Jazz
: Ein Alien ist gelandet

Stefano Bollani ist eine der merkwürdigsten musikalischen Kreaturen, die Italien in den letzten Jahrzehnten hervorgebracht hat – ob im Pop, Jazz oder in der Klassik, dem Tausendsassa gelingt es, jedem Stil seine persönliche Note zu verleihen.

Ausnahmetalent mit Humor: Stefano Bollani.

Gut, dass die Philharmonie auf Kirchberg wie ein – zwischen den mehr oder weniger gelungenen architektonischen Kreationen ringsherum – notgelandetes Raumschiff aussieht. Denn eine bessere Location hätte Stefano Bollani im Großherzogtum nicht finden können, um sein neues Album „Arrivano gli Alieni“ (die Außerirdischen landen) zu präsentieren. Und auch auf diesem Werk überrascht er seine Zuhörer wieder – indem er singt.

Dabei war dies sein Herzenswunsch, seit er sechs Jahre alt war. Seiner Biographie zufolge begann er in diesem zarten Alter das Klavierspiel zu erlernen, aber nur, um sich beim Singen zu begleiten. Zum Glück behandelte er das Piano bald nicht mehr als bloßes Begleitinstrument. Mit 15 Jahren arbeitete er mit den Charts-Größen Raf und dem Rapper Jovanotti zusammen – der in den 1990er Jahren auch in unseren Gefilden kurzzeitig die Bildschirme erobert hatte. Nach ersten Ausflügen ins Pop-Business zog es Bollani an das Jazz-Seminar der toskanischen Stadt Siena, wo er seine Technik verfeinerte.

Seinen ersten Durchbruch aber feierte er in Paris, der europäischen Hauptstadt des Jazz, wo er auf Einladung des Trompeters Enrico Rava auftrat und die Bühnen im Sturm eroberte. Auf der Liste der Legenden, mit denen Bollani zusammenarbeitete, finden sich Musiker wie Paolo Fresu, Pat Metheny, Martial Solal oder Phil Woods.

Aber es sollte bis in die 2010er Jahre dauern, bis der Pianist und Unterhalter auf eigenen Füßen durch die Musikwelt stapfte. Vor allem seine zwei Projekte mit dem Gewandhausorchester Leipzig machten ihn einem größeren und spartenübergreifenden Publikum bekannt: Die „Rhapsody in Blue“ von George Gershwin im Jahre 2010 und seine Versionen von Ravel, Stravinsky und Weill zwei Jahre später.

Daneben sucht Bollani auch die Nähe zu weniger hochkulturellen Milieus und betreibt eine Stiftung zur Förderung junger musikalischer Talente und hat eine eigene Sendung beim italienischen Staatsfernsehen Rai3.

Bekannt ist er trotz all dieser wertvollen Kooperationen – und den dazugehörigen Preisen und Ehrungen – aber vor allem wegen seiner Live-Auftritte. Bollani, der, wenn er seine Haare nicht zu einem Zopf zusammengebunden hat, durchaus Ähnlichkeiten mit Roberto Benigni aufweisen kann, ist nämlich auch ein geborener Entertainer, der es liebt, mit seinem Publikum zu scherzen und es mit in die Performance einzubinden.

Aus diesen Grunde wird das erste „Chill at the Phil“ des Jahres 2017 sicherlich etwas heißer als gewohnt ausfallen. Aber ein bisschen italienisches Flair und Farniente können in dieser gefrorenen Jahreszeit ja auch nicht schaden.

Am 12. Januar in der Philharmonie

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