Iranisch-malische Verbindungen
Wenn sich zwei treffen, die als die größten lebenden Meister auf ihren Instrumenten gelten, darf man Besonderes erwarten. Der Teheraner Kayhan Kalhor spielt die alte persische Stachelgeige Kamantsche, die mit ihrem kleinen runden Resonanzkörper einen erdigen, charaktervollen Klang besitzt. Toumani Diabaté aus Mali ist der berühmteste Spieler der imposanten Stegharfe Kora. Die Idee für das Album The Sky Is the Same Colour Everywhere entstand, nachdem beide Künstler vor einigen Jahren beim Osnabrücker Morgenland-Festival aufeinandergetroffen waren. Das nun vorliegende Album ist weit mehr als ein Dialog zwischen afrikanischer und persischer Klangkunst, denn Kalhor und Diabaté gelingt es, eine gemeinsame musikalische Sprache zu kreieren, in der beides zu einer Einheit verschmilzt. Zwar gibt das Booklet neun unterschiedliche Stücke an, tatsächlich ist es aber die Aufnahme einer äußerst spannungsreichen 52-minütigen Improvisation, die nicht nachbearbeitet werden musste. Wer Kayhan Kalhor bereits im Konzertsaal erlebt hat, wie zum Beispiel letztes Jahr in der Luxemburger Philharmonie, ahnt, wovon ich rede. Atemberaubend!
Kayhan Kalhor and Toumani Diabaté – The Sky Is the Same Colour Everywhere – Real World Records
Portugal jenseits von Fado
Durch die internationale Erfolgsgeschichte des Fado, der in den Arbeiter*innenvierteln Lissabons entstand und auch nach Coimbra schwappte, sind andere portugiesische Musikformen im Ausland – selbst in Luxemburg mit seiner großen portugiesischen Community – weitgehend unbekannt geblieben. Dabei gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher und sehr interessanter Stile, die sich in den verschiedenen Regionen entwickelt haben. Das große Ensemble Retimbrar aus Porto, das eine kraftvolle Perkussionsgruppe besitzt, hat jetzt das Album Levantar do Chão herausgebracht. Es enthält Stücke, die in den letzten Jahren zusammen mit zahlreichen anderen portugiesischen Folkgruppen aus verschiedenen Gegenden aufgenommen wurden. Was man hier zu hören bekommt, ist ein sehr interessanter Überblick über die Vielfalt im Westen der Iberischen Halbinsel, mit sehr viel Perkussion, traditionellen Saiteninstrumenten, Frauengesang und vor allem mit der Stimme von Retimbrars Sara Yasmine. Die Gruppe nennt das TugaBeat. Eine exzellente Einführung in ganz andere Facetten portugiesischer Musik, die viele bisher verpasst haben. Absolut lohnenswert!
Retimbar – Levantar do Chão – Revolução d’Alegria
Finnland instrumental
Die finnische Gruppe Frigg hat 2019 ihr 20-jähriges Bestehen mit dem Album Frixx gefeiert und nun das neue Perintö, Heritage veröffentlicht. Der Name des Septetts ist von der bedeutenden nordischen Göttin Frigg (auch Frigga) hergeleitet. Neben der Gitarre, der Mandoline und dem Kontrabass dominieren in der Gruppe die vier Violinen. Einige ihrer Mitglieder kommen aus Kaustinen, einer Stadt im westlichen Finnland, die seit Jahrzehnten ein renommiertes Musikfestival beherbergt. In dieser Gegend klingt die Musik aus historischen Gründen ähnlich wie in Schweden und Norwegen, nämlich sehr eingängig und bestens tanzbar. Das ist auch der Schwerpunkt von Frigg, allerdings findet sich auf der Platte auch etwas aus Ostfinnland. Wie der Name der neuen Scheibe verspricht, hat die Gruppe zwölf traditionelle Melodien neu arrangiert; da findet man Polskas, Walzer und Mazurkas, mal in gesetztem, mal in beschwingtem Tempo. Ganz feine Instrumentalmusik eines Spitzenensembles!
Frigg – Perintö, Heritage – Bafe’s Factory/Nordic Notes
Frauenpower aus Benin
Vor zweieinhalb Jahren hatte ich an dieser Stelle das Debütalbum dieser bemerkenswerten Gruppe besprochen. Nun liegt die zweite Platte In Paris vor und auch sie kann ich nur wärmstens ans Herz legen. Die Star Feminine Band ist eine siebenköpfige Gruppe von jungen Frauen, die nicht nur singen, sondern auch alle Instrumente spielen. Diese Gruppe, die klare feministische Positionen vertritt, kommt aus Benin, jenem kleinen westafrikanischen Land, aus dem der Weltstar Angélique Kidjo stammt. Während sich Kidjo heute meist mit allen möglichen gefälligen Stilen beschäftigt, spielt die Star Feminine Band Musik aus ihrer Heimat. Das ist elektrisch mit viel Balaphon, treibend, polyrhythmisch, auch mal mit etwas Reggae, ohne den heute üblichen öden 4/4-Beat und mit starkem Frauengesang, der sowohl im Chor wie solo mit erfrischend ungekünstelten jungen, offenbar begeisterten – und begeisternden – Stimmen überzeugt.
Star Feminine Band – In Paris – Born Bad Records
Transglobal World Music Chart Juni – Top 20
1. Kayhan Kalhor and Toumani Diabaté · The Sky Is the Same Colour Everywhere · Real World
2. Ali Farka Touré · Voyageur · World Circuit
3. Fatoumata Diawara · London Ko · 3e Bureau/Wagram Music
4. Baaba Maal · Being · Marathon Artists
5. Dur-Dur Band Int. · The Berlin Session · Outhere
6. Damir Imamović · The World and All That It Holds · Smithsonian Folkways Recordings
7. Kimi Djabaté · Dindin · Cumbancha
8. Omara Portuondo · Vida · One World
9. Hiram Salsano · Bucolica · Hiram Salsano
10. Driss El Maloumi · Aswat · Contre-Jour/Zig Zag World
11. King Ayisoba · Work Hard · Glitterbeat
12. Altın Gün · Aşk · Glitterbeat
13. Al Bilali Soudan · Babi · Clermont Music
14. Aditya Prakash · Karnatik Roots · Yarlung
15. Sissoko, Segal, Parisien, Peirani · Les Égarés · Nø Førmat
16. Plena Libre · Cuatro Esquinas · GN Música
17. Seckou Keita with BBC Concert Orchestra · African Rhapsodies: A Work for Kora and Symphonic Orchestra · Claves
18. Inna Baba Coulibaly · Djilly Kawral · Remote/Studio Mali
19. Brìghde Chaimbeul · Carry Them With Us · Tak:til/Glitterbeat
20. NaÏssam Jalal · Healing Rituals · Les Couleurs du Son