Willis Tipps
: Oktober 2016

Neugriechische Klänge

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Schon in den 1980er Jahren waren Kristi Stassinopoulou & Stathis Kalyviotis in Bands aktiv und bearbeiteten griechische Musik aus der Rock- und Punk-Perspektive. Seit 2001 haben sie als Duo großen Erfolg in der Weltmusikszene und legen nun nach. Das Album Nyn (= jetzt) ist sehr experimentell, sehr elektronisch, sehr griechisch und ein würdiger Nachfolger ihres großartigen 2012er Albums „Greekadelia“. Das Mellotron kommt zum Einsatz, wie auch die traditionelle Lauto. Die Texte handeln von den schwierigen Bedingungen, unter denen die meisten Menschen in Griechenland wegen der erzwungenen Sparpolitik seit Jahren leben müssen. Ich mag keine mehr oder weniger belanglosen Aufnahmen, die mit ein paar „Ethno“-Samples auf exotisch geschminkt werden. Hier es umgekehrt: Die beiden kommen aus der Tradition und interpretieren sie hochmodern.


Kristi Stassinopoulou & Stathis Kalyviotis – Nyn (Riverboat Records/World Music Network)


Authentisches Madagaskar

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Die Musik Madagaskars war bis Ende der 1990er Jahre ein wichtiges Element der Weltmusikszene. Nun gibt es endlich wieder etwas. Tanga, von Beruf Bauer, ist ein versierter Musiker aus dem südlichen Hochland. Musik ist dort noch kein isoliertes Klangereignis, sondern integraler Bestandteil kultureller Zeremonien, in denen die Verehrung der Ahnen eine zentrale Rolle spielt. Vor allem selbstgebaute Instrumente wie die Kabôsy-Laute, die meist den Ton angibt, begleiten den (Chor-)Gesang. Das Album Le Trésor des ancêtres wurde vor Ort im Dorf mit allen dazugehörigen Nebengeräuschen aufgenommen. Autenthische, gelebte Musikkultur mit fesselndem Drive!

Tanga – Madagascar: Le Trésor des ancêtres (Buda Records)

Kambodschanischer „Blues“

1392willi3Die Menschen in Kambodscha hatten schwer unter den US-Bombadierungen im Vietnamkrieg zu leiden und erlebten dann unter der Herrschaft der „Roten Khmer“ in den 1970er Jahren massenhafte willkürliche Inhaftierung, Folter und Mord. „They will kill you, if you cry“ ist eine ergreifende CD, in der überlebende Musiker zu hören sind, die traditionelle Musik spielen. In den Texten geht es sowohl um die Leiden, die sie während der Diktatur zu ertragen hatten, als auch um alltägliche Themen. Die Musik Kambodschas ist den meisten wohl nicht geläufig, aber es lohnt sich, vorurteilsfrei die Ohren zu öffnen. Der Gesang ist geformt durch den besonderen Charakter der Sprache; oft sehr kantig und rau, erinnert er bei einigen Stücken, z.B. denen von Kong Nai, an den afro-amerikanischen Talking Blues, allerdings hier mit Begleitung durch die traditionellen Laute Chapey. Ein Glück, dass es nicht gelungen ist, diese originelle Musik auszulöschen.

Khmer Rouge Survivors – „They will kill you, if you cry“ (Glitterbeat)


 

 

 

Oktober – Top 20

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1. Kristi Stassinopoulou & Stathis Kalyviotis – Nyn (Riverboat Records) Griechenland
2. Kayhan Kalhor, Aynur, Cemîl Qoçgirî & Salman Gambarov – Hawniyaz (Harmonia Mundi) Iran/Türkei/Kurdistan
3. Khmer Rouge Survivors – „They will kill you, if you cry“ (Glitterbeat) Kambodscha
4. Noura Mint Seymali – Arbina (Glitterbeat Records) Mauretanien
5. Constantinople & Ablaye Cissoko – Jardins Migrateurs (Ma Case) Iran/Kanada/Senegal
6. Refugees for Refugees – Amerli (Muziekpublique) Irak/Syrien/Afghanistan/Pakistan/Tibet
7. Richard Bona & Mandekan Cubano – Heritage (Qwest Records) Kamerun/USA
8. Calypso Rose – Far from Home (Because Music) Trinidad/Tobago
9. Ana Alcaide – Leyenda (ARC Music) Spanien
10. Tuuletar – Tules Maas Vedes Taivaal (Bafe‘s Factory) Finnland
11. Kepa Junkera & Sorginak – Maletak (Fol Música) Spanien/Baskenland
12. Bitori – Legend of Funaná: The Forbidden Music of The Cape Verde Islands (Analog Africa) Kapverden
13. Vieux Kanté – The Young Man‘s Harp (Sterns Africa) Mali
14. Harold López-Nussa – El Viaje (Mack Avenue Records) Kuba
15. Tanga – Madagascar: Le Trésor des Ancêtres (Buda Musique) Madagaskar
16. Mabiisi – Mabiisi (Akwaaba Music) Ghana/Burkina Faso
17. Jean-Guihen Queyras, Bijan Chemirani, Keyvan Chemirani & Sokratis Sinopoulos – Thrace: Sunday Morning Sessions (Harmonia Mundi) Frankreich/Griechenland
18. Söndörgő – Live Wires (Riverboat Records) Ungarn
19. Zomba Prison Project – I Will Not Stop Singing (Six Degrees Records) Malawi
20. Fanfare Ciocărlia – 20 (Asphalt Tango Records) – Vinyl only – Rumänien

Die ganze Chart auf http://www.transglobalwmc.com/ und bei Facebook „Mondophon auf Radio ARA“

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