Es gibt sie noch, die Krautrocker! Aber statt Retro-Sounds von vorgestern scheint sich in Luxemburg die jüngere Generation für die fliegenden Synthie-Teppiche zu interessieren.
Die Webseite mit der Ankündigung für die „Ambient Sessions“ die diesen Samstag im Berdorfer Amphitheater stattfinden werden, sieht aus als wäre sie im vorigen Jahrtausend erstellt worden. Was auch gut möglich ist, denn es gibt kaum eine Radiosendung die länger im Äther herumschwirrt als „Silent Runnings“ von und mit Gaston Klares auf Radio Ara. Jeden Sonntag Abend kann man sich mit langen Synthieloops und komischen Klängen den Frust, am nächsten Tag wieder im Büro erscheinen zu müssen, einfach wegzaubern lassen. In der Sendung wird mit Vorliebe Musik der so genannten Berliner Schule gespielt, und um allein die Produktionen der Bands die ihr zugerechnet werden einmal ganz zu hören bräuchte es wahrscheinlich Jahre. Kein Wunder also, dass die Sendung so langlebig ist, denn dem Macher werden noch sobald die Platten nicht ausgehen.
Weniger bekannt ist allerdings, dass in Luxemburg diese Musik auch live gemacht wird und das nicht nur vom „Silent Runnings DJ“. Spätestens seit 2006 treffen sich jeden Sommer ein paar Fans dieser Musik um zusammen den Altmeistern zu huldigen. Und das nicht mit einem Schallplattenspieler und ein paar Boxen die irgendwo in den Wald gehängt werden, sondern durchaus als Musiker die sich zu einer Session zusammenfinden. Das mag auch daran liegen, dass der technische Fortschritt gute Synthesizer erschwinglich macht und die Riesenkisten mit ihren Kabelwänden und zigtausend Tasten sich dank Midi-Technologie durchaus mit einem Laptop simulieren lassen. Den Organisatoren geht es allerdings nicht darum legendäre Bands wie Tangerine Dream zu imitieren oder gar übertreffen zu wollen. Das Motto heißt schlicht und einfach: Spaß haben und stundenlang auf Soundgeweben herumexperimentieren und sich einfach tragen lassen.
Dass das Ganze kein verschworener Althippieclub ist, der sich einmal im Jahr zu bizarren nächtlichen Ritualen trifft, ansonsten aber unauffällig ist, beweisen die vielen Gäste der jüngeren Generationen die am Samstag mit abheben werden: Zu den langjährigen Elektrotüftlern von Sermeq haben sich die Jungtalente Cyclorama und Liquidbass gesellt und neben Änder Asselborn wird auch der Elektrobarde Cyberpiper seinen digitalen Dudelsack zum Schwingen bringen.