Unsanfter Tourismus: Schippern und schuften

Flusskreuzfahren sind seit einigen Jahren enorm im Kommen. Der Konkurrenzdruck in der Branche wird an die Angestellten durchgereicht, unbezahlte Überstunden und nicht ausbezahlte Löhne sind gang und gäbe. Doch die gewerkschaftliche Organisierung nimmt zu.

Neptun statt Nordmannstanne: Kreuzfahrten zu Weihnachten sind besonders beliebt. (Fotos: Ivo Mayr)

Ein Regenbogen steht über dem Ij, dem großen der beiden Flüsse Amsterdams. An dessen Ufer sind drei Baldachine errichtet, in Rot, Schwarz und Blütenweiß. Sie sehen aus wie Zelte für eine exklusive Garten-Party. „Viking“ steht auf der roten Überdachung, „Scenic“ auf der schwarzen, die blütenweiße trägt die Aufschrift „Crystal – The world´s most luxurious river cruise line“. Ein junger Mann schrubbt die Fenster des Schiffes, dem die pompöse Werbung gilt, als wolle er dem Superlativ damit noch einmal Nachdruck verleihen.

Taxis und Reisebusse fahren vor. Fahrgäste steigen aus, um sogleich an Bord zu gehen und sich in Passagiere zu verwandeln. Ihre Rollkoffer lassen sie unter den Baldachinen zurück.

Es ist halb zehn an einem ganz normalen Montagmorgen am Amsterdamer Anleger für Touristenschiffe. Die Hauptstadt der Niederlande ist eine der wichtigsten Destinationen für Flusskreuzfahrten in Europa. 2007 Mal liefen Schiffe die Metropole im letzten Jahr an, mit insgesamt mehr als 406.000 Fahrgästen an Bord. Allein an diesem Steg liegen nun sieben der Kähne vor Anker. Sie tragen Namen wie „Inspire“ oder „Marvel Diamond“ und haben Panoramakabinen mit breiter Fensterfront oder eigenem Balkon.

Montags beginnen eine ganze Reihe von Cruises. Neue Passagiere laufen am Anleger herum, andere, die hier nur Station machen, brechen zum Stadtbummel auf. Nur der Angler, der hier jeden Tag sitzt, hält diesem Gewimmel stand. Unbeeindruckt blickt er mit der immer gleichen stoischen Mine aufs Wasser.

Viele Schiffe nutzen den Aufenthalt in Amsterdam um den angesammelten Müll zu entsorgen. Ein Lastenboot mit offenem Bauch hat am Kai festgemacht. Besatzungsmitglieder der Kreuzfahrtschiffe werfen in hohem Bogen Abfallsäcke dort hinein. „Hey, die Amaserena ist fertig!“, ruft jemand aus der betreffenden Crew. Die schwimmende Müllabfuhr legt ab.

Unter dem Baldachin mit dem „Scenic“-Logo steht ein Mann mittleren Alters und wartet. Er stammt aus Ungarn, wie nicht wenige Mitglieder des Personals bei Flusskreuzfahrten. Ab und an nimmt er gerade Angekommenen die Koffer ab und weist ihnen den Weg aufs Schiff. Dazwischen plaudert er, unter der Bedingung anonym zu bleiben, ein wenig aus dem Nähkästchen. Auf Rhein und Donau fährt er zwischen Amsterdam und Budapest hin und her: einen Monat Arbeit, einen Monat frei, immer im Wechsel. Früher arbeitete auch seine Frau an Bord. Jetzt ist sie zu Hause in Ungarn, der Kinder wegen.

Das alles hier hat den Charme eines schwimmenden Hobbykellers, und genau das macht für viele den Reiz aus.

In den zehn Jahren, in denen er im Geschäft ist, hat er die Branche rasant wachsen sehen. „Zu viele Schiffe“ seien es, gefährlich voll daher auch auf dem Wasser, etwa wenn man vor einer Schleuse warten müsse. Im Frühjahr gab es auf der Donau in Budapest einen tödlichen Unfall mit einem Ausflugsboot.

Doch auch an Bord werde es eng, sagt der Mann. Mittlerweile werde an Räumlichkeiten für die Crew gespart, um mehr Passagiere unterzubringen. 179 Gäste passen auf sein Schiff. Von den 50 Crew-Mitgliedern stammen viele aus Bulgarien, Rumänien und Indonesien. Das Gehalt, rund 2.000 Euro im Monat, sei weitaus mehr, als er in Ungarn verdienen könne. Dafür hat seine Woche sieben Tage und der Arbeitstag zwölf Stunden. Manchmal auch 16, je nachdem, was eben so anfällt.

Was man an diesem Anleger gleich hinter dem Bahnhof Amsterdam Centraal sieht, ist vor allem das Luxussegment der Branche. Ein paar Hundert Meter weiter westlich liegen deutlich einfachere Schiffe vor Anker. Auch Fahrrad-Cruises gibt es hier, bei denen die Gäste ihren eigenen Drahtesel mitbringen oder an Bord ein Rad ausleihen können. Dem Klischee vom wohlhabenden Senioren aus Übersee entspricht diese Klientel nicht, stattdessen sieht man Pärchen aus der deutschen Provinz, in bunter Funktionskleidung ausstaffiert. Auch sie sind empfänglich für die Idee, in gemächlichem Tempo einen Fluss hinab- oder heraufzugleiten.

Trübes Wetter, trübe Stimmung? Perspektiven einer Flusskreuzfahrt.

Die MPS (Motor-Passagier-Schiff) Salvinia verfügt über keine Panoramakabinen. Auch gibt es hier keine Baldachine, um die neuen Passagiere an diesem windigen Dezemberabend zu empfangen, wenn sie mit ihren Rollkoffern am Rheinkai in Arnheim ankommen. Dafür hat man nicht mit Lichterketten gegeizt, die oben an Deck ein wahres Blinkgewitter veranstalten.

Was die „Salvinia“ von den Hochglanzschiffen in Amsterdam unterscheidet, ist nicht zuletzt ihre Geschichte. Vor etwa 90 Jahren diente das Schiff als Schlepper in der Schweiz, war auf den Namen Uri getauft und damals einer der längsten dieser Frachtkähne auf dem Rhein. In den 1970er-Jahren zum Passagierschiff umgebaut, wurde es schließlich 1997 von der heutigen Eigentümerfamilie übernommen, die sich hinter dem Reedereinamen „Feenstra Rijn Lijn“ verbirgt.

An Bord gibt es drei Etagen: im Untergeschoss und auf der Nullebene liegen die Kabinen, die aus zwei Betten, Schrank und TV bestehen, ein paar Quadratmeter inklusive Nasszelle mit Dusche und Toilette. Auf den Betten sind zur Begrüßung Tannenzweige drapiert, dazu eine Weihnachtskarte von Schiffsbesitzer und Crew. Im Erdgeschoss befindet sich das Restaurant, in der obersten Etage die Bar und ein angebautes Großraumzelt, das als Raucherlounge dient. Auf dem Außendeck stehen zwischen einigen Sitzgruppen auch zwei Hometrainer.

Schon beim Ablegen ist die Bar gut besucht. Das Personal auf diesem Schiff stammt wie die meisten Passagiere aus den Niederlanden und hat bereits alle Hände voll zu tun. Am Ufer zieht die industrielle Kulisse des Rheinlands vorüber. Die Gäste sind bis auf wenige Ausnahmen fortgeschrittenen Alters. Am Tresen tauschen sich zwei Paare über die Weihnachtsmärkte von Duisburg und Düsseldorf aus, die auf dem Programm stehen. Gegen Mitternacht legt die „Salvinia“ in Emmerich an, kurz hinter der deutschen Grenze. Die Bar hat geöffnet, solange es Bedarf gibt.

Der Niederrhein kann niederschmetternd sein – düstere Gedanken kommen einem in den Sinn, wenn man am Morgen auf ein regnerisches Ufer blickt, das aus drei Elementen besteht: grüne Deichböschungen, kahle Bäume und Steinbuhnen, die sich ins Wasser ziehen. Passagier Kees Heessels ist anderer Meinung: „Die Landschaft langweilt nie. Es gibt immer etwas zu entdecken.“ Diese Erkenntnis hat der um die Sechzigjährige auf 55 Flusskreuzfahrten gewonnen. Als wolle er dies bestätigen, weist der Kapitän per Durchsage auf die Reste der Brücke von Wesel hin, und auf einen massiven Schubkahn mit einer Kapazität von mehr als 15.000 Tonnen. „Wir kommen immer tiefer ins Ruhrgebiet.“

Kees Heessels, von Beruf Krankenpfleger, kennt viele der anderen Kreuzfahrtschiffe, die auf dem Fluss vorbeiziehen, aus erster Hand. Websites wie „cruisemapper.com“ vermitteln einen Einblick, wie viele davon auf dem Rhein unterwegs sind. „Ab den 1960ern wurden Frachter zu Passagierschiffen umgebaut. Damals gab es nur winzige Schlafzimmer mit Waschbecken, duschen musste man auf dem Gang“, weiß Heessels, dessen Eltern um diese Zeit auf den Geschmack kamen. „Als ich sie das erste Mal begleitete, ergriff mich die Schönheit der Ruhe und Entspannung an Bord.“ Den Weihnachtsmarkt-Cruise absolviert er mit seinen Geschwistern – im Gedenken an die mittlerweile verstorbenen Eltern. Dass andere Schiffe viel luxuriöser sind, interessiert ihn nicht. Er mag es authentisch: „Die Salvinia ist ein informelles Schiff mit Wohnzimmergefühl.“

Mittlerweile wird an Räumlichkeiten für die Crews gespart, um mehr Passagiere unterzubringen.

Davon zeugt auch das Abteil des Kapitäns, das während der Fahrt immer offen steht. Neben dem Steuer trällern zwei Wellensittiche in einem Käfig, neugierige Passagiere schauen dem Kapitän über die Schultern. Per Durchsage macht er bekannt, dass das „prächtig schöne Duisburg“ bald erreicht ist. Da viele Passagiere auf dieser Reise schon mehrfach an Bord waren, können sie die Ironie einordnen. Die Stahlküchenstadt im Nieselregen ist begrenzt atmosphärisch, woran auch der Weihnachtsmarkt, der sich eine karge Fußgängerzone entlangzieht, wenig ändert. Und dennoch: Die geballten Referenzen an Hüttenzauber, Après-Ski und alles, was irgendwie mit Gebirge zu tun hat, übt auf viele Niederländer eine latente Faszination aus.

Wieder an Bord, steht ein festliches Abendessen an, gefolgt von „Live-Musik mit Helga & Klaus”. Das Alleinunterhalter-Duo und Ehepaar aus Oberhausen tritt seit vielen Jahren an Bord der „Salvinia“ auf und ist dem Familienunternehmen sehr verbunden. Zu Hansi Hinterseer wird geschwoft, und zu den Klängen von „Let it snow“ prostet man sich mit Eierlikör zu.

Das Leben ist ein langer träger Fluss: Familiäre Weihnachtsstimmung an Bord eines Binnenkreuzfahrtschiffs.

Später am Abend werden zwei andere Frauen sagen, dass die Weihnachtsmärkte sie eigentlich gar nicht interessieren, sie seien wegen der Atmosphäre an Bord jedes Jahr mit dabei. Man steht in der Raucherlounge vor einer improvisierten Zapfanlage, die nur im Sommer betrieben wird. Geschmückt ist sie mit Tannengrün und einem Paar Skiern, daneben eine gleißend erleuchtete Rentierfigur. Das alles hier hat den Charme eines schwimmenden Hobbykellers, und genau das macht für viele den Reiz aus. Keyboarder Klaus erklärt: „Es ist hier nicht wie bei Viking Cruises, dem Marktführer aus Basel. Überkandideltes mögen die Leute hier nicht.“

Dabei ist für schrullig-wohlige Nostalgie eigentlich wenig Platz in dieser Branche. Der Boom brachte auch Wachstumsschmerzen in Folge von hohem Konkurrenzdruck mit sich, den vielfach die Angestellten ausbaden müssen. Sie erzählen von massenweise unbezahlten Überstunden und schlechter Zahlungsmoral. Holger Schatz, in Basel ansässiger Geschäftsführer der Gewerkschaft „Nautilus International“, bestätigt dies: „Immer mehr Mitglieder melden sich bei uns, weil sie die Schnauze voll haben.”

Ein Betrieb, der häufig auffällig wird, ist die niederländische Reederei „SijFa“. Per Mail gelingt es, Kontakt zu zwei ehemaligen Mitarbeitern aufzunehmen. Imre Szabó und Bogdan Micevski, die ihre richtigen Namen nicht publiziert sehen möchten, erklären beide, die vereinbarten Arbeitsstunden seien nicht eingehalten worden. An die Gewerkschaft wandten sie sich aber vor allem, weil ihr Lohn nicht ausbezahlt wurde. Bei Szabo standen gleich zwei Gehälter aus. Er ergänzt, dass die Bezahlung öfters auf sich warten lässt und darum die Crew häufig wechsle. Micevski bescheinigt den Eigentümern, sie vermittelten ihren Angestellten, dass diese ja gehen könnten, wenn es ihnen nicht passt.

Nicht nur diese beiden haben mit ihrem alten Arbeitgeber noch eine Rechnung offen. Hans Lavalle (Name von der Redaktion geändert), der in leitender Funktion eine Saison lang auf einem der drei Boote der Reederei arbeitete, wartet auf anderthalb Monatsgehälter und die obligatorischen Rentenkassenbeiträge. Die in der Schweiz ansässige Crewing-Agentur der Reederei, die für das Personalwesen zuständig ist, hätte diese laut Arbeitsvertrag bezahlen müssen. Hinzu kommen mehr als 1.000 nicht bezahlte Überstunden. Die Gewerkschaft hat einen Anwalt eingeschaltet.

„Das Gros der Leute kommt aus Osteuropa und wird gezielt von Agenturen dort angeworben, wenn Reeder etwa Spüler oder Kellner brauchen.“

An einem diesigen Tag im November ist Lavalle, der noch immer in der Branche arbeitet, in ein Café nahe einem deutschen Rheinhafen gekommen, um seine Geschichte zu erzählen. Seine Arbeitstage an Bord dauerten zum Teil 16 bis 18 Stunden – inklusive Pausen und Papierkram. Daran ist er zwar gewöhnt. Wütend wird er allerdings noch immer, wenn er an den zusätzlichen Aufwand durch die ausstehenden Löhne denkt: „Meine Leute beschwerten sich bei mir, dass sie kein Gehalt bekamen. Ich schrieb dann ans Büro, rief an. Sie sagten, die Beträge seien überwiesen.“ Ab und zu, wenn das Gezerre zu lange dauerte, kam das Eigentümerpaar an Bord. „Dann fuhren sie mit ihrem Mercedes vor, und der Spüler fragte sich: Warum bezahlen sie meine 1.000 Euro nicht?“

Bei solchen Besuchen, sagt Hans Lavalle, habe die Reederin auch schon mal Überweisungsbelege vorgezeigt. „Auf denen sah man, dass die Transaktionen erst am Morgen getätigt waren. Sie sagte aber, es wäre schon vor Wochen geschehen.“

Das letzte Monatsgehalt vor der zweimonatigen Pause bei Jahresbeginn wurde zunächst überhaupt nicht ausgezahlt. Damit wurde gewartet bis zu Beginn der neuen Saison im März. „Wenn die Crewmitglieder zurückkommen, bekommen sie das letzte Gehalt aus dem Vorjahr. So machen sie die Leute abhängig. Wenn du weggehst, bekommst du gar nichts. Aus dieser Angst heraus haben auch die wenigsten gekündigt.“ Umso schwerer ins Gewicht fällt dieses Detail angesichts der Herkunftsländer der Matrosen: „Wir hatten viele Serben, Mazedonier und Ungarn. Das Gros der Leute kam aus Osteuropa. Sie werden dort gezielt von Agenturen angeworben, wenn Reeder zum Beispiel einen Spüler oder Kellner brauchen.“

„Jingle Bells“ an Bord: die Alleinunterhalter Helga & Klaus sorgen für die musikalische Umrahmung.

Rheinaufwärts in Basel bereitet die Gewerkschaft „Nautilus International“ derweil ernsthafte Schritte gegen die Reedeei vor. Zweimal hat man das Unternehmen angeschrieben und mehrfach mit den Besitzern telefoniert. Diese versicherten, sich um die Sache zu kümmern – ohne Ergebnis. Inzwischen erwägt man bei „Nautilus“, eines der Schiffe nun im Dezember, da die Weihnachts-Cruise-Saison begonnen hat, bei einem Stopp in den Niederlanden zu blockieren, mit allen Passagieren an Bord.

Der Reederei hat man jedenfalls eine Aktion angekündigt und eine Frist gesetzt. Mails zwischen den Niederlassungen in Basel und Rotterdam gehen hin und her. Man erwägt auch, „Aquapol“ einzuschalten, die internationale Wasserpolizei. Und hofft zugleich, dass die Reederei noch einlenkt: „Sie haben Versäumnisse eingeräumt. Es scheint, dass sie nun endlich zahlen. Sie wissen, dass wir es ernst meinen”, berichtet „Nautilus“-Geschäftsführer Holger Schatz.

Eben ist der Gewerkschaftsmann in Amsterdam gelandet, auf dem Rückweg von einem Treffen der Donaukommission in Bratislava, wo er einen Vortrag gehalten hat. Flusskreuzfahrten waren ein wichtiges Thema dort, Gewerkschaften, Redereien, Tourismusbranche, alle waren da. In einem Streitgespräch ging es um Arbeitsbedingungen, natürlich, aber auch um Ökologie und „overtourism“.

Ist eine solche Diskussion ein Anzeichen, dass sich die Situation auf den Flüssen ändert? Einerseits dominieren noch immer Schweizer Arbeitsverträge. „Weil sie mehr Hire and Fire“ erlauben, so Holger Schatz. Das Vorgehen der Reederei „SijFa“ etwa sei „symptomatisch, weil die Branche lange ungestört wachsen konnte. Auch Gewerkschaften interessierten sich zunächst nicht dafür. So entstand ein fast rechtsfreier Raum, in dem man alles tat, was man konnte, wo Lohndumping und Ausbeutung an der Tagesordnung waren.”

Auf der anderen Seite zeigen die Kampagnen, die „Nautilus International“ als größte Gewerkschaft auf den Flüssen startete, langsam Wirkung. Was wohl auch eine Folge der Gerichtsprozesse ist, die man vor allem gegen „Viking Cruises“ anstrengte und die mit Vergleichen endeten. Nun nehme der Organisationsgrad zu, berichtet Holger Schatz. Gerade osteuropäisches Personal wisse um seine Rechte und lasse sich weniger gefallen.

Jüngster Ausdruck der Bemühungen ist ein Gesamtarbeitsvertrag, den „Nautilus“ im November mit „River Advice“ abschloss, dem größten der Crewing-Unternehmen, die für die meisten Redereien Personalangelegenheiten regeln. Er gilt für 3.000 Beschäftigte auf 100 Schiffen. In einer gemeinsamen Erklärung bekennt man sich zu „Mindestlöhnen, angemessenen Arbeitszeiten und transparenter Zusammenarbeit“ – etwa, was die Abrechnung der Arbeitsstunden betrifft. Zudem wird der Gewerkschaft auch jederzeit Zugang zu den Schiffen eingeräumt.

Für die Branche setzt dieser Schritt Maßstäbe. Die anderen Unternehmen und ihre Reedereien geraten in Zugzwang. „River Advice“ wolle sein Personal nun sogar selbst ermutigen, der Gewerkschaft beizutreten, so Holger Schatz. Gemeinsam haben man ein „Fair Cruise“-Zertifikat geschaffen. „Das wird nun natürlich in allen Prospekten auftauchen, und selbst in den Restaurants an Bord.“

Tobias Müller berichtet für die woxx vorwiegend aus Belgien und den Niederlanden. Ende voriges Jahr ist von ihm im VSA-Verlag das Buch „Hier draußen an der Grenze: Repressive Elendsverwaltung auf europäischen Migrationsrouten“ erschienen.

Flusskreuzfahrten gelten als einer der größten Trends im internationalen Tourismus-Sektor, mit jährlichen Wachstumsraten von zehn bis 15 Prozent. Noch 1995 gab es laut Reedereibranche gerademal 50 aktive Schiffe. Heute sind es mehr als 300. Die Schifffahrtsgewerkschaft „Nautilus International“ geht sogar von 365 Schiffen aus, wobei die Schweiz mit 170 das größte Kontingent stellt. Die Branche zählt 16.000 Angestellte, von denen ein Fünftel im nautischen Bereich und der Rest im gastronomischen Sektor arbeitet. Laut der Branchenvereinigung „Cruise Lines International Association“ wurde ein Drittel der Schiffe in den letzten zehn Jahren gebaut. Gerade die Branchenriesen setzen dabei immer deutlicher auf eine luxuriöse Ausstattung der Schiffe. Dagegen regt sich an Land vielerorts Protest gegen immer mehr Anlandungen, Verschmutzung durch Dieselmotoren und zunehmende Überfüllung der Innenstädte.


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