Katholik*innen schwingen queere Regenbogenfahne

#Pastoraler Ungehorsam, #LoveIsNoSin, ein Dom in Regenbogenfarben – die katholische Kirche im deutschsprachigen Raum lehnt sich gegen eine homofeindliche Stellungnahme des Vatikans auf. Manche sprechen von einer Revolution. In Luxemburg passiert hingegen wenig.

Bildquelle: queer.de/Facebook Bistum Limburg

Hat die Kirche die Vollmacht, Verbindungen von Personen gleichen Geschlechts zu segnen?”, lautete die Frage, die der Kongregation für die Glaubenslehre gestellt wurde. Nein”, antwortete die Zentralbehörde der römisch-katholischen Kirche Ende Februar. In einer erläuternden Note heißt es unter anderem: Eine gleichgeschlechtliche Beziehung sei „nicht auf den Plan des Schöpfers hingeordnet“. Das schließe aber die Segnung homosexueller Einzelpersonen nicht aus „die den Willen bekunden, in Treue zu den geoffenbarten Plänen Gottes zu leben“. Sprich, wer seine sexuelle Orientierung im stillen Kämmerlein aussitzt, hat ein Recht auf Gottes Segen. Es ist die Aufgabe der Kongregation die Glaubens- und Sittenlehre in der katholischen Kirche zu fördern und sie vor Häresien zu schützen. War demnach etwas anderes als dasNein zur Segnung gleichgeschlechtlicher Paare zu erwarten? Ja, meinen über 200 Theologie-Professor*innen aus dem deutschsprachigen Raum jetzt in einer Stellungnahme.

Der ‘Erläuternden Note’ zum Responsum und dem zeitgleich veröffentlichten „Kommentar“ mangelt es an theologischer Tiefe, an hermeneutischem Verständnis sowie an argumentativer Stringenz. Werden wissenschaftliche Erkenntnisse ignoriert und nicht rezipiert, wie es in dem Dokument der Fall ist, untergräbt das Lehramt seine eigene Autorität”, schreiben die Professor*innen. „Der Text ist von einem paternalistischen Gestus der Überlegenheit geprägt und diskriminiert homosexuelle Menschen und ihre Lebensentwürfe. Von dieser Position distanzieren wir uns entschieden.” Das Magazin Stern berichtet, dass die Unterschriftensammlung noch bis Palmsonntag (28. März) geht. Danach wird die Liste Birgit Mock, Vorsitzende des Forums „Sexualität und Partnerschaft“, und Georg Bätzing, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, übergeben.

Neben den Professor*innen, haben auch andere katholische Gemeinschaften ein Zeichen gegen die Homofeindlichkeit des Vatikans gesetzt, wie das Portal katholisch.de schreibt. Das Bistum Limburg änderte sein Facebook-Profilbild: Es versah den Limburger Dom mit einem Kreis und einem Herzen in Regenbogenfarben mit der Aufschrift #LoveIsNoSin. Die Aktion ging von der katholischen Jugend Baden-Württemberg aus. Der Bund der Deutschen Katholischen Jugend der Diozöse Rottenburg-Stuttgart rief unter demselben Slogan zu Protestaktionen gegen das „Nein“ des Vatikans auf. Unter dem Hashtag #Pastroaler Ungehorsam stellen sich katholische Pfarrer im Netz gegen die Mitteilung des Vatikans.

Mehrere Medien zitieren deutsche Theolog*innen und Anhänger*innen von Reformbewegungen, die diese Protestaktionen für eine Revolution halten. Die Debattenkultur innerhalb der katholischen Kirche habe sich verändert. Die Geistlichen würden endlich selbst das Wort ergreifen und offen ihre Meinung zu sagen. „Die Katholiken, auch die katholischen Priester, werden sich bewusst, dass das Ganze auf dem Spiel steht, wenn man es nicht eigenverantwortlich mehr in die Hand nimmt als bisher“, sagte Daniel Bogner, Professor für theologische Ethik an der Universität Freiburg, dem Stern. „[D]ie Kirche in ihrer derzeitigen Form steht ihrer eigentlichen Botschaft mehr und mehr im Weg.“ Das Medienportal queer.de gab gestern an, dass sich inzwischen jedoch Gegenreaktionen entwickeln: Unbekannte entwendeten oder verbrannten die Regenbogenfahnen, die an manchen katholischen Gebäuden als Zeichen der Solidarität gehisst wurden.

Und was geschieht in Luxemburg? Von Revolution kann keine Rede sein, auch wenn Weihbischof Leo Wagener in einem Interview mit der Tageszeitung Lëtzebuerger Wort (Paywall) Verständnis für den Schmerz der Betroffenen und ihrer Angehörigen bekundet. Zum Nein des Vatikans sagt er: Theologisch bringt [er] keinen Fortschritt, atmosphärisch wirft [er] uns zurück.Am Ende sei das Dokument zu kurz, um die Sakramentenlehre, die Lebenswirklichkeit von gleichgeschlechtlichen Paaren, pastorale Initiativen zur Begleitung von Homosexuellen und weitere Aspekte zu spiegeln. Leider würden die Schwächen des Dokuments somit wertschätzende Anmerkungen zu gleichgeschlechtlichen Personen verdecken.

Diese wertschätzenden Anmerkungen liegen für Wagener in der Akzeptanz einer homosexuellen Einzelperson durch die Kirche, sofern sie keine amouröse oder sexuelle Verbindung eingeht. Auch für diese Person gebe es viele Wege zu Gott. Ob das tatsächlich Wertschätzung oder vielleicht doch Diskriminierung und das Aufzwingen von Lebensmustern ist, darüber gilt es zu streiten.

Wagener sind derweil keine homosexuelle Paare bekannt, die in Luxemburg eine Segnung angefragt haben.Es kann natürlich sein, dass sich homosexuelle Paare schon so weit von der Kirche verabschiedet haben, dass sie keine Erwartungen in dieser Hinsicht mehr an die Kirche haben“, vermutet er. Vergleicht man die eher lasche Reaktion von Wagener mit denen einiger katholischer Priester und Theolog*innen aus dem deutschsprachigen Raum, wäre das kein Wunder.


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