„The Shape of Water“ ist ein Mosaik aus schönen Dekors, Ungereimtheiten in der Handlung, flachen Dialogen und exzellenten Schauspielleistungen. Das hinterlässt einen ambivalenten Eindruck.
„If I spoke about it, if I did, what would I tell you, I wonder … would I warn you about the truth of these facts? And the tale of love and loss? And the monster who tried to destroy it all?“. Von der ersten Minute an ist klar, worum es in „The Shape of Water“ gehen wird: um Liebe, Verlust und ein Monster. Ob es sich dabei wohl um das Wesen auf dem Filmposter handelt? Das wäre wohl zu offensichtlich. Klar wird auch schnell, dass sich der Film als modernes Märchen versteht, eine Art „Die Schöne und das Biest“.
Im Mittelpunkt steht eine vom Voice-Over-Sprecher als solche bezeichnete, „Prinzessin ohne Stimme“, bei der es sich um Elisa Esposito (Sally Hawkins) handelt. Die stumme Frau arbeitet als Putzkraft in einem geheimen US-amerikanischen Regierungslabor im Baltimore der 1960er-Jahre. Eines Tages beobachten Eliza und ihre Arbeitskollegin Zelda Fuller (Octavia Spencer), wie eine mysteriöse Kreatur (Doug Jones) eingeliefert wird, ein menschenähnliches Wesen mit Kiemen. Es soll untersucht werden, ob das vermeintliche „Monster“ als Waffe gegen den sowjetischen Feind eingesetzt werden kann. Fasziniert nähert sich Elisa dem Wesen an und baut innerhalb kurzer Zeit eine innige Beziehung zu ihm auf. Endlich hat sie jemanden gefunden, der sie nicht als „unvollständig“ wahrnimmt: Auch der Fischmensch kann nicht sprechen und kommuniziert passenderweise in Gebärdensprache. Schon bald fasst Elisa den Entschluss, dem Kiemenmenschen, im Film nur als „the asset“ bezeichnet, zur Flucht zu verhelfen. Was sie nicht weiß: Zur selben Zeit wird der als Forscher im Regierungslabor arbeitende sowjetische Spion Dimitri Hoffstetler (Michael Stuhlbarg) beauftragt, das Wasserwesen per Giftspritze zu töten …
Das eigentliche Monster im Film ist aber jemand anderes, und zwar Sicherheitschef Richard Strickland (Michael Shannon). Er wird als typischer Bösewicht gezeichnet: Er geht nicht nur rabiat mit seinem Mitmenschen um; in seinem Umgang mit dem Kiemenmenschen tritt auch ein Hang zum Sadismus zu Tage. Strickland ist ein Mann der Pflicht, dafür würde er auch über Leichen gehen.
Die Welt, die „The Shape of Water“ entwirft, wurde mit viel Liebe zum Detail gestaltet. Auch die Musik hilft, gänzlich in der Erzählung zu versinken. Der emotionale Bezug wird jedoch in erster Linie durch die hervorragende Leistung der Darstellenden gewährleistet. Besonders Sally Hawkins weiß in einer Rolle zu begeistern, in der sie ganz ohne verbale Sprache eine große Bandbreite an Gefühlen und Reaktionen kommunizieren muss.
Während die Liebesbeziehung im Zentrum der Geschichte als Metapher für Non-Normativität aufgefasst werden kann, wird beim Geschlecht der beiden Liebenden allerdings an der gesellschaftlichen Heteronormativität festgehalten. Nur auf den ersten Blick scheint es sich beim Kiemenmenschen um ein geschlechtsloses Wesen zu handeln: Schnell wird richtiggestellt, dass er durchaus über einen Penis verfügt.
Dramaturgisch ist der Film leider enttäuschend, vieles ist entweder vorhersehbar oder wenig nachvollziehbar. Nicht deutlich wird der Übergang von der reinen Neugierde hin zur großen Liebe samt sexueller Attraktion. Ja, Elisa ist als Kind fast ertrunken und masturbiert gerne in der Badewanne, weshalb sie daher aber automatisch mit einem Kiemenmenschen Sex haben will, bleibt unklar. Auch darüber hinaus strotzt der Film vor Ungereimtheiten: Trotz omnipräsenter Überwachungskameras bemerkt niemand, dass Elisa jede Mittagspause mit dem Kiemenmenschen verbringt; ein Versuchsobjekt aus einem Hochsicherheitsgebäude zu befreien, gestaltet sich verhältnismäßig einfach; an dem Umstand, dass Elisa Sex mit einem Fischwesen hat, stören sich weder Zelda noch Elisas Nachbar Giles (Richard Jenkins). Der Film bleibt somit zu glatt, alles potenziell negative, fragwürdige oder bedrohliche wird allein in der Figur Stricklands komprimiert.
Mit „The Shape of Water“ wollte der mexikanische Filmemacher Guillermo del Toro offensichtlich ein Plädoyer gegen toxische Männlichkeit, Diskriminierung und für Empathie und Altruismus schaffen. So wichtig war ihm die Vermittlung dieser Botschaft, dass er dabei scheinbar vergessen hat, dass die willentliche Aussetzung der Ungläubigkeit (engl.: suspension of disbelief) ihre Grenzen hat: Die vielen Ungereimtheiten in der Handlung machen es letztendlich unmöglich, sich gänzlich auf die Illusion einzulassen. Schade.
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