Nationalitätengesetz: Demokratiedefizit? Sprachendefizit!

Nach dem Referendum ist vor dem Nationalitätengesetz: Die GegnerInnen des Residenzwahlrechts wehren sich gegen ein „Ausländerwahlrecht durch die Hintertür“.

1344NewNationalitaet_internetDie Internet-Initiative „Nee2015“, die ihren Namen im Anschluss an das Referendum vom 7. Juni in „Nee2015/Wee2050“ geändert hat und sich nunmehr als „Denkfabrik“ versteht, lässt in der Frage des Nationalitätengesetzes nicht locker. Vor allem die in Justizminister Félix Braz’ Gesetzesprojekt vorgesehene Niveau-Senkung bei dem für die Naturalisierung notwendigen Sprachtest ist der Vereinigung ein Dorn im Auge.

In der jüngsten Pressemitteilung der Initiative wird die Position der CSV mit Beifall bedacht: Man begrüße es, dass die Christlich-Sozialen sich zum Beispiel gegen ein Wegfallen der Sprachenkondition nach achtjähriger Aufenthaltsdauer und gegen diverse andere „Ausnahmeregelungen“ ausspricht. Auch dass die CSV bei der Umsetzung des „Bodenrechts“ (droit du sol) strengere Kriterien fordert, finde man gut.

Während der Regierungsvorschlag vorsieht, dass ein in Luxemburg geborenes Kind ein Jahr lang im Lande gelebt haben muss, um mit 18 Jahren die Nationalität zu erhalten, fordert die CSV eine Mindestaufenthaltsdauer von fünf Jahren.

Doch die Position der CSV geht „Nee2015/Wee2050“ nicht weit genug: Unverständlich erscheint es der Initiative zum Beispiel, dass die konservative Partei sich mit der Absenkung des geforderten Sprachniveaus von B1 („Mittelstufe“) auf A2 („Grundlagen“) einverstanden zeigt. Ihre Kritik ist natürlich aus der Sorge um die „neuen Luxemburger“ geboren: „Wier et net och am Sënn vun hinnen, wann si en besseren Niveau an der Sprooch hätten?“ fragt die „Denkfabrik“.

Ganz in diesem Sinne werden dann auch „Maßnahmen“, die es „ausländischen Mitbürgern“ ermöglichen sollen, die Sprache zu erlernen, dargelegt: Neben „mehr“ Sprachkursen – konkreter wird die Pressemitteilung nicht – fordert man vor allem eine verstärkte Präsenz des Luxemburgischen im öffentlichen Raum und im Alltag.

Neben der Forderung nach mehr luxemburgisch-sprachigen Straßenschildern – ein Wunsch, der längst erfüllt ist -, wird auch ein schon länger kursierendes Anliegen aus dem rechten Dunstkreis aufgegriffen: Die Verfassung sowie Gesetze und EU-Richtlinien sollen gefälligst ins Luxemburgische und Deutsche übersetzt werden. Außerdem müsse erreicht werden, dass jemand, der der deutschen und der englischen Sprache mächtig ist, in Luxemburg leben und arbeiten kann, ohne zwingend die französische Sprache zu beherrschen.

Weniger Französisch

Damit zeigt „Nee2015/Wee2050“ wohl ungewollt, worum es vielen selbsternannten VerteidigerInnen der luxemburgischen Sprache wirklich geht: um das Zurückdrängen des Französischen aus dem öffentlichen Raum. Die Gründe hierfür sind divers: Wird die französische Sprache von einigen vor allem als die Sprache der hauptstädtischen Oberschicht wahrgenommen, dominiert bei anderen die Abneigung gegen GrenzgängerInnen und frankofone EinwandererInnen. Aber auch der kulturelle Einfluss deutschsprachiger Medien sowie eine durch persönliche Negativ-Erfahrungen geprägte allgemeine Abneigung gegen die Sprache Voltaires sind entscheidende Faktoren.

Von einem Demokratiedefizit in Luxemburg, das es – wenn schon nicht durch die Einführung eines allgemeinen Residenzwahlrechts, dann doch wenigstens durch die Erleichterung der Einbürgerung – zu bekämpfen gilt, will „Nee2015“-Gründer Fred Keup indes nichts wissen. Das „Argument des Demokratiedefizits“ habe „die Luxemburger nicht überzeugt“ sagte er auf Radio 100komma7 in Anspielung auf das Referendum vom 7. Juni, deswegen wolle man darüber „jetzt nicht mehr sprechen“. Ein solches Defizit werde es in Luxemburg erst geben, „wenn wir keine gemeinsame Sprache mehr haben“.


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