Bosnische Botschafter
Der Balkan hat nicht nur Blaskapellen. Bei Divanhana klingen u.a. Akkordeon, Violine, Gitarre, Piano und vor allem die ausdrucksstarke Stimme von Leila Čatić. Die junge Gruppe aus Sarajevo verbindet geschickt Tradition mit urbaner Moderne, inklusive Jazz- und Gypsyanleihen. Ein typischer Stil in Bosnien und Herzegowina ist die Sevdalinka mit melancholischen Liebesliedern. Auf ihrem Album Zukva finden sich solche wehmütigen Sevdah-Songs und flottere Stücke. Der Name Divanhana bedeutet grob übersetzt „der Ort, an dem man sich trifft“. Nach den furchtbaren Exzessen während des Zerfalls Jugoslawiens braucht es solche Botschafter. Wenn sie musikalisch so überzeugend auftreten wie diese bosnische Band, um so besser!
Divanhana – Zukva (ARC Music)
Britisch-indische Bluesmischung
Wenn britisch-amerikanischer Blues auf Indien trifft, darf man das getrost (auch) Weltmusik nennen. Bei Michael Messer’s Mitra spielen der britische Gitarrist und Sänger Michael Messer, Manish Pingle (Mohan Veena = indische Slidegitarre) aus Mumbai und der indisch-britische Tablaspieler Gurdain Rayatt. Call of the Blues enthält vorwiegend Bluesstandards, auch das legendäre „Rollin’ and Tumblin“ und „I Can’t be Satisfied“, aber in einer Art, wie man sie noch nie gehört hat. Das Zusammenspiel von britischem Bluesfeeling und indischer Musiktradition eröffnet in Stücken, die im Laufe der Jahrzehnte bei vielen Künstlern doch etwas abgenudelt klingen, eine ganz neue Dimension. Bei „Bhupali Blues“ geht es auch mal in die andere Richtung: vom indischen Raga in den Blues. Spannend!
Michael Messer’s Mitra – Call of the Blues (Knife Edge Records)
Schönheit mit Tiefgang
Aziza Brahim stammt aus der Westsahara und wird begleitet von Musikern, die im Sound Westafrikas zu Hause sind. Zehn schöne Lieder einer Sängerin mit klarer, überzeugender Stimme und mit einfühlsamer Gitarrenbegleitung von Kalilou Sangare aus Mali. Hier klingt der Wüsten-„Blues“ melodiöser, als man es aus Mali gewohnt ist. Dieser „Blues“ hier hat aber eine tiefere Bedeutung, denn beim CD-Titel Abbar el Hamada geht es um die Wüstenregion an der Grenze zwischen Marokko und Algerien, auf deren algerischer Seite seit Jahrzehnten Zehntausende Menschen aus der Westsahara, von Marokko durch einen verminten „Schutzwall“ ferngehalten, in Flüchtlingscamps vegetieren. Die Westsahara wurde 1975 von Marokko annektiert. Aziza Brahim ist eine Aktivistin für die Unabhängigkeit des Landes, und um diese geht es in den Songs. Klare politische Botschaften und tolle Musik sind zwei gute Gründe hinzuhören.
Aziza Brahim – Abbar el Hamada (Glitterbeat)
Die Top 10 der Transglobal World Music Chart März:
1. Rokia Traoré – Né So (Nonesuch) Mali
2. Baaba Maal – The Traveller (Marathon Artists/Palm) Senegal
3. Sidestepper – Supernatural Love (Realworld) Kolumbien/GB
4. Aziza Brahim – Abbar el Hamada (Glitterbeat) Westsahara
5. Las Hermanas Caronni – Navega Mundos (Les Grands Fleuves) Argentinien/Frankreich
6. Shye Ben Tzur, Jonny Greenwood & The Rajasthan Express – Junun (Nonesuch) Israel/GB/Indien
7. Bixiga 70 – III (Glitterbeat) Brasilien
8. Divanhana – Zukva (ARC Music) Bosnien & Herzegowina
9. Vieux Farka Touré & Julia Easterlin – Touristes (Six Degrees) Mali/USA
10. Zulya & The Children of The Underground – On Love and Science (Selbstverlag) Australien
Die ganze Chart auf http://www.transglobalwmc.com und bei Facebook „Mondophon auf Radio ARA“ (Willi Klopottek)