Schon gestreamt? Succession

Die HBO-Serie erzählt von einer Familie, die dem reichsten Prozent dieser Welt angehört – und lässt dabei an niemandem ein gutes Haar übrig.

© HBO / variety.com

Urlaub auf der Yacht, Familienausflüge mit dem Hubschrauber, riesige Anwesen in den Hamptons, Dinner über Dinner mit Hummer, Fettammer und Champagner – auf den ersten Blick kommt „Succession“ wie eine Serie von vielen daher, die ein Leben im Luxus glorifizieren. Mit jeder Szene entpuppt sich das Familiendrama jedoch zunehmend als das Gegenteil: Es dekonstruiert den schönen Schein, bis man nur noch fassungslos den Kopf schütteln kann. „Succession“ ist eine Geschichte über Ultra-Reiche, die sich gegenseitig bekriegen, über ein von Vetternwirtschaft verpestetes Unternehmen, aber auch über die Inkompetenz mancher der einflussreichsten Menschen dieser Welt.

Immer wieder werden in Rezensionen zu „Succession“ Vergleiche mit „Veep“ (2012-2019), einer anderen HBO-Serie gezogen. Die Parallelen sind unverkennbar: Bei beiden handelt es sich um Satiren über sowohl abscheuliche wie auch unheimlich mächtige Menschen. Bei beiden wird sich zudem nicht vor vulgärem Sprachgebrauch und pechschwarzem Humor gescheut (es überrascht nicht, dass zahlreiche „Succession“-Autor*innen zuvor für „Veep“ schrieben). „Succession“ spielt jedoch nicht im Weißen Haus, sondern fokussiert sich stattdessen auf das familienbetriebene Medien-Imperium Waystar-Royco, das vom politisch rechts ausgerichteten Nachrichtensender ATN bis zu einem Themenpark reicht.

Der Ton wird von Familienoberhaupt und Medien-Titan Logan Roy (Brian Cox) angegeben, der in der ersten Folge einen Schlaganfall erleidet. In Rente zu gehen liegt dem 80-Jährigen allerdings genauso fern, wie unter seinen Kindern einen Nachfolger auszumachen: Seinen Söhnen Kendall (Jeremy Strong) und Roman (Kieran Culkin) traut er die Aufgabe nicht zu, Connor (Alan Ruck) ist daran ohnehin nicht interessiert, und um seine Tochter Shiv (Sarah Snook) in Betracht zu ziehen, ist er wohl zu sexistisch. Vor allem aber ist Logan unfähig, Kontrolle abzugeben.

In „Succession“ geht es aber nicht nur um Generationenkonflikte und Machtkämpfe, sondern in erster Linie um menschliche Abgründe. Denn wo „Veep“ eher auf die Oberfläche menschlicher Interaktionen beschränkt war, geht es in „Succession“ ums Eingemachte. Wenn sie sich nicht gegenseitig das Leben schwer machen, dann schießen sich die Figuren durch ihre mangelnde Impulskontrolle ein um’s andere Mal ins eigene Knie – sei es durch Drogenkonsum, unvernünftige Business-Deals oder unkontrollierte Wutausbrüche. Und so schaut man sich diese Serie mit einer Mischung aus Irritation und Belustigung an.

Wir sehen eine Familie, die dermaßen von Habgier, Paranoia und Intrigen geprägt ist, dass ihre Mitglieder jegliche Fähigkeit zur Empathie und moralischen Abwägung verloren haben – falls sie denn jemals über welche verfügten. Was sich nämlich schwer beantworten lässt: Wurden die Figuren durch ihren Wohlstand korrumpiert? Oder reizt diese Art von Reichtum nur Menschen, die von vornherein egozentrisch und skrupellos sind? Es fällt jedenfalls schwer sich vorzustellen, dass es sich bei den Roys um angenehme Menschen handeln würde, wenn sie ein paar Milliarden weniger auf dem Konto hätten. So oder so dürften sich alle einig sein, dass diese Familie mit ihrem finanziellen Kapital nicht nur sich selbst nichts Gutes tut, sondern auch dem Rest der Welt. So realitätsfern die Roys in vielerlei Hinsicht auch sind: Menschen, wie sie, samt Geld, politischem Einfluss und Narzissmus, existieren wirklich. Besonders die Ähnlichkeit zur Dynamik zwischen Rupert Murdoch und seinen Söhnen ist frappant.

Dennoch kommt man nicht umhin, die vier Geschwister als Opfer eines Vaters zu sehen, dessen Handeln nichts anderem als der emotionalen Manipulation dient. Je nach Laune lobt oder erniedrigt er seine Kinder, überschüttet sie mit Luxus oder erklärt ihnen den Krieg. Kein Wunder also, dass es Logan, Roman und Shiv schwerfällt, ihrem Leben einen Sinn zu geben, der über das Rivalisieren um die Gunst ihres Vaters hinausgeht. Die Thematik des psychischen Missbrauchs birgt wohl das größte Identifikationspotenzial für Durchschnitts-Zuschauer*innen.

Auch wenn es manchen schwerfallen mag, zu sagen, ob sie „Succession“ mögen oder nicht und andere darüber rätseln, weshalb im aktuellen politischen Klima das Interesse an einer Serie über grässliche, stinkreiche, weiße Menschen so hoch ist – so ist es doch beachtlich, wie es den Macher*innen und Schauspieler*innen gelingt, sowohl die Begeisterten als auch die Skeptischen ans Geschehen zu fesseln. Serienkritiker Matt Zoller Seitz verglich dieses Phänomen mit anthropologischer Faszination: „We’re learning about how the monsters live and reproduce and dominate us, generation after generation.“ Da ist sicherlich etwas dran.

Auf Sky Go und iTunes.


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