Michael Pearce
: Die Bestie in dir


In seinem ersten Spielfilm erkundet Regisseur und Drehbuchautor Michael Pearce die toxische Beziehung zwischen zwei Außenseitern. Das Ergebnis ist so spannend wie unheimlich.

Wer hat wohl mehr zu verbergen: Moll oder Pascal? (Quelle: Paste Magazine)

 

Über manche Filme weiß man im Vorfeld am besten so wenig wie möglich. Jede noch so kleine Information würde das Seherlebnis erheblich beeinflussen. Das trifft natürlich in gewissem Maße auf jeden Film zu, doch bei den wenigsten würde es die Art und Weise, wie die Figuren und somit ihre Geschichte wahrgenommen werden, so grundlegend ändern wie bei „Beast“. Warum also überhaupt eine Rezension über einen solchen Film schreiben? Weil es immer eines gewissen Anreizes bedarf, um sich einen Film überhaupt ansehen zu wollen. Und es gibt viele Gründe sich „Beast“, den ersten Spielfilm von Regisseur und Drehbuchautor Michael Pearce, anzusehen.

Moll Huntington, gespielt von Jessie Buckley, wohnt bei ihren Eltern auf der britischen Insel Jersey. Als ihre Schwester (Shannon Tarbet) auf Molls Geburtstagsfeier verkündet, dass sie schwanger ist, wird Moll alles zuviel. Sie verlässt die Party, die plötzlich nicht mehr so sehr ihr als vielmehr ihrer Schwester gewidmet zu sein scheint, und tanzt in einem Klub die Nacht durch. Am nächsten Morgen lernt sie am Strand einen jungen Mann namens Pascal Renouf (Johnny Flynn) kennen. Fasziniert von dem mysteriösen Unbekannten lässt sie sich erst auf eine Freundschaft und schließlich auf eine Liebesbeziehung mit ihm ein. Doch dann erfährt sie, dass Pascal des Serienmordes verdächtigt wird …

Anfangs fällt es nicht schwer, Sympathie für Moll zu empfinden. Sie leidet unter ihrer herrischen, manipulativen Mutter und erfährt von ihrem Umfeld wenig Beachtung. Wie unglücklich sie ist, wird deutlich, wenn ihre Maske der freundlichen Zuvorkommenheit fällt. Dann sieht man eine Frau, die ihre wahren Gefühle stets in Schach hält, und sei es nur, weil sie Angst vor ihnen hat. In solchen Momenten neigt Moll zu autodestruktivem Verhalten: Sie trinkt und fügt sich selbst Schmerzen zu. Außerdem umgibt sie sich mit Menschen, die offensichtlich nicht gut für sie sind. Es ist, als wolle sie sich für etwas bestrafen. Wofür, erfährt das Publikum erst im Laufe des Films. Wirkliches Mitleid für die junge Frau zu empfinden, fällt deshalb nach und nach schwerer. Moll gerät nicht nur aus Versehen in unangenehme, ja schmerzhafte Situationen und Beziehungen; sie scheint sie geradezu aufzusuchen.

Auch wenn die Filmplakate, in denen Pascal meist im Vordergrund steht, etwas anderes vermuten lassen: Moll ist der alleinige Dreh- und Angelpunkt des Films und die irische Schauspielerin Jessie Buckley meistert die herausfordernde Rolle mit Bravour. Mit erschreckender Glaubwürdigkeit verkörpert sie sowohl Molls unschuldige und sanfte als auch ihre unberechenbare und aggressive Seite.

Mit seiner Mischung aus verbotener Liebe, Charakterstudie und Psychothriller erinnert „Beast“ an zahlreiche Filme und Serien – „Badlands“ und „The End of the F***ing World“ kommen einem umgehend in den Sinn. Dennoch bleibt der Film ein eigenständiges Werk. Nicht zuletzt, weil das Setting und die Atmosphäre des Films derart einzigartig sind.

In „Beast“ bleibt nichts, wie es anfangs scheint. Gerade deshalb sollte man sich ohne konkrete Erwartungen auf ihn einlassen.

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Bewertung der woxx : XXX


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