1990 wurde das Isabella Stewart Gardner Museum in Boston ausgeraubt. In der Doku „This Is a Robbery: The World’s Biggest Art Heist“ wird der Fall nochmal aufgerollt. Das verworrene Konzept gleicht anderen True Crime-Dokus des Streaming-Giganten Netflix.
„Wir haben hundert Leute gefragt: Wer hat 1990 Meisterwerke im Wert von 500 Millionen Dollar aus dem Isabella Stewart Gardner Museum in Boston gestohlen?“, könnte die Prämisse der vierteiligen Doku-Serie „This Is a Robbery: The World’s Biggest Art Heist“ lauten. Die Filmemacher*innen Jane Rosenthal, Linda Henry sowie die Brüder Colin und Nick Barnicle bringen den epochalen Kunstraub auf Netflix wieder ins Gespräch. Sie bedienen dabei das, was auf der Streaming-Plattform boomt: unübersichtliche True Crime-Formate mit zahlreichen Interviewpartner*innen.
„This Is A Robbery“ hieß es 1990 im Gardner Museum in Boston. An St. Patrick Day fesselten zwei Männer in Polizeiuniform die Nachtwächter mit Duct Tape im Keller des Museums. Sie streiften anschließend 81 Minuten durch die Ausstellungsräume, schnitten historische Leinwände aus Bilderrahmen und sackten insgesamt 13 Kunstwerke ein – darunter bedeutende Werke von Rembrandt, Vermeer, Degas und Manet. Expert*innen gehen davon aus, dass sie die ausgeschnittenen Leinwände zusammenrollten wie Poster. Die teilweise goldverzierten, prunkvollen Bilderrahmen ließen sie hängen. Einer landete leer auf dem Bürostuhl des Leiters der Sicherheitsabteilung, der in jener Nacht nicht vor Ort war. Das FBI ermittelte.
Im Vergleich zu den Mini-Dokus über die Serienmörder Ted Bundy („The Ted Bundy Tapes“) oder Luka Magnotta („Don’t F**k with Cats“) ist das Verbrechen in dieser Serie fast schon harmlos, trotz seiner Bedeutung für die Kulturgeschichte und das Museum. Netflix interessiert sich aber anscheinend für Produktionen, die sich mit Kriminalfällen in der Kunstwelt beschäftigen. Die Dokus „Made You Look: A True Story about Fake Art“ und „Beltracchi: The Art of Forgery“ erzählen beispielsweise von berüchtigten Kunstfälscher*innen. Wer sich „Made You Look“ oder „This Is A Robbery“ anschaut, verliert allerdings schnell den Faden. Während „Made You Look“ ein unübersichtlicher Dokumentarfilm ist, sind in „This Is a Robbery“ gleich mehrere Folgen unausgegoren.
In der Miniserie kommen, ähnlich wie im Film, so viele Expert*innen zu Wort, dass man am Ende keinen benennen kann. Zugegeben: Das mag auch an der eigenen Aufmerksamkeitsspanne liegen. Die Dokumentation der Ermittlungen zum Fall werden hingegen eindeutig unnötig in die Länge gezogen. Was in vier Episoden langatmig auseinandergebröselt wird, hätten die Produzent*innen auch in Spielfilmlänge erzählen können. Zwar vermitteln sie den Zuschauer*innen damit ein Gefühl für die langwierigen Recherchearbeiten und die Verworrenheit des Falls, doch muss das über vier Folgen hinweg passieren? Ja, um die Zuschauer*innen bei der Stange zu halten. Zum Erzählfluss trägt es jedenfalls nicht bei.
Um nur ein Beispiel zu nennen: Die kriminelle Vergangenheit eines Hauptverdächtigen wird ausgiebig nachverfolgt, um den Zuschauer*innen später zu eröffnen, dass der Mann zum Zeitpunkt der Tat hinter Gittern saß. Die Spur scheint verwischt, wird dann wieder aufgenommen und nochmal verworfen – ein Hin und Her, das für Ermittler*innen vermutlich auf der Tagesordnung steht, in der Doku jedoch zu viel Raum einnimmt.
Die Lifestyle-Zeitschrift Tatler kürt die Serie auf ihrer Website zum „must watch“. Auf artnet.com wird sie als „explosive“ bezeichnet, weil sie nie gezeigte Fotos des Geschehens offenbart und Spuren aufdeckt, die das FBI übersah. Argumente, die das Erzählkonzept, subjektiv betrachtet, jedoch auch nicht retten.