in den Wind. In seinem Roman „Durch das Raue zu...