ROCKMUSIK: Zum Mainstream

Auf fast dreißig Jahre Musikgeschichte können R.E.M nun zurückblicken. Am Wochenende gibt die Indierockgruppe eine Hörprobe aus ihrem umfangreichen Repertoire.

Ausverkauft ist das Konzert von R.E.M., das an diesem Samstag in der Escher Rockhall stattfindet. Nach 28 Jahren hat die US-amerikanische Rockband also nach wie vor eine treue Anhängerschaft. Ursprünglich als Collegeband „Twisted Kites“ im Bundesstaat Georgia gegründet, bezog die Band ihren Namen letztlich aus dem Wörterbuch: Denn R.E.M. ist die Abkürzung für „Rapid Eye Movement“, eine bestimmte Schlafphase des Menschen.

Wie ist diese Begeisterung heute noch zu erklären, fragt man sich, ist R.E.M. doch eine recht konventionelle, ja fast schon langweilige Band, die absolut zum Establishment gehört. Vielleicht hat es ja mit Erinnerungen zu tun: Die Musik von R.E.M. wurde – ob gewollt oder ungewollt – zum Soundteppich der eigenen Teenagerzeit. Wer erinnert sich nicht an die vier Musiker denen Anfang der Neunziger mit dem Song „Losing My Religion“ aus dem Album „Out of Time“ der kommerzielle Durchbruch gelang. Im dazugehörenden Musikvideo besang Frontmann Michael Stipe stilvoll im weißen Hemd seine existenzielle Orientierungslosigkeit vor filmischen Einblendungen kopulierender Putten, gefallener Engel und Zeichnungen aus der Renaissancezeit. Die inszenierte Lässigkeit sowie die Tatsache, dass die Band ihre Platten überwiegend unplugged in kleineren Clubs bewarb, trug zum Image „alternative Indierockgruppe“ bei. Die Musik von R.E.M., bei der sich stets Underground-Touch und Mainstream-Anleihen überlagern, erinnert durch die Einbeziehung von Country- und Folk-Elementen an die Byrds und an die späten Beach Boys. Ihr unverkennbares Markenzeichen ist die Stimme von Sänger Stipe.

Nach „Out of Time“ landete R.E.M. mit „Automatic For the People“ einen weiteren Bestseller. Mit Hits wie „Everbody Hurts“ oder „Man On The Moon“ erspielt die Gruppe den höchstdotierten Plattenvertrag der Musikgeschichte: 80 Millionen Dollar lässt es sich das Label Warner kosten, dass auch die nächsten Alben auf dem eigenen Label erscheinen. Doch die nachfolgenden Platten „Monster“ (1994), „New Adventures In Hi-Fi“ (1996) und „Up“ (1998) sind nicht so die Renner. Ausgebrannt von den vielen Tourneen, verließ der Schlagzeuger Bill Berry im November 1997 das Musiker-Quartett.

Auch wenn das verbliebene Trio weiterhin Musik machte, stand es in den Folgejahren weniger wegen der Qualität oder Originalität seiner Musik im Rampenlicht. Wie so viele Musiker, die in die Jahre kommen, entdeckten auch die Mitglieder von R.E.M. ihre spirituell-esoterischen – ja missionarischen – Fähigkeiten. Nicht nur outete sich Sänger Michael Stipe als überzeugter Vegetarier und Homosexueller – auch durch sein Engagement für Tierrechte und eine Tibet-Initiative machte er von sich reden. An ihren Songs sprechen R.E.M. politische Themen an. Etwa in Form von Kritik an US-Präsident Bush oder am Missmanagement nach der Sturmkatastrophe in New Orleans. Der momentane Zustand Amerikas ist Thema des jüngsten – mittlerweile vierzehnten – Albums, das den Titel „Accelarate“ trägt. Darauf, sehr eingängig, eine Rückkehr zum eher rockigen und direkten Sound der früheren Jahre.

Ob die Band bei ihrem Live-Auftritt in Esch wirklich überzeugen kann, wird sich zeigen. Die Fans scheinen ohnehin zu bekommen, was sie wollen: Eine Indieband, die musikalisch längst zu einem sich selbst kopierenden Patent geronnen ist, auch wenn sie in ihren Texten noch einige kritische Töne anschlägt.

R.E.M. spielen am 20. September in der Rockhal in Esch.


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