SINGER-SONGWRITER: Zwischen den Stühlen

Das CCRN beschert uns am 9. Mai einen nordischen Abend. Aber auch als Nicht-Skandinavier darf man hier einen musikalischen Geheimtipp entdecken: den Färöischen Songwriter Teitur.

Es ist eine dieser Geschichten, wie sie die Musikindustrie immer wieder schreibt. Junges, vielversprechendes Talent veröffentlicht vielversprechendes Debüt, begeistert aber nicht die ganz große Masse, woraufhin die Plattenfirma schlagartig jedes Interesse verliert. Heute kennen Teitur nur noch die Insider – und die lieben ihn deswegen umso inniger.

Dabei war es eher unwahrscheinlich, dass aus dem 32-jährigen Teitur Lassen mal ein internationaler Superstar werden würde. Geboren wird er auf den nicht gerade als musikalische Metropole bekannten Färöer Inseln, wo er bereits mit 13 beginnt erste Songs zu schreiben. Ein paar Jahre später zieht er mit seinen Eltern nach Dänemark, gründet eine Band, die 1996 ein erstes Album veröffentlicht. Das kollektive Musizieren ist jedoch nur von kurzer Dauer, 2002 wagt Teitur den Schritt zum Solokünstler mit einer ersten Platte in färöischer Sprache und bis heute tritt er bevorzugt in reduzierter Besetzung auf.

Hier kommt die Plattenfirma ins Spiel, in diesem Fall Universal Records. Teitur zieht nach New York und nimmt „Poetry and Aeroplanes“ auf, das Album, das ihm internationale Aufmerksamkeit beschert. Und eine Reihe von berühmten Bewunderern: Rufus Wainwright lädt ihn zu seiner Tour ein, ebenso Aimee Mann und John Mayer. Der Newcomer kommt rum und doch will die Karriere nicht so richtig abheben. Teitur setzt sich mit seinem akustischen Songwriterpop zwischen alle Stühle: Seine Musik ist nicht hintergründig genug für die Indiefraktion, die sich dann doch lieber Sufjan Stevens anhört; für den durchschnittlichen Radiohörer ist die Produktion wohl zu verträumt.

Das Cover der Platte sagt eigentlich schon alles, denn da spaziert eine verschwommene Gestalt durch eine neblige Landschaft. Und so arrangiert Teitur auch seine Songs: Seine melancholischen Texte hüllt er in eine Wolke von akustischen Gitarren und atmosphärischen Klangteppichen. Beim ersten Hören kommt das Major-Label-Debüt fast kitschig daher und doch gibt es zwei gute Gründe, warum man sich die Platte immer wieder anhören will. Der erste ist Teiturs markante Stimme, die einen neugierig macht auf das, was der Sänger zu erzählen hat. Und der zweite ist das Songwriting. Im Gegensatz zu vielen angesagten Talenten verlässt sich Teitur nicht allein auf den perfekten Look oder einen ausgeklügelten Sound, sondern konzipiert jedes Lied als geschlossene, kohärente Einheit.

Diese Qualitäten entgehen dem Major-Label offensichtlich und deshalb findet sich Teitur nach dem kommerziellen Misserfolg wieder ohne Plattenfirma wieder. Er gründet daraufhin kurzerhand seine eigene und vertreibt seine Alben, indem er weltweit Lizenzen an verschiedene Labels vergibt.

Ohnehin fühlte er sich nicht mehr wohl in der Rolle der Pophoffnung und versuchte deshalb auf seiner nächsten Veröffentlichung gar nicht mehr den Geschmack der Mehrheit zu treffen. „Stay under the Stars“ von 2006 ist eine eckige Angelegenheit, mit der sich Teitur nicht wenige Anhänger vergrault hat. Allein das eingängige „Louis, Louis“ beschert ihm noch einen bescheidenen Erfolg, seine traurige Moll-Version von Jerry Lewis‘ „Great Balls of Fire“ lässt dagegen sogar eine gewisse Abgründigkeit erahnen.

Mittlerweile hat Teitur seinen Weg gefunden. 2007 veröffentlichte er ein weiteres Album auf Färöisch, vor wenigen Wochen erschien seine neue Platte „The Singer“. Weltweit versammelt er kleine aber treue Fangemeinden um sich, die bereit sind sich auf die eigenwillige Mischung aus Schönklang und Unkonventionalität einzulassen. Wer wissen möchte, ob er auch dazugehören könnte, dem bietet sich die Möglichkeit Teitur an diesem Wochenende in der Abbaye Neumünster zu entdecken. Und sollte er doch noch zu Weltruhm gelangen, darf man sagen, man hätte es als Erster geahnt.

Teitur/Rasmus Lybert Band im Centre culturel de rencontre Abbaye de Neumünster am 9. Mai 2009 um 20 Uhr.


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