Kollektivausstellung
: Dreifaltigkeit

Kunst hoch drei: Im KM9 finden drei grundverschiedene KünstlerInnen eine gemeinsame, nonverbale Kommunikationsebene. Die dargebotene Bildsprache verspricht ein spezielles Erlebnis.

Ein arrangierter „flotter Dreier“. Eine Frau, zwei Männer. In einer Kunstgalerie. Bei diesem Plot fühlt man sich ein wenig an Gina in Woody Allens „Everything You Always Wanted to Know About Sex“ erinnert, die erst an diesem Ort der bildenden Kunst Lust auf Sex bekommt. Es könnte um eine leidenschaftliche Zusammenkunft gehen, und tatsächlich entsteht sie auch. Aber anders, als vielleicht angenommen.

„Threesome“. Einer der laut GQ-Magazin am häufigsten eingegebenen Suchbegriffe auf der Pornoseite „Pornhub“. Eigentlich steht der Begriff für den insgeheim gehegten Wunsch vieler Menschen, wenigstens einmal in ihrem Leben zu dritt zu kopulieren. Wird dieser Traum in die Tat umgesetzt, so kommt aber häufig eine Person zu kurz oder ist nur Mittel zum Zweck. Das ist bei dieser Ausstellung anders.

Der Galerist Laas Koehler, seines Zeichens Konzeptkünstler, brachte eine „ménage à trois“ zusammen, die aber nicht in einem kurzen Videoclip schlechter Bildqualität online präsentiert wird, sondern in den Ausstellungsräumen des Trierer KM9 („Dein Kunstraum im Karl-Marx-Viertel“). Auf diesem „Spielplatz der Kunst“, der kürzlich sein zweijähriges Bestehen feierte, kommen die KünstlerInnen Dietmar Kempf, Dieter List und Sabine Thornau zusammen.

Als professionelle Buchbinderin liegt für Sabine Thornau der Schritt zur Papierkunst nahe. Die Geschichten, die sie mit ihrem selbstgeschöpften Papier erzählt, sind aber ganz andere als die, die man in einem Buch unterbringen kann. Das Storytelling verläuft gleich auf mehreren Ebenen, denn durch das Arrangement des Papiers entstehen Linien und Strukturen, die sich zu einer gewaltigen Bildsprache vereinen. Durch feinste kunsthandwerkliche Griffe bekommt jedes unbeschriebene Blatt eigenes Leben eingehaucht.

Ähnliches gilt für Dietmar Kempf, der gewöhnliche Gegenstände, wie Strohhalme, Pommesgabeln oder Küchenschwämme verwendet und diese so einsetzt, dass Kunstwerke entstehen, die die Begrenzung der Verwendungsdauer dieser Massenprodukte aufheben. Die Kritik an der Konsumgesellschaft wird hier auf subtile Art und Weise dem Design übertragen. Während der Umgang mit den benutzten Gegenständen im Alltag verschwenderisch ist, kommt ihnen durch die Zweckentfremdung eine neue, langfristige Aufgabe zu. Sie spielen auf einmal ihre eigene Rolle, in einem großen Gesamtgefüge. Ihre Position bleibt zwar die gleiche, die Wirkung jedes einzelnen Elements verändert sich jedoch je nach der Perspektive, aus der es betrachtet wird.

Dieter List geht in eine ähnliche Richtung, wobei in seinen Arbeiten Materialien wie Kaninchendraht und Gipsbinden Verwendung finden. Auch in diesem Fall hängt die Interpretation des Gesehenen davon ab, aus welcher Ecke der Galerie man die Objekte betrachtet. Wer in diesem Aktionsraum einen kurzen Kniefall vor dem Werk vollziehen möchte, wird etwas anderes sehen als jemand, der aufrecht steht oder ein wenig auf Zehenspitzen herumstolziert. List schafft zugleich Landschaften, Gesichter oder vielleicht auch unebene Lebenslinien mit seiner Kunst. Je länger man vor seinen Kreationen verweilt, umso mehr wird das Auge herausgefordert.

Obwohl wir es hier mit grundverschiedenen Arbeitsweisen und Materialien zu tun haben, ist es Köhler gelungen, drei Geschichten zusammenzubringen, durch deren Zusammenspiel viele weitere Erzählebenen eröffnet werden. Sie verdrängen einander nicht als gegensätzlich, sondern treten in einen Ergänzungszusammenhang. List und Kempf kannten sich bereits durch das Artist / Collector Format im KM9, bei dem Künstler jeweils ein von ihnen zusammengebrachtes Werk beschreiben, Thornau kam erst später hinzu. Und doch entsteht eine unerwartete Intertextualität zwischen den drei Werkgruppen. Man findet so eine einzelne Ästhetik vor wie auch eine gemeinsame, die allein in diesem Raum entsteht.

Bis zum 2. September im KM9 in Trier.

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