Die magische Welt von Hilda begeistert nicht nur Kinder, sondern auch viele Erwachsene. Und das völlig zu Recht, denn die Netflix-Serie ist nicht nur lustig und unterhaltsam, sondern vermittelt auch wichtige Werte.
Hilda ist ein blauhaariges Mädchen, das mit seiner Mutter in einer Hütte am Waldrand lebt. Gemeinsam mit ihrem Hirschfuchs Twig durchstreift sie die Wälder und Wiesen der Umgebung und erlebt dort viele Abenteuer. So lernt Hilda recht schnell, dass sie und ihre Mutter in Wirklichkeit Nachbarn haben, obwohl das auf den ersten Blick gar nicht ersichtlich ist: Neben ihrem Haus steht ein ganzes Dorf voller Elfen, die für Menschen meist unsichtbar sind. Das bringt die Kleinfamilie dazu, in die nächstgelegene Stadt Trollberg zu ziehen. Hildas Mutter Johanna verspricht sich davon für ihre Tochter ein „normales“ Leben abseits der Gefahren der Wildnis.
Hilda erkennt jedoch schnell, dass auch in der Stadt jede Menge Fabelwesen wohnen: Sie beobachtet Riesen, freundet sich mit einem mythologischen Vogel an und erkennt, dass Trolle sich gar nicht so sehr von Menschen unterscheiden, wie man denken könnte. Ihr Liebe zur Natur, ihr Entdeckungsdrang und ihre Tendenz, auf Zauber- und Fabelwesen zu stoßen, wird nicht dadurch gebremst, dass sie den Pfadfinder*innen beitritt. Im Gegenteil führen die scheinbar harmlosen Aktivitäten dazu, dass Hilda und ihre Freund*innen Frida und David ständig in Abenteuer verwickelt werden.
Auch wenn die Situationen, in die Hilda sich durch ihre Neugier ständig hineinmanövriert, gefährlich wirken, so kommt sie jedoch meistens unbeschadet wieder heraus – und ist nicht nur um eine Erfahrung, sondern auch um eine Bekanntschaft reicher. Jene Wesen, die andere als Monster meiden würden, sucht Hilda unerschrocken und ohne Vorurteile auf.
Hildas Offenheit und Neugier gegenüber unbekannten, möglicherweise gefährlichen Wesen steht im krassen Gegensatz zu der Attitüde, die die Erwachsenen in der Serie an den Tag legen. Ihre Mutter Johanna ist stets in Sorge um Hilda, was zunehmend zu Konflikten und sogar Hausarrest führt. Der Hauptmann der Stadtwache Trollbergs, Erik Ahlberg, ist zwar anfänglich von Hildas Unerschrockenheit angetan, merkt jedoch schnell, dass er seine Inkompetenz vor ihr nicht verstecken kann. Hilda weiß durch ein paar Begegnungen viel besser über Trolle Bescheid als Ahlberg, der die Stadt eigentlich vor ihnen beschützen soll.
In der zweiten Staffel werden viele der Nebencharaktere, die in der ersten nur kleine Rollen hatten, weiter ausgebaut. Die Entdeckung, dass Hildas beste Freundin Frida eine Hexe ist, spielt eine besondere Rolle. Die Serie schafft es auch hier, mit gängigen Klischees zu brechen, und zeichnet ein stimmungsvolles und diverses Bild von Magie und ihrer Anwendung. Neben den Begegnungen mit Trollen, Geistern und Drachen reist Hilda auch in der Zeit – eine interessante Abwechslung.
Hilda ist eine britisch-kanadische Zeichentrickserie, die auf den Comics des englischen Zeichners Luke Pearson basiert. Sowohl die Vorlage als auch die Serie richten sich vor allem an Kinder. Das heißt jedoch nicht, dass die Serie sich nicht auch für Erwachsene eignet. Ganz im Gegenteil, von Hildas Offenheit, Neugier und ihrem Wagemut könnten sich so manche Erwachsene noch eine Scheibe abschneiden.
Der Zeichenstil ist erfrischend anders als bei vielen anderen aktuellen Kinderserien. Bei Hilda dominieren Pastelltöne und detailreiche Hintergründe, während andere Animationsserien oft schreiend bunt sind. Besonders schön ist das Design der vielen Kreaturen und Fabelwesen, denen Hilda begegnet. Neben den bürokratieverliebten Elfen sind die Yule-Lads, die vor dem Sonnwendfest ihr Unwesen treiben, sehr gelungen. Schön ist auch, dass nicht nur der bekannte Fundus aus Mythologie und Folklore einbezogen, sondern auch eigene Charaktere geschaffen wurden.
Auch beim Tempo ist Hilda etwas zurückhaltender: Obwohl jede Folge nur eine knappe halbe Stunde dauert, nimmt sich die Serie durchaus Zeit, um die Handlung zu zelebrieren und Charaktere in Szene zu setzen. Auch wenn jede Folge eine in sich abgeschlossene Geschichte erzählt, gibt es keinen Standardmodus, in den die Serie zurückfällt: Hilda und ihre Freund*innen, aber auch die Erwachsenen in Trollberg, lernen aus ihren Erfahrungen.
Die Konflikte, die Hilda mit ihrer Mutter hat, sind erstaunlich gut dargestellt: In einer Szene, in der Hilda Hausarrest bekommt, wird nicht nur dargestellt, wie ungerecht das Kind diese Maßnahme findet – auch die Perspektive der Mutter, die eigentlich nie „eine solche Mutter“ werden und zu solchen Erziehungsmethoden greifen wollte, wird gezeigt. Nicht nur in ihrem Umgang mit der Umwelt und ihren Kreaturen, sondern auch mit ihren Mitmenschen zeigt uns Hilda, wie wichtig Mitgefühl und Fürsorge sind.
Wer Nachwuchs hat, der in der dunklen Jahreszeit Lockdown-bedingt noch länger drinnen bleiben muss als ohnehin schon, hat mit Hilda eine äußerst empfehlenswerte Serie, die dazu noch einige sehr menschliche und dringend benötigte Werte vermittelt. Eltern wird ebenfalls freuen, dass das englische Original auch auf Deutsch, Französisch und Portugiesisch synchronisiert wurde.