LGBTIQA: Hass und seine Konsequenzen

Ein „Like“ des Anti-LGBTIQA-Aktivisten Tom Weidig (ADR) führte nicht nur zu einem Antrag im Parlament, sondern auch zu einem parteiinternen Verfahren. All diese Reaktionen kommen reichlich spät.

Hass auf LGBTIQA-Personen ist zum Kernthema der ADR avanciert. Dem setzen wir etwas queere Freude von der Pride aus Rzeszów (Polen) entgegen. (Foto: CC BY-SA 4.0 Silar/Wikimedia)

Eigentlich hätte man meinen können, Weidigs „Like“ sei nur ein weiterer Ausdruck des Hasses in einer langen Reihe von solchen Wortmeldungen. Von jemandem, der die Nazibesatzung Luxemburgs lobte, Transidentität mit einer Krankheit gleichsetzte, mehrmals gegen eine Dragqueen hetzte, die Präsidentin der konsultativen Menschenrechtskommission als „Feindin der Demokratie“ bezeichnete, kommt ein „Like“ auf einen Kommentar, der die „Vernichtung von LGTBQ“ fordert, nicht überraschend. Zudem ist dieser Kommentar auch unter einem transfeindlichen Post Weidigs abgegeben worden, der die diesbezügliche Politik Trumps lobte. Erstaunlich ist eher, dass Weidig auf die mediale Aufmerksamkeit hin eine Pseudoentschuldigung abgegeben hat und die ADR nun nach eigenen Aussagen überlegt, ob sie Disziplinarmaßnahmen gegen ihn ergreifen soll.

Im Parlament führte Weidigs „Like“ zu einem Antrag, der auf die Initiative von Marc Spautz (CSV) zurückging und von allen Parteien, auch der ADR, unterstützt wurde. Die Reden waren alle – abgesehen jene von Weidigs Parteifreund Fred Keup – von einer Deutlichkeit und Schärfe, wie sie selten in der Chamber zu hören sind. Zum Großteil verurteilten die Redner*innen nicht nur Weidigs „Like“ von Vernichtungsfantasien, sondern auch völlig zurecht die Entwicklung der ADR. Die rückt seit der Fusion mit Keups und Weidigs Verein „Wee 2050“ immer weiter nach rechts. Das liegt allerdings nicht nur an Weidig. Als Radio 100,7 im Wahlkampf 2023 aufdeckte, dass Dan Hardy ein Profilbild mit „Reichsbürger“-Verbindung benutzte, leugnete der damalige Parteipräsident Keup dies mit den Worten „Das ist ihre Meinung.“ Wenn Alexandra Schooss, die aktuell an der Spitze ist, nicht gerne hört, wenn ihre Partei mit Nazis verglichen wird, täte sie vielleicht gut daran, grundlegend aufzuräumen.

Man muss die ADR als das behandeln, was sie ist: eine Partei, die zumindest zu Teilen rechtsextrem agiert und argumentiert.

Das liegt jedoch überhaupt nicht in ihrem Interesse. Déi Lénk-Abgeordneter Marc Baum beschrieb die Taktik der ADR sehr gut: Ständig wird versucht, den Diskurs weiter nach rechts zu verschieben. Man lotet die Grenzen aus, überschreitet sie und rudert bei Gegenwind ein wenig zurück. Nur, um beim nächsten Mal noch einen Schritt weiterzugehen. Das dient nicht nur dazu, den eigenen Hass salonfähig zu machen: Jede Aufregung verschafft der Partei Aufmerksamkeit, sorgt für große Fotos ihrer Abgeordneten in den Medien.

Dieses Vorgehen sorgt für eine Zwickmühle: Weder Medien noch Poltiker*innen können Vernichtungsfantasien gegenüber der LGBTIQA-Community unkommentiert lassen. Doch damit gibt man der ADR nicht nur Aufmerksamkeit, sondern lenkt die Diskussion auch auf von der Partei propagierte Pseudoprobleme. Tatsächliche politische Probleme wie die Klimakrise, soziale Ungleichheit oder Wohnungsnot, für die die Rechtsaußenpartei keinerlei Lösungsansätze parat hat, geraten so ins Hintertreffen.

(Foto: Alexxander Grey/Unsplash)

Wie damit umgehen? Man muss die ADR als das behandeln, was sie aktuell ist: eine Partei, die zumindest zu Teilen rechtsextrem agiert und argumentiert. Als solche hat sie keinen Platz in einem demokratischen Diskurs. Medien sollten es vermeiden, ihre Aussagen bloß nachzuerzählen, sondern immer auch die Strategien und Ideologie dahinter erklären. Dazu gehört auch, auf sogenannten „stochastischen Terrorismus“ hinzuweisen: Wenn lange genug Hassbotschaften gesät werden, wird sich irgendwann jemand berufen fühlen, diese in tätliche Gewalt umzusetzen. Gibt Tom Weidig als öffentliche Person Vernichtungsfantasien ein „Like“, nimmt er das zumindest billigend in Kauf.

Politiker*innen haben es eigentlich leichter: Statt einen Abwehrkampf gegen die aus den USA importieren Anti-LGBTIQA-„Argumente“ zu führen, müssten sie lediglich eigene Inhalte setzen. Hetzt die ADR gegen trans Menschen, sollten sie sich umso stärker für LGBTIQA+ Rechte einsetzen. Die beste Maßnahme gegen Vernichtungsfantasien und Hass sind keine Brandreden und parlamentarische Anträge, sondern gesetzlich verbriefte Gleichstellung. In Luxemburg fehlen noch einige Maßnahmen – jetzt ist die Zeit, sie umzusetzen!


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