Streaming: Spy vs. Spy

Gary Oldman hat sichtlich Spaß an seiner Rolle als alternder Spion mit zweifelhaftem Bezug zu Körperhygiene. In der sechsteiligen Serie „Slow Horses“ muss er zusammen mit einer Truppe ebenso abgehalfterter Versager ein Kidnapping aufklären, um den Tod eines pakistanischen Studenten zu verhindern.

Zwei, die sich nicht riechen können – im eigentlichen wie im übertragenen Sinn: Gary Oldman als Jackson Lamb (links) und Jack Lowden als River Cartwright (rechts). (Foto: We got this covered)

Jackson Lamb (Gary Oldman) hat’s schwer. Er muss sich nicht nur mit hartnäckigen Darmwinden herumschlagen, sondern auch mit der Trotteligkeit der ihm unterstellten Truppe von Ex-MI5-Agent*innen, den sogenannten „Slow Horses“. Die acht Frauen und Männer wurden wegen Fehlverhaltens oder allgemeiner Unfähigkeit aus dem aktiven Dienst verbannt, und müssen nun Mülltonnen durchwühlen oder Parkscheine aus den Neunzigern kontrollieren. Als eine Gruppe Neonazis einen jungen Muslim entführt und ankündigt, ihn vor laufenden Kameras zu enthaupten, finden sich die Slow Horses gegen ihren Willen in die Sache verwickelt. Es beginnt eine Jagd gegen die Zeit, bei der Minute um Minute unklarer wird, wer hier wen bespitzelt, und sich die Grenzen zwischen Gut und Böse auflösen.

„Slow Horses“ ist eine Verfilmung des ersten Bandes der beliebten Buchreihe „Slough House“ des britischen Autors Mick Herron. Für Oldman ist es bereits das zweite Mal, dass er einen Spion verkörpert, der auf einer literarischen Vorlage basiert. 2011 spielte er den legendären George Smiley in der John-Le-Carré-Verfilmung „Tinker, Tailor, Soldier, Spy“ von Tomas Alfredson. Jackson Lamb ist das Gegenstück zum distinguierten Smiley. Die Haare sind fettig, die Socken löchrig und wenn er hustet, kann man die Farbe des Schleims regelrecht hören. Besonders zu Anfang setzt die Serie sehr auf Fäkalhumor, um Lacher zu erzielen, dabei sind die toll geschriebenen Dialoge das eigentlich Unterhaltsame: „Bringing you up to speed is like explaining Norway to a dog“ ist noch das netteste von Lambs Komplimenten.

Ein Genre steht Kopf

Ansonsten werden reichlich falsche Fährten gelegt und doppelte Spiele gespielt, wie es sich für einen ordentlichen Spionagethriller gehört. Das Besondere ist jedoch, dass es „Slow Horses“ gelingt, die Konventionen des Genres erfolgreich ins Absurde zu verkehren. Zum Beispiel, wenn der Hacker Ho (Christopher Chung) geschäftig zugange ist, sich Informationen aus dem World Wide Web zu pflücken, während die betagte Agentin Catherine Standish (Saskia Reeves) mit einem kurzen Anruf über ein altmodisches Münztelefon sehr viel schneller ans Ziel kommt.

Neben den großen Namen wie Gary Oldman, Kristin Scott Thomas und Jonathan Pryce, wirkt das übrige Personal um Jack Lowden und Olivia Cooke leider ein wenig blass. Brian Vernel dagegen überzeugt als unberechenbarer Neonazi ebenso wie Antonio Aakeel als Entführungsopfer Hassan Ahmed. Wenn beide sich gegenüberstehen, kommt eine beklemmende Spannung auf, zum Beispiel, wenn der entführte Ahmed in einer nervenaufreibenden Szene die rechtsextremen Terroristen mit rassistischen Witzen zum Lachen bringen muss. „Slow Horses“ unterhält trotz einiger Schwächen durch gutes Handwerk und ein sorgfältig durchkomponiertes Drehbuch. Eine zweite Staffel ist bereits in Planung.

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