Tramarbeiten: Aus der Not eine Tugend machen

Die Realisierung der Tramlinie im südlichen Teil der Avenue de la Liberté zwingt zu einem radikalen Umdenken in der Verkehrsführung im Bahnhofsviertel.

CC BY-SA 3.0 Terence wiki

„Elo gëtt et eescht“, meinte die Bürgermeisterin der Haupstadt, Lydie Polfer (DP), am Mittwoch bedeutungsschwanger , als sie in Anwesenheit des Luxtramdirektors und der Verantwortlichen der betroffenen städtischen Dienste die Bauarbeiten für die neue Tramlinie im unteren, zum Bahnhof führenden Teil, der Avenue de la Liberté (Nei Avenue) erläuterte.

Anders als noch vor Jahresfrist angekündigt, wird die nächste Ausbaustrecke der Luxtram nicht nur vom aktuellen Endhalt Stäreplaz bis zur Place de Paris reichen, sondern gleich bis zum Bahnhofsvorplatz. Ihre Inbetriebnahme ist für Ende 2020 vorgesehen. Daraus ergibt sich, dass die Bauarbeiten auch im unteren Teil der Nei Avenue recht bald in Angriff genommen werden, nämlich ab dem 13. Mai.

Anders als im oberen Teilstück, vom Pont Adolphe zur Place de Paris, ist dort der Straßenraum aber eher begrenzt. Somit können während der Bauarbeiten nur mehr zwei Fahrspuren aufrechterhalten werden und an Gegenverkehr ist nicht zu denken. Auch die Fahrradpiste muss während der Bauarbeiten weichen. Der Verkehr in der Nei Avenue wird für den motorisierten Verkehr also nur noch in Richtung Bahnhof möglich sein.

Bevor die Tram Ende 2020 den Bahnhof direkt mit dem Zentrum verbindet, stellt sich allerdings das Problem, dass eine sehr hohe Zahl an Bussen diese Strecke weiterhin bedienen muss. Die Busse, die vom Bahnhof zum Centre Aldringen gelangen wollen, werden deshalb ab dem genannten Datum über die Avenue de la Gare (Al Avenue) und die Origerstraße umgeleitet, um so zur Haltestelle Paris-Zitha zu gelangen. Die Al Avenue wird zwischen dem Bahnhofsvorplatz und der Rue Origer für den normalen Autoverkehr gesperrt. Außerdem wird eine bidirektionale Fahrradpiste in der Al Avenue angelegt, die vom Bahnhof ausgehend linksseitig bis zur Bourbonstraße führt, wo die Fahrräder dann in Richtung Place de Paris abbiegen können.

Notlösung mit endgültigem Charakter

CC BY-SA 3.0 GilPe

Neben der bidirektionalen Radpiste wird es demnach lediglich eine vom Bahnhof in Richtung Oberstadt führende Busspur geben sowie dazwischen eine nur für Anrainer*innen und Lieferwagen reservierte Spur in umgekehrter Richtung zu den Bussen, die in die Rue du Fort Neipperg mündet und nicht weiter zum Bahnhof führt.

Auf den ersten Blick eine komplizierte Lösung, die es allerdings erlauben soll – so hoffen es jedenfalls die Verkehrsplaner*innen der Stadt – die Verkehrsströme ohne all zu viele Staus an dem Nadelöhr untere Al und Nei Avenue vorbei zu führen.

Eine gewisse „Beruhigung“ des Verkehrs werden die Maßnahmen ohnehin mit sich bringen: Der normale Autoverkehr, der ja nicht mehr durch den unteren Teil der Al Avenue in Richtung Oberstadt fahren darf, wird über die Rocade de Bonnevoie geführt.

Die „Notlösung“ wird sogar von Dauer sein, da nach Inbetriebnahme der Tram die verbleibenden Busse, die in Richtung Stadtzentrum fahren, ohnehin durch die Al Avenue und über die Al Bréck geleitet werden.

Und auch den Radfahrer*innen gibt das Provisorium einen Vorgeschmack, wie bequem es in Zukunft sein wird vom Bahnhof in die Stadt (und zurück) zu gelangen: Wenn die Umbauarbeiten am Pont Adolphe abgeschlossen sind, und dort dann die Radpiste wieder in Betrieb genommen wird, wird auch das Reststück zwischen Bourbonstraße und der Brücke mit einer bidirektionalen Piste versehen. Dann wird es für die Fahrräder endlich eine durchgehende Verbindung zwischen Hauptbahnhof und Stadtzentrum – und zurück – geben.

Diese Lösung ähnelt doch sehr den Vorstellungen, die die Lëtzebuerger Vëlosinitiativ schon in den 1990er-Jahren formuliert hatte. Damals trauten sich die Gemeindeverantwortlichen allerdings nicht den freien Verkehrsfluss der Autofahrer*innen zu unterbinden, obwohl die Rocade de Bonnevoie gerade fertiggestellt war und das Bahnhofsviertel umfahren werden konnte. Und auch der Verlust der Parkplätze in der Avenue de la Gare, der jetzt nur noch in einem Nebensatz erwähnt wurde, galt damals als vollkommen inakzeptabel.


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