Willis Tipps: März 2021

Eine Perle ungarischer Roma-Musik

Schon in den 1990ern hat Mónika Lakatos ihre ersten Erfolge in Ungarn gefeiert und wurde im letzten Jahr von der Weltmusikmesse Womex in Budapest mit dem Artist Award geehrt. Das war die hochverdiente Würdigung einer bedeutenden Sängerin und auch ein politisches Signal gegen die fortgesetzte Diskriminierung der Roma – nicht nur – in Orbans Ungarn. Nun ist die CD Hangszín mit ihrer Band Cigány Hangok (Gipsy Voices) erschienen. Diese kleine, fast zerbrechlich wirkende Frau hat eine ganz starke Stimme, die sowohl bei schnellen Liedern als auch bei getragenen Lamentos Gänsehaut bei den Hörer*innen erzeugt. Mónika Lakatos gehört den Oláh-Roma an, eine Volksgruppe, die einst aus Tschechien nach Ungarn gezogen ist, einen eigenen Dialekt spricht und unter den ungarischen Roma eine Minderheit bildet. Lakatos‘ aktuelle CD ist ein erstaunliches Stück Musik einer wunderbaren Roma-Sängerin aus Ungarn, die weit über bekannte Gipsy-Klischees hinausgeht.

Mónika Lakatos and the Gipsy Voices – Hangszín (Music Hungary Zenemükiadó)


Mit Omar Sosa durch Ostafrika

Der kubanische Jazzpianist Omar Sosa macht seit 1997 Platten mit großer Variationsbreite, wie 2018 mit der Geigerin und Sängerin Yilian Cañizares. Es hat ihn aber immer wieder zur Musik Afrikas hingezogen. So auch auf seinem neuen Album, das zehn Jahre bis zur Fertigstellung benötigte und dessen Titel An East African Journey schon verrät, wo es dieses Mal hingeht. Sosas Piano, Drums und Bass schaffen die Grundlage für die feinen Kooperationen mit Musikern aus sieben Ländern, deren Musik und deren typischen Instrumente im Mittelpunkt stehen. Jeweils nur ein oder zwei Musiker sind auf den dreizehn verschiedenen Stücken zusammen mit Sosas Trio zu finden. Vertreten sind renommierte Musiker aus Madagaskar (die Valiha- und Marovanymeister Rajery und Monja Mahafay!), aus Kenia, dem Sudan, Äthiopien, Burundi, Sambia und Mauritius. Nicht Jazz-Affine brauchen sich nicht zu sorgen, denn Omar Sosa dominiert hier nicht, sondern setzt originelle Pianotupfer in die verschiedenen Klänge der jeweiligen Länder. Eine ganz feine Platte!

Omar Sosa – An East African Journey (Ota Records /Music Development Company)


Türk-Folk-Pop ganz von heute

„Turkish Psych Folk band from Amsterdam“ lautet die Eigenbezeichnung der Band Altin Gün (Goldene Tage). Vier Mitglieder sind Niederländer, zwei haben türkische Wurzeln, darunter die Sängerin Merve Dasdemir. Das dritte Album Yol ist gerade erschienen und erinnert wieder an anatolische Klänge, wie man sie schon vor Jahrzehnten auch in den Städten Westeuropas hätte hören können, hätte man sich nur in die türkischen „Salonus“ gewagt. Natürlich ist das up to date arrangiert und produziert, verströmt aber den Charme der anatolischen Musik von früher, die die meisten hier verpasst haben. Das ist weit mehr als flacher Türk-Pop, denn die Band spürt den Wurzeln türkischer Musik nach. Yol enthält unter anderem eine moderne Form eines Stückes des legendären Asık Veysel. Asıks sind die Troubadoure der Turkvölker mit ganz langer Geschichte. Was gibt es Besseres in moderner Musik, als eine Band, die mit Rockbesetzung, Keyboard und Saz-Laute nicht die banal-globalen Rock- und Pop-Rezepte reproduziert, sondern topaktuell und einzigartig klingt, weil sie sich von wertvollen Traditionen inspirieren lässt? Im Mai live in Esch/Alzette!


Altin Gün – Yol (Glitterbeat)


März – Top 20

1. Omar Sosa · An East African Journey · Otá Records (Kuba/Ostafrika)
2. Warsaw Village Band / Kapela ze Wsi Warszawa · Waterduction / Uwodzenie · Karrot Kommando (Polen)
3. David Walters, Vincent Ségal, Ballaké Sissoko, Roger Raspail · Nocturne · 
Heavenly Sweetness / Six Degrees Records (Martinique/Mali/Guadeloupe/F)
4. V.A. · Zanzibara 10: First Modern, Taarab Vibes from Mombasa & Tanga, 
1970-1990 · Buda Musique (Kenia/Tansania)
5. Altın Gün · Yol · Glitterbeat (NL/Türkei)
6. Mariza · Mariza Canta Amália · Taberna da Música / Warner Music (Portugal)
7. Stella Chiweshe · Ambuya! · Piranha (Zimbabwe)
8. Elida Almeida · Gerasonobu · Lusafrica (Kapverden)
9. Rembrandt Frerichs Trio & Hossein Alizadeh · Same Self, Same Silence · Just Listen Records (NL/Iran)
10. Anansy Cissé · Anoura · Riverboat Records / World Music Network (Mali)
11. L’Alba · À principiu · Buda Musique (Frankreich/Korsika)
12. Transglobal Underground · A Gathering of Strangers 2021 · Mule 20 (UK)
13. Ánnámáret · Nieguid Duovdagat · Uksi Productions (Finnland/Sapmi)
14. Gájanas · Čihkkojuvvon · Bafe’s Factory (Finnland/Sapmi)
15. Luedji Luna · Bom Mesmo É Estar Debaixo d’Água · Luedji Luna (Brasilien)
16. Sofia Labropoulou · Sisyphus · Odradek (Griechenland)
17. Smadj · Dual · Pschiit (Tunesien/F)
18. Liraz · Zan · Glitterbeat (Israel/Iran)
19. Las Lloronas · Soaked · Muziekpublique (Belgien)
20. Eliseo Parra · Cantar y Batir · Dalamix (Spanien)

Die TWMC TOP 20/40 bei: http://www.transglobalwmc.com/ und bei Facebook „Mondophon auf Radio ARA“ und www.woxx.lu/author/Klopottek.


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