Wer immer schon einmal wissen wollte, wie es sich anfühlt, auf einer Demonstration Molotowcocktails zu werfen – oder Tränengas zu versprühen – kann dies jetzt virtuell erproben. Die woxx hat „Riot – Civil Unrest“ angespielt.
Ein Computerspiel, das Krawalle simuliert, ist ein Novum auf dem überaus vielfältigen Gaming-Markt. In hübscher Retro-Pixelgrafik können die Spieler*innen die Demonstrationen und Besetzungen verschiedener Protestbewegungen aus Italien, Spanien, Griechenland und Ägypten der letzten Jahre nachspielen. Und das nicht nur aufseiten der Demonstrierenden, sondern auch aus Sicht der Polizei. Das Spielprinzip ist dabei recht simpel: Man kontrolliert mehrere Gruppen und versucht, einen Platz zu halten oder die Gegner*innen zu verjagen. Wie friedlich oder aggressiv man dabei vorgeht, lässt das Spiel offen. Die Bandbreite aufseiten der „Rioters“ reicht von Sitzblockaden und Sprechgesängen bis hin zu Steinen und Molotowcocktails, die Richtung Polizei fliegen. Die kann jedoch ihre Gegner*innen wegschieben oder aber Schlagstöcke und Tränengas einsetzen. Wird die Situation allzu chaotisch, geraten die Gruppen in Panik und sind nur mehr schwer zu kontrollieren oder flüchten gar. Im Kampagnenmodus zählt zudem die öffentliche Wahrnehmung: Wer zu aggressiv vorgeht, muss im nächsten Level mit umso heftigerem Widerstand rechnen.
Schon 2013 wurde das Spiel durch Crowdfunding vorfinanziert, letzte Woche erschien nun die erste öffentliche Beta-Version. Eine lange Entwicklungszeit, die die Macher*innen darauf zurückführten, dass sie ein kleines Team sind und private Probleme hatten, um die sie sich kümmern mussten. Hat sich das Warten gelohnt? „Riot“ macht auf jeden Fall Spaß, auch wenn die Steuerung an einigen Stellen noch verfeinert werden könnte. Auch von Abstürzen berichten manche Spieler*innen. Bereits ein paar Tage nach dem ersten Release erschienen Updates, die hier schon einige Verbesserungen brachten.
Neben den Kampagnen können auch einzelne Demonstrationen wie z.B. „Occupy Oakland“ oder die Studierendenproteste in Chile 2011 simuliert werden. Die meisten Situationen sind direkte Konfrontationen, dagegen sind Katz-und-Maus-Spiele mit der Polizei, um etwa mehrere Straßenzüge zu blockieren, (noch) nicht möglich. Die Bandbreite der spielbaren Demonstrationen ist naturgemäß begrenzt, allerdings ist ein Editor integriert. Damit ist es möglich, eigene Straßenschlachten und sogar Kampagnen zu entwickeln. Wenn die kleine Fangemeinschaft um das Spiel größer wird, werden vielleicht bald mehr historische Straßenschlachten spielbar sein. Multiplayer ist bisher lediglich an einem Computer möglich, zum Beispiel mit einem (zweiten) Controller.
Den Macher*innen geht es aber nicht nur darum, Krawalle zu simulieren. In den Lade-Bildschirmen werden kurze Zitate allerlei bekannter Persönlichkeiten zu Revolution, friedlichem Widerstand oder dem Polizeistaat eingeblendet. Kurze Texte informieren über die Hintergründe der Proteste, in der Intro-Sequenz werden die Spieler*innen dazu eingeladen, selbst zu den dargestellten Geschehnissen zu recherchieren, ein erfrischend behutsamer Umgang mit der Materie.
„Riot – Civil Unrest“ ist auf der Plattform Steam erhältlich.
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